Zumutbarkeit Nachmieter

base giuridica

Nome del giudice

Kantonsgericht Glarus

Data

11.06.2018

Sommario

Eine ausländische Nationalität und der Status als Asylbewerber führen für sich alleine genommen nicht zur Unzumutbarkeit als Nachmieter. Handelt es sich dabei aber um Sozialhilfeempfänger, sind durch die Sozialen Dienste die Mietzinszahlungen und das Mietzinsdepot (in aller Regel) mittels Kostengutsprache zu garantieren. Eine Trennung bzw. bevorstehende Scheidung stellt bei einem tiefen Mietzins und der Tatsache, dass auch bei zu leistenden Unterhalts- zahlungen das betreibungsrechtliche Existenzminimum verbleibt, ebenfalls keinen Unzumutbarkeitsgrund dar.

Esposizione dei fatti

A. (Vermieter) schloss mit B. (Mieterin) einen unbefristeten Mietvertrag über eine 3½-Zimmerwohnung ab, wobei dieser mit einer Frist von drei Monaten auf jedes Quartalsende gekündigt werden konnte.
Mit Schreiben vom 8. August 2017 kündigte die Mieterin den Mietvertrag ausserordentlich per 30. September 2017 und stellte dem Vermieter drei Mietinteressenten vor. Der Vermieter meldete sich diesbezüglich weder bei der Mieterin noch bei den vorgeschlagenen Ersatzmietern, sondern suchte seinerseits nach einem Nachmieter. Per 1. November 2017 vermietete der Vermieter die Wohnung schliesslich an einen von ihm selbst ausgewählten Mietinteressenten.
Das Kantonsgericht hatte vorliegend insbesondere zu beurteilen, ob sich die Mieterin mit den vorgeschlagenen Mietinteressenten vorzeitig von seiner Mietzinszahlungspflicht befreien konnte.

Considerazioni

2. Vorab ist festzuhalten, dass bei einer vorzeitigen Rückgabe einer Wohnung im Sinne von Art. 264 OR der Mieter dem Vermieter eindeutig und klar mitteilen muss, dass er das Mietobjekt zurückgeben will, wobei die Erklärung nach Treu und Glauben auszulegen ist (Lachat, Mietrecht für die Praxis, S. 583 f.). Die Mitteilung, dass das Mietverhältnis vorzeitig gekündigt werde, bedeutet in der Alltagssprache, dass der Mieter das Mietobjekt im Sinne von Art. 264 OR vorzeitig zurückgeben will.
Gemäss Art. 264 Abs. 1 OR wird der Mieter von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter befreit, wenn er dem Vermieter einen zumutbaren Nachmieter vorschlägt. Dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Dazu gehören neben der Höhe des Mietzinses etwa die Zweckbestimmung der Mieträumlichkeiten, die Kündigungsfrist sowie Sicherheiten (vgl. Lachat, S. 587). Die Voraussetzung der Zahlungsfähigkeit ist in der Regel erfüllt, wenn das Haushaltseinkommen den Mietzins um mehr als das Dreifache übersteigt (Lachat, S. 586). Sie kann aber grundsätzlich auch dann bejaht werden, wenn der Ersatzmieter Sozialhilfeempfänger ist und eine Mietzinszahlungsgarantie der Sozialbehörden vorliegt. In der Praxis erfolgt diese durch eine schriftliche Kostengutsprache (Permann, Kommentar zum Mietrecht, 2. Auflage, S. 182).
Nationalität, Geschlecht, Rasse, Religion oder Zivilstand stellen für sich gesehen keine Ablehnungsgründe dar. Auch die ausländerrechtliche Stellung begründet noch keine Unzumutbarkeit (BGer vom 7. März 1995 in mp 3/07 S. 155).
Für den Vermieter besteht indes keine Verpflichtung, einen vorgeschlagenen Ersatzmieter zu akzeptieren (Lachat, S. 589). Im Falle der Ablehnung eines tauglichen Ersatzmieters hat der Vermieter jedoch den weiteren Leerstand des Mietobjekts selbst zu vertreten. Reagiert der Vermieter nicht innert angemessener Frist auf den Vorschlag des Mieters, so liegt eine unbegründete Ablehnung des Ersatzmieters vor und der Mieter wird von seinen vertraglichen Verpflichtungen befreit (Lachat, S. 585).

2.1. Der Vermieter bringt vor, die vorgeschlagenen Nachmieter seien nicht zumutbar. Als Problempunkte sieht er, dass sie nicht das Dreifache des Bruttomietzinses verdienten sowie keinen Zusatzverdienst oder eine Aufenthaltsbewilligung hätten. Weiter würden sie nicht in die bestehende Mieterstruktur passen, wobei in der Nachbarschaft vorwiegend Schweizer, Rentner und alleinstehende Frauen angesiedelt seien. Zwei der von der Mieterin vorgeschlagenen Ersatzmieter, X. und Y., seien Sozialhilfebezüger, jedoch würden in diesen Fällen die Sozialen Dienste Glarus nicht als Mieter in den Mietvertrag eintreten, sondern lediglich den Mietzins bezahlen. Dies erachtet der Vermieter als nicht genügend sicher. Zudem sei das Mietzinsdepot jeweils nicht auf der Kostengutsprache der Sozialen Dienste Glarus aufgeführt, weshalb das Kriterium des Eintritts in den bestehenden Mietvertrag nicht erfüllt sein könne. Bei Z. sei im Unterschied zu den anderen beiden Mietinteressenten zwar eine Niederlassungsbewilligung sowie eine Arbeitsstelle vorhanden, jedoch lebe dieser in Trennung und eine Scheidung sei absehbar. Deshalb kämen auf ihn Unterhaltspflichten für Ehefrau und Kinder in noch unbestimmter Höhe zu, was ebenfalls auf eine schwierige finanzielle Lage hinauslaufen könnte. Zudem habe der Arbeitgeber von Z. keine gute Referenz zu diesem geben können.

2.2. Die Mieterin bringt vor, sie sei mit den von ihr vorgeschlagenen Mietinteressenten ihrer Pflicht rechtzeitig nachgekommen, jedoch habe der Vermieter nicht auf ihre Schreiben reagiert. Sodann habe dieser die Wohnungsübergabe verweigert, weshalb sie ihm die Schlüssel der Wohnung per Post zukommen lassen habe.

2.3. Bei den vorgeschlagenen Nachmietern handelt es sich zwar allesamt um Ausländer resp. um Asylbewerber, was jedoch keinen Ablehnungsgrund darstellt und auch bezüglich der damaligen Mieterstruktur keine Relevanz hatte. So wurden mindestens zwei der sechs Mietwohnungen in der betreffenden Liegenschaft von Ausländern bewohnt, wobei im Übrigen auch die Mieterin selbst sowie ihr Lebenspartner einen ausländischen Hintergrund haben.
Weiter teilten die Sozialen Dienste Glarus dem Gericht mit Schreiben vom 7. März 2018 mit, dass die Übernahme von Mietzinsdepots zu ihrer allgemeinen Praxis gehöre und das Mietzinsdepot auch in den vorliegenden Fällen von der Kostengutsprache gedeckt gewesen wäre. Somit hätten X. und Y. ohne Kostendeckungsrisiko für den Vermieter in den bestehenden Mietvertrag eintreten können.
Betreffend Z. bestanden keine nachweisbaren Anhaltspunkte zu einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit. Die Argumente des Vermieters beziehen sich in erster Linie auf den Zivilstand und den die damit verbundenen Mehrausgaben infolge Aufgabe eines gemeinsamen Haushalts. Angesichts des relativ tiefen Mietzinses für das in Frage stehende Mietobjekt und der Tatsache, dass auch bei allfälligen Unterhaltszahlungen das betreibungsrechtliche Existenzminimum erhalten bliebe, ist auch die Zahlungsfähigkeit von Z. als gegeben zu erachten. Inwieweit der Vermieter die angeblich schlechte Referenz des Arbeitgebers als Begründung für die Unzumutbarkeit erachtet, bleibt mangels weitergehender Begründung unklar.
Nach dem Gesagten hat die Mieterin ihre Pflicht gemäss Art. 264 OR erfüllt, indem sie mindestens zwei zumutbare und zahlungsfähige Nachmieter für einen Eintritt in den Mietvertrag per 1. Oktober 2017 vorgeschlagen hat. Da der Vermieter nicht auf die Vorschläge der Mieterin reagiert hat, liegt eine unbegründete Ablehnung der vorgeschlagenen Ersatzmieter vor. Demnach wurde die Mieterin per 30. September 2017 von ihren vertraglichen Verpflichtungen befreit, weshalb der Mietzins für den Monat Oktober 2017 nicht geschuldet ist. Die Klage ist demnach abzuweisen.

Decisione

60/2 - Zumutbarkeit Nachmieter

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