Vermieterangabe auf dem Kündigungsformular als Gültigkeitserfordernis?

base giuridica

Nome del giudice

Regionalgericht Prättigau/Davos

Data

13.12.2018

Sommario

Ein Mietverhältnis kann durch eine externe Verwaltung mittels Formular auch ohne (klare) Angabe des Vermieters rechtsgültig gekündigt werden, soweit ihr der Vermieter die Vornahme dieser Rechtshand- lung vertraglich übertragen hat und (kumulativ) dem Mieter zumindest aus den Umständen bekannt ist, dass die Mietwohnung durch eine externe Verwaltung betreut wird. Als ein solcher Umstand ist die Anweisung der Mietzinszahlung an die Verwaltung anzusehen.

Esposizione dei fatti

Mit Schreiben vom 23. September 2016 wurde dem Mieter das Mietverhältnis über eine Bar in A. gekündigt. Der Mieter focht die Kündigung an und begehrte vor dem Regionalgericht unter anderem, dass diese mangels korrekter Parteibezeichnung der Vermieterschaft für ungültig zu erklären sei.

Considerazioni

7. Der Mieter beantragt, es sei die angefochtene Kündigung mangels korrekter Parteibezeichnung der Vermieterschaft für ungültig zu erklären. Zur Begründung führt er aus, es bestehe kein schriftlicher Mietvertrag, woraus die korrekte Parteibezeichnung der Vermieterschaft hervorgehe. Den Mietzins habe er immer der X. AG [externe Verwaltung] überwiesen. Gemäss Grundbuchauszug sei die A. AG [Gesellschaft zur Ausübung des Fondsgeschäfts] Eigentümerin der gemieteten Liegenschaft gewesen. Als Vermieterin sei aber immer der Immobilienfonds B. [geleitet durch die A. AG] aufgetreten. Die Kündigung habe die A. AG, handelnd für den Immobilienfonds B., ausgesprochen. Nachdem nicht die Vermieterin und eigentliche Grundeigentümerin gekündigt habe, sei die Kündigung mangels korrekter Parteibezeichnung nichtig.
Die A. AG hält dem entgegen, die Kündigung enthalte die korrekte Bezeichnung der Vermieterin. Die A. AG sei im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Zudem sei angemerkt, dass die Liegenschaft zum Immobilienfonds B. gehöre. Die Bezeichnung der Vermieterin mit «A. AG, handelnd für den Immobilienfonds B.» sei demnach korrekt. Zudem sei die Kündigung auch gültig, wenn die Bezeichnung der Vermieterin falsch gewesen wäre. Das Kündigungsformular müsse nicht zwingend die Bezeichnung des Vermieters enthalten. Erforderlich sei einzig, dass der Mieter als Empfänger keine Zweifel daran habe, dass es sich um eine Kündigung des Mietverhältnisses handle und dass erkennbar sei, dass diese vom Vermieter stamme. Vorliegend habe der Mieter keine Zweifel gehabt. Zudem sei die Absicht, die Mietliegenschaft zu sanieren, kein missbräuchlicher Kündigungsgrund.

7.1 Art. 266l Abs. 1 OR verlangt, dass Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen schriftlich kündigen. Gemäss Art. 266l Abs. 2 OR muss der Vermieter mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. Zur einfachen Schriftform gehört immer auch die eigenhändige Unterschrift des Kündigenden oder eine qualifizierte elektronische Signatur (Art. 13 ff. 
OR), wobei die Unterzeichnung eines Begleitschreibens genügt (BGE 104 III 54). Gemäss Art. 9 Abs. 1 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen vom 9. Mai 1990 (SR 221.213.11; VMWG) müssen folgende Angaben im amtlichen Formular enthalten sein:

die Bezeichnung des Mietgegenstands, auf den sich die Kündigung bezieht (lit. a),
der Zeitpunkt, auf den die Kündigung wirksam wird (lit. b),
der Hinweis, dass der Vermieter die Kündigung auf Verlangen des Mieters begründen muss (lit. c),
die gesetzlichen Voraussetzungen der Anfechtung der Kündigung und der Erstreckung des Mietverhältnisses (lit. d) sowie
das Verzeichnis der Schlichtungsbehörden und ihre örtliche Zuständigkeit (lit. e).

Nach dem Wortlaut von Art. 9 VMWG ist die namentliche Nennung des Vermieters nicht verlangt. In der Literatur wird indes die Meinung vertreten, eine gültige Kündigung müsse unter anderem auch die Bezeichnung der Person, welche die Kündigung ausspreche, enthalten (Weber, in: Honsell/Vogt/Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Basel 2015, Art. 266l, N. 2; Lachat/Thanei, in: Mietrecht für die Praxis, 2009, Rz. 25/8.2; Urteil des Bundesgerichts 4A_12/2010 vom 25. Februar 2010, E. 3.4.2). Allerdings wird es für zulässig erachtet, dass der Vermieter das Recht zur Kündigung auf einen Dritten überträgt, der die Kündigung in dessen Namen ausspricht (Art. 32 Abs. 1 OR). Wenn dem Mieter bekannt ist, dass die Liegenschaft von einer Verwaltung betreut wird oder hat ihm dies aufgrund der Umstände bekannt sein müssen, wird der Hinweis auf das Vertretungsverhältnis als nicht nötig bzw. die Kündigung durch die Verwaltung als gültig erachtet (SVIT-Kommentar, Das schweizerische Mietrecht, 2008, Art. 266l-266o OR, N. 28b). Daraus folgt, dass die Vermieterschaft in diesen Fällen gar nicht auf dem Kündigungsformular aufgeführt sein muss (Urteil des Bundesgerichts 4A_12/2010 vom 25. Februar 2010, E. 3.4.2). Eine indirekte Parteibezeichnung ist mit anderen Worten genügend, solange für den Mieter klar ist, gegen wen er ein Kündigungsschutzverfahren einleiten muss (Urteil des Bundesgerichts 4A_12/2010 vom 25. Februar 2010, E. 3.4.2).
Die Begründung der Kündigung ist kein Gültigkeitserfordernis (Art. 271 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 lit. c VMWG). Werden die Formvorschriften gemäss Art. 266l Abs. 1 und 2 OR verletzt, so ist die Kündigung gemäss ausdrücklicher Anordnung von Art. 266o OR nichtig. Nichtig heisst, die Kündigung ist von Anfang an (ex tunc) ungültig, und zwar so, als ob sie gar nicht ausgesprochen worden wäre. Sie braucht deshalb auch nicht angefochten zu werden (BGE 121 III 156). Die kündigende Partei kann, sofern sie eine nichtige Kündigung ausgesprochen hat, ihre Kündigung wiederholen, damit diese dann rechtswirksam wird.

7.2 In casu wurde dem Mieter das Mietverhältnis mit dem offiziellen Kündigungsformular des Kantons Graubünden auf den 30. September 2017 gekündigt. Dieses Formular enthält alle notwendigen Bezeichnungen. Als Vermieter wird aufgeführt: «A. AG, handelnd für den Immobilienfonds B.». Unterzeichnet ist das Formular von der «X. AG» […]. Das Begleitschreiben ist ebenfalls von der X. AG […] unterzeichnet. Die Kündigung wurde mit anderen Worten von der A. AG als Vermieterin, vertreten durch die X. AG, ausgesprochen. Dabei gereicht die Formulierung «handelnd für den Immobilienfonds B.» der Vermieterin nicht zum Nachteil. Gemäss Grundbuchauszug war die A. AG zum Zeitpunkt der Kündigung Eigentümerin der Parzelle […]. Auf dem Grundbuchauszug ist folgende Anmerkung ersichtlich: «Anmerkung: Zugehörigkeit zum Immobilienfonds B.». Wie bereits im Nichteintretensentscheid vom
22. Februar 2018, mitgeteilt am 19. März 2018 […], festgehalten, besitzt der Fonds selber keine Rechtspersönlichkeit, sondern lediglich seine Fondsleitung, vorliegend also die vormals A. AG. Die Kündigung durch die A. AG, handelnd für den Immobilienfonds B., ist somit nicht zu beanstanden.
Der ursprüngliche Mietvertrag vom 25. April 2006/
20. Juli 2006 wurde zwischen der Y. AG (damalige Vermieterin) und dem Mieter unterzeichnet. Dieser Vertrag wurde durch Ausübung einer Option bis 30. September 2013 verlängert und danach (stillschweigend) unbefristet weitergeführt. Am 2. Juni 2008 wurde gemäss Grundbuchauszug die A. AG neue Eigentümerin der Parzelle […]. Beim Wechsel der Eigentümerschaft im Juni 2008 wurde kein neuer Mietvertrag unterzeichnet. Gestützt auf Art. 261 Abs. 1 OR geht für den Fall, dass der Vermieter nach Abschluss des Mietvertrages das Mietobjekt veräussert, das Mietverhältnis mit dem Eigentum auf den Erwerber der Sache über. Folglich wurde die A. AG neue Vermieterin des Mieters. Die Kündigung durch die neue Eigentümerin, welche für den Fonds handelt, ist somit gültig.
Zudem wäre auch ohne Bezeichnung der Vermieterschaft die Kündigung gestützt auf die vorangegangenen Erwägungen gültig. Im Grundbuch ist, wie bereits erwähnt, die A. AG als Eigentümerin aufgeführt. Angemerkt ist, dass das Grundstück zum Vermögen des Immobilienfonds B. gehört. Die A. AG hat sodann unter anderem mit Basisvertrag vom 25. April 2016 die Bewirtschaftung der Liegenschaft […] an die X. AG übertragen. Mit diesem Basisvertrag wurde die X. AG ermächtigt, zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten Verhandlungen und Korrespondenzen mit Mietern, Handwerkern, Lieferanten, öffentlichen Ämtern etc. rechtsverbindlich zu führen und die Vermieterin, wenn nötig, vor Gericht rechtsgültig zu vertreten, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Zusammengefasst ist die A. AG (handelnd für den Immobilienfonds B.) Vermieterin des Mieters, wobei rechtsgültige Handlungen (worunter auch Kündigungen) von der X. AG vorgenommen werden konnten. Dass die X. AG die für das Mietobjekt zuständige Verwaltung war, war dem Mieter bekannt (nach eigenen Angaben hat er den Mietzins immer an die X. AG bezahlt). Die Kündigung ist demnach gültig, zumal überdies weder ersichtlich ist noch näher dargetan wird, die Absicht der Vermieterin, die Mietliegenschaft zu sanieren, sei ein missbräuchlicher Kündigungsgrund.

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