Umfassende Überholung

base giuridica

Nome del giudice

Kantonsgericht Nidwalden

Data

12.02.2008

Sommario

Die grundlegende Sanierung des Badezimmers stellt keine umfassende Überholung im Sinne von Artikel 14 Absatz 1 VMWG dar, da keine anderen Teile der Liegenschaft saniert wurden und die Investitionskosten im Vergleich zu den Mietzinseinnahmen nicht sehr hoch sind.

Esposizione dei fatti

Seit dem 1. Oktober 1999 ist die Beklagte Mieterin einer 3 ½ - Zimmerwohnung. Der vereinbarte Mietzins beträgt monatlich Fr. 1'130.- zuzüglich Nebenkosten von Fr. 150.-. Nachdem der Kläger im Mietobjekt sämtliche Badezimmer erneuert hatte, teilte er allen Mietern eine Mietzinserhöhung von monatlich Fr. 43.- per 1. Oktober 2007 mit. Die Beklagte focht diese Mietzinserhöhung bei der Schlichtungsbehörde des Kantons Nidwalden als missbräuchlich an. Die Schlichtungsverhandlung blieb in diesem Punkt unvermittelt.
Mit Klage vom 18. September 2007 forderte der Kläger, es sei festzustellen, dass die der Beklagten am 20. April 2007 mitgeteilte Mietzinserhöhung im Umfang von Fr. 430.-/mtl. nicht missbräuchlich sei.
Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich bei der Badezimmererneuerung nicht um eine umfassende Überholung handle, sondern um Unterhaltsarbeiten bzw. um einen Werterhalt der Mietsache.

Considerazioni

4. Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob es sich bei der Erneuerung der Badezimmer um eine umfassende Überholung gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 VMWG handelt, wie dies der Kläger geltend macht. Wenn dies bejaht werden kann, muss der Kläger die wertvermehrenden Investitionen nicht nachweisen, da die gesetzliche Regel zum Zuge kommt, gemäss welcher 50 bis 70 Prozent der Kosten als wertvermehrende Investitionen gelten.
4.1. Nach der Lehre und Rechtsprechung ist eine umfassende Überholung dann zu bejahen, wenn es sich um umfangreiche Sanierungsarbeiten handelt, die offensichtlich über den normalen Unterhalt hinausgehen, mehrere Teile der Liegenschaft betreffen und im Verhältnis zu den Mietzinsen hohe Kosten verursachen (LACHAT/STOLL/BRUNNER, Mietrecht für die Praxis, 6. Auflage, Zürich 2005, S. 335 unter Hinweis auf BGE 110 II 407 f.).
4.2. Der mit der Klage vom 18. September 2007 eingereichte Photovergleich zeigt auf, dass das Badezimmer grundlegend erneuert wurde. Die alten Badezimmereinrichtungen wurden herausgerissen und durch neue ersetzt. Dabei wurden unbestrittenermassen folgende Renovationsarbeiten durchgeführt: Ersatz des Bodenbelages aus PVC (Polyvinychlorid) durch teure Platten, flächendeckendes Anbringen von Wandplatten bis an die Decke, neue Isolierung der Warmwasserleitungen, Anbringen einer Isolation sowie einer Vorsatzschalung zwecks Geräuschminderung am WC-Strang, Ersatz der alten Badewanne durch eine Kombiwanne (Duschen/Baden), Versenkung des WC-Spülkastens in der Wand etc.
Gemäss unbestrittener Behauptung der Beklagten wurden in den vergangenen 25 bis 30 Jahren keine Renovationsarbeiten am Badezimmer vorgenommen. Gestützt auf die in der Praxis verwendete, auf Erfahrungswerten beruhenden Lebensdauertabelle beträgt die Lebensdauer für Bodenbeläge aus PVC maximal 15 Jahre, für Wandanstriche 10 Jahre und für den Email von Badewannen 20 Jahre (LACHAT/STOLL/BRUNNER, a.a.O., Anhang VIII, S. A-42). Die durch den Kläger vorgenommenen Arbeiten haben demnach das Ausmass der normalen, periodisch zu leistenden Unterhaltsarbeiten nicht wesentlich überstiegen (vgl. dazu Thomas OBERLE, Wertvermehrende Investitionen – Vermieter darf Mietzins erhöhen, Hauseigentümerzeitung vom 1. November 2007 Nr. 19). Ausserdem kann nicht von umfassend im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 VMWG gesprochen werden, da vorliegend nur die Badezimmer und nicht gleichzeitig mehrere Teile der Liegenschaft wie Dach, Fassade, Treppenhaus, Ersatz der Fenster, etc. betroffen waren. Wie bereits erwähnt, bilden die Renovationskosten ein weiteres Kriterium für eine umfassende Überholung. Diese können anteilsmässig den Mietern überwälzt werden, wenn sie im Verhältnis zu den Mietzinseinnahmen hoch sind, d.h. ein Mehrfaches der jährlichen Mietzinseinnahmen ausmachen. Der Investitionsbetrag für das Badezimmer der Beklagten belief sich gemäss Angaben des Klägers auf Fr. 15'400.-. Die jährliche Mietzinseinnahme durch die Vermietung der Wohnung an die Beklagte beläuft sich auf Fr. 13'560.- (12 x Fr. 1'130.-). Die Renovationskosten sind vorliegend nur leicht höher als die Mietzinseinnahmen. Somit kann nicht von unverhältnismässig hohen Kosten gesprochen werden.
4.3. Die Sanierung des Badezimmers stellt demnach keine umfassende Überholung gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 VWMG dar. Demzufolge kommt die gesetzliche Regel nicht zum Zuge, gemäss welcher 50 bis 70 Prozent der Kosten als wertvermehrende Investitionen gelten. Der Kläger hat somit die wertvermehrenden Investitionen nachzuweisen.
5. Wie bereits dargelegt, haben die Renovationsarbeiten oft zugleich werterhaltenden und wertvermehrenden Charakter. In diesem Fall ist demnach zu bestimmen, welcher Anteil als reiner Unterhalt zu qualifizieren ist, der vom Vermieter zu tragen ist, und welcher Anteil eine Mehrleistung darstellt, die auf den Mieter überwälzt werden kann (BGE 110 II 404 E. 3a S. 407 f. mit weiteren Hinweisen).
5.1. Im vorliegenden Fall unterlässt es der Kläger, den Anteil zwischen werterhaltenden und wertvermehrenden Kosten individuell zu bestimmen. Die Investitionen der Badezimmererneuerungen wies der Kläger einzig mit einem Gesamtbetrag von Fr. 92'500.- bzw. für das Badezimmer der Beklagten mit Fr. 15'400.- aus. Dabei hätten jedoch die konkret als wertvermehrend geltenden Arbeiten anhand einer detaillierten Abrechnung ausgeschieden werden müssen, was vorliegend seitens des Klägers nicht vorgenommen wurde. Weiter kommt hinzu, dass die Renovationsarbeiten lediglich dazu dienten, die Badezimmer dem heutigen Standard anzupassen. Es wurden weder bisher nicht vorhandene Einrichtungen wie elektrische Handtuchradiatoren oder individuell einschaltbare Lüftungen eingebaut, noch wurden bestehende Einrichtungen durch höherwertige bzw. leistungsfähigere neue Einrichtungen ersetzt. Der Umstand, dass eine gesamthafte Badezimmermodernisierung eine wertvermehrende Investition darstellen kann (vgl. dazu Thomas OBERLE, a.a.O.), ist vorliegend irrelevant. Unter Modernisierung werden im Mietrecht bauliche Massnahmen des Vermieters verstanden, die das Ziel haben, den Gebrauchs- und/oder Substanzwert der Mietsache nachhaltig zu erhöhen (SVIT-Kommentar zum Mietrecht, 3. Auflage, Zürich 2008, Art. 260-260a N. 16) Alle anderen Arbeiten wie auch diejenigen im vorliegenden Fall bezeichnet man als gewöhnliche Unterhaltsarbeiten.
5.2 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Investitionen für die Erneuerung des Badezimmers rein werterhaltenden Charakter haben und daher keine Mietzinserhöhung gemäss Art. 269a lit. b OR rechtfertigen. Die Klage ist demgemäss abzuweisen.

Decisione

45/9 - Umfassende Überholung

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