Sachliche Zuständigkeit und Aktivlegitimation - Sachverhalt 2

base giuridica

Nome del giudice

Kantonsgericht St. Gallen

Data

23.01.2018

Sommario

Das Kantonsgericht St. Gallen beurteilte in drei Entscheiden verschiedene prozessrechtliche Aspekte mit Bezug zum Mietrecht. Im Zusammenhang mit einem Untermietvertrag über Geschäftsräume zwischen zwei Aktiengesellschaften bejahte es die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts für eine Streitigkeit betreffend Mängel an der Mietsache (Entscheid vom 10. September 2018). In Anwendung der üblichen Auslegungsgrundsätze verneinte das Kantonsgericht die Aktivlegitimation des Ehemanns der Mieterin für die Geltendmachung von Mängelrechten. Dieser hatte den Mietvertrag unter der Bezeichnung «Ehepartner» unterschrieben (Entscheid vom 23. Januar 2018). Durch eine gerichtlich genehmigte Trennungsvereinbarung mit Anordnung der Gütertrennung wurde die einfache Gesellschaft auf Seiten der Vermieter aufgelöst. Das Kantonsgericht bejahte, dass der Ehemann alleine zur Prozessführung aktivlegitimiert ist (Entscheid vom 31. Oktober 2018).

Esposizione dei fatti

S. T. als Mieterin und die H. AG als Vermieterin schlossen am 22. August 2011 einen Mietvertrag über ein 5 ½-Zimmer-Reiheneinfamilienhaus ab. Unter der Bezeichnung «Ehepartner» unterschrieb A. T. den Vertrag ebenfalls. Am 30. Dezember 2015 reichte A. T. ein Schlichtungsgesuch ein und forderte die Beseitigung von Mängeln sowie eine Mietzinsherabsetzung. Am 18. April 2016 reichte A. T. für sich und in Vertretung von S. T. Klage ein. Der Einzelrichter trat mit Entscheid vom 27. September 2016 auf die Klage nicht ein. In der Folge erhob A. T. mit Eingabe vom 26. Oktober 2016 Berufung für sich und in Vertretung von S. T.

Considerazioni

III.
1. Vorliegend unbestritten ist, dass die S. T. als Mieterin Partei des Mietvertrages […] ist und nicht am Verfahren vor der Schlichtungsbehörde teilgenommen hat. Zu prüfen ist daher zunächst, ob die Vorinstanz zu Recht auf ihre Klage nicht eintrat, wobei vorerst offengelassen werden kann, ob auch A. T. Vertragspartei ist.

b) Gemäss Art. 197 ZPO geht jedem Entscheidverfahren grundsätzlich ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus. Von diesem Grundsatz gibt es wohl gewisse Ausnahmen (Art. 198 ZPO), die hier aber unbestrittenermassen nicht einschlägig sind. Dementsprechend bildet die Durchführung eines Schlichtungsversuchs bzw. das Vorliegen der Klagebewilligung im Falle eines Scheiterns des Einigungsversuchs eine Prozessvoraussetzung, welche das Gericht von Amtes wegen zu prüfen hat (Honegger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., Art. 209 N 1; BGE 139 III 273 E. 2.1, mit Hinweisen; BGer 4A_387/2013 E. 3.2). Das Schlichtungsverfahren wird gemäss Art. 202 Abs. 1 ZPO durch das Schlichtungsgesuch eingeleitet. Letzteres muss die Parteien nennen, was nicht nur für die Gegenpartei gilt. Obwohl in Abs. 2 der genannten Bestimmung nicht explizit aufgeführt, ist für die Feststellung der Klageidentität auch die Bezeichnung des Gesuchstellers erforderlich (Honegger, ZPO Komm., Art. 202 N 10; Egli, DIKE-Komm-ZPO, Art. 202 N 6; BSK ZPO-Infanger, Art. 202 N 3). Zur Schlichtungsverhandlung haben die Parteien gemäss Art. 204 Abs. 1 ZPO persönlich zu erscheinen, wobei sie sich von einem Rechtsbeistand, einer Rechtsbeiständin oder einer Vertrauensperson begleiten lassen können (Art. 204 Abs. 1 ZPO). Auf der Klagebewilligung müssen zwingend die Namen der Parteien sowie diejenigen ihrer Vertreter festgehalten werden (Art. 209 Abs. 2 lit. a ZPO).

c) Fehl geht die Rüge des überspitzten Formalismus an die Adresse der Schlichtungsbehörde, wonach diese A. T. und S. T. im Falle einer notwendigen Streitgenossenschaft auf die Notwendigkeit der Teilnahme auch von S. T. hätte hinweisen müssen. Ziel des Schlichtungsverfahrens ist die nachhaltige Versöhnung zwischen den Parteien, die damit davon abgehalten werden sollen, offensichtlich unbegründete Prozesse einzuleiten (Honegger, ZPO Komm., Art. 201 N 1). Das vergleichsweise formlose Schlichtungsverfahren ohne Schriftenwechsel und mit bloss beschränkten Beweiserhebungsmöglichkeiten ist nicht darauf angelegt, unter Umständen heikle Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Prozessvoraussetzungen oder gar solche materiell-rechtlicher Natur in verlässlicher Weise zu klären. Die Beantwortung solcher Fragen setzt oftmals fundiertes juristisches Wissen voraus, das nicht überall – zumindest nicht bei mit Laien besetzten Schlichtungsbehörden – in gleichem Masse zur Verfügung steht. Vorgängig über die Prozessvoraussetzungen vergewissern muss sich die Schlichtungsbehörde nur, wenn sie einen Urteilsvorschlag vorlegt (Art. 210 ZPO) oder über ein Begehren mit einem Streitwert bis Fr. 2000.- materiell selber entscheidet (Art. 212 ZPO; Egli, DIKE-Komm-ZPO, Art. 202 N 21). In allen übrigen Fällen hat sie dagegen eine andere Aufgabe, indem sie im Vorfeld eines Rechtsstreits in einem informellen Verfahren versuchen muss, zwischen den Parteien eine Einigung herbeizuführen. Die Prüfung von Verfahrensfragen soll diese Aufgabe nicht behindern (mp 2012 S. 138). Wiewohl der Schlichtungsbehörde gemäss Art. 201 Abs. 2 ZPO auch die Funktion einer Rechtsberatungsstelle zukommt (vgl. auch Art. 3 VO über die Schlichtungsbehörden [sGS 941.112]), beinhaltet diese Aufgabe keinesfalls die Wahrnehmung eines Parteiinteresses, sondern vielmehr die objektive Aufklärung über die Rechtslage (Honegger, ZPO Komm., Art. 201 N 7). Zurückhaltung ist insbesondere dort angebracht, wo es um die Einschätzung von Prozesschancen und um Ratschläge zum weiteren Vorgehen im Einzelfall geht (Alvarez/Peter, Berner Kommentar, N 16 zu Art. 201 ZPO). Ohnehin ist die Beratungsfunktion als eine selbständige Aufgabe zu verstehen, welche die Schlichtungsbehörden losgelöst vom laufenden Schlichtungsverfahren wahrzunehmen haben. I.d.R. erfolgt diese Rechtsberatung denn auch in der Form offizieller Sprechstunden, z.B. zur Abklärung, ob die Einleitung eines Verfahrens überhaupt sinnvoll wäre (Egli, DIKE-ZPO-Komm, Art. 201 N 56). Unter diesem Blickwinkel war die Schlichtungsstelle nicht gehalten, im laufenden Schlichtungsverfahren von sich aus Abklärungen zu treffen, ob A. T. überhaupt Mieterstellung zukommt, und schon gar nicht – je nach Ergebnis –, alsdann unter der Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft (vgl. nachfolgend E. 3) darauf hinzuwirken, dass S. T. ebenfalls an der Schlichtungsverhandlung teilnimmt.

d) Vorliegend ist die Schlichtung zumindest teilweise gescheitert, worauf vorschriftsgemäss (Art. 209 Abs. 1 ZPO) die Klagebewilligung ausgestellt wurde. Diese nennt auf Klägerseite einzig A.T. S.T. ist dagegen nicht aufgeführt […], was letztlich auch die klägerische Behauptung bestätigt, S. T. habe an der Schlichtung nicht teilgenommen […]. Umgekehrt wird aber auch nicht geltend gemacht bzw. es fehlen Hinweise, dass S. T. im Schlichtungsgesuch aufgeführt gewesen und alsdann auf der Klagebewilligung vergessen worden wäre. S. T. war mithin im Schlichtungsverfahren nicht Partei. Folgerichtig verfügt sie auch über keine Klagebewilligung, womit es an einer Prozessvoraussetzung fehlt. Die Vorinstanz ist somit auf ihre Klage zu Recht nicht eingetreten.

2. …
a) Die Aktivlegitimation betrifft die Frage, ob der eingeklagte Anspruch der klägerischen Partei zusteht. Sie ist eine Frage des materiellen Rechts und damit durch einen Sachentscheid zu beurteilen (BGE 138 III 213 E. 2.3; BGE 138 III 537 E. 2.2.1; BGE 139 III 353 E. 2.1) und – entgegen der Vorinstanz – nicht als Prozessvoraussetzung zu behandeln. Stellt sich also aufgrund des von den Parteien vorgetragenen Sachverhaltes heraus, dass der eingeklagte Anspruch dem Kläger nicht zusteht, weist das Gericht die Klage ab (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 5.24).

b) Mieter ist, wer als Vertragspartner des Vermieters die im Mietvertrag festgelegten Rechte beanspruchen kann und Pflichten zu erfüllen hat (SVIT-Kommentar, Das schweizerische Mietrecht, N 1 und 11 zu Vorbemerkungen zu Art. 253-274g OR). Vorliegend sind sich die Parteien nicht einig, wer auf Seiten der Mieterschaft Vertragspartei ist. Damit liegt ein spezifischer Teil des Vertragsinhalts im Streit, weshalb dieser nach den üblichen Auslegungsgrundsätzen des Vertragsrechtes zu ermitteln ist (vgl. Schmid, Die gemeinsame Miete – Ausgewählte Fragen, in: AJP 2016 S. 32). Vertragsauslegung hat in erster Linie zum Ziel, den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festzustellen (vgl. Art. 18 Abs. 1 OR; Tatfrage). Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips (Rechtsfrage) so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (BGer 4C.165/2005 E. 3.1; BGE 132 III 626 E. 3.1; BGE 133 III 406 E. 2.2). Somit ist vorab zu prüfen, ob zwischen den Parteien ein tatsächlicher Konsens besteht. Dabei sind alle Tatsachen und Faktoren zu berücksichtigen, aus denen auf die Willenslage bei Abgabe der Vertragserklärung geschlossen werden kann. Ausgangspunkt und primäres Willensindiz eines Vertrages ist der Wortlaut (BSK OR I-Wiegand, Art. 18 N 18). Ergänzend dazu sind für die Ermittlung des Vertragsinhaltes das Verhalten vor Vertragsabschluss, die Begleitumstände, die Interessenlagen der Parteien, das Verhalten nach Vertragsabschluss und die Verkehrsausübung zu berücksichtigen. Dabei kommt dem Wortlaut ein Vorrang zu, wenn die ergänzenden Auslegungsmittel keinen sicheren Schluss zulassen (Gauch/Schluep, OR Allgemeiner Teil, N 1206-1221; BSK OR I-Wiegand, Art. 18 N 18 ff.). Die Beweislast tragen dabei vorliegend – und entgegen ihren Ausführungen im Berufungsverfahren […] – die Kläger, da sie aus der behaupteten Stellung von A. T. als Mieter Rechte ableiten (Art. 8 ZGB).

c) Im hier massgebenden Mietvertrag […] wird sowohl im Ingress auf S. 1 als auch bei den Unterschriften auf S. 7 unter der Bezeichnung «Mieter(in)» ausschliesslich S. T. mit Vor- und Familienname und einer Adresse in O. aufgeführt. A. T., der damals offenbar in W. wohnte, wird im Ingress unmittelbar nach S. T. unter dem Begriff «Ehepartner» genannt. Unter demselben Begriff vermerkt ist er auf S. 7 oberhalb seiner Unterschrift. Wie indessen bereits die Vorinstanz in ihrem Entscheid zutreffend festhielt, macht die Unterschrift auf dem Mietvertragsformular den Ehegatten/Ehepartner nicht ohne weiteres zum Mieter […]. Dies ist vielmehr nach den anerkannten Grundsätzen der Vertragsauslegung zu beurteilen, wobei der Wortlaut das primäre Auslegungsmittel darstellt (vgl. hiervor lit. b). Wird im Mietvertrag explizit nur eine Person als «Mieter(in)» und die andere als «Ehepartner» genannt, kann daraus geschlossen werden, dass der Ehegatte nicht Vertragspartei ist, selbst wenn dieser auch auf dem Mietvertrag unterschrieben hat. Eine Ausnahme davon könnten allenfalls besondere Umstände begründen, wenn nachgewiesen wird, dass es sich bei der Bezeichnung im Vertrag um ein blosses Versehen handelt (Hausheer/Reuser/Geiser, Berner Kommentar, N 25 zu Art. 162 ZGB). Im Folgenden ist deshalb das Vorhandensein solcher besonderer Umstände zu prüfen.

d) Die Kläger argumentieren wie schon vor Vorinstanz […] in erster Linie mit dem Umstand, dass nicht nur S. T., sondern auch A. T. den Mietvertrag mitunterschrieben habe, was aber nach dem Gesagten für sich allein noch nicht ausreicht, ihn trotz eindeutig anderer Bezeichnung («Ehepartner») ebenfalls als Mieter zu betrachten (vgl. hiervor lit. b). Hätte A. T. auch als Mieter firmieren sollen, wäre es für die Vertragsparteien – wie auch die H. AG sinngemäss anmerkt […] – naheliegender gewesen, die Bezeichnung «Ehepartner» durch einen unzweideutigen Begriff wie «Mieter» oder «solidarisch mitverpflichtet» zu ersetzen oder wenigstens zu ergänzen. Dass es sich bei der Verwendung von «Ehepartner» um ein Versehen handelte und die Vertragspartner in Tat und Wahrheit auch A. T. als Mieter einbeziehen wollten, machen nicht einmal S. T. und A. T. geltend. Im Falle einer Familienwohnung mit nur einem Ehepartner als Mieter ist es jedenfalls alles andere als unüblich, auch den nicht am Vertrag beteiligten Ehepartner unterschreiben zu lassen, womit eben gerade bestätigt und sichergestellt werden soll, dass es sich um eine Familienwohnung handelt, welche dem Schutz von Art. 169 ZGB untersteht (vgl. BK-Hausheer/Reuser/Geiser, N 26 zu Art. 162 ZGB; Zihlmann, Das Mietrecht, S, 30; vgl. auch Schmid, a.a.O., S. 32). In den «Allgemeinen Bedingungen» des hier massgebenden Mietvertrages […] finden sich denn auch an verschiedenen Stellen explizite Hinweise auf die Rechtsstellung des Ehepartners bei einer Familienwohnung, so etwa im Falle einer Mietzinserhöhung […] oder bei Kündigung des Mietobjektes […]. Dass A. T. sowohl im Ingress des Mietvertrages als auch bei den Unterschriften unter eben diesem Begriff «Ehepartner» aufgeführt wird, spricht darum eher dafür, dass er gemäss der damaligen Absicht der Beteiligten nicht Vertragspartei werden sollte. […]

e) S. T. und A. T. bringen vor, dass diverse Schreiben der Verwaltung der H. AG an sie beide gerichtet und adressiert gewesen seien […]. Wie indessen bereits die Vorinstanz zutreffend ausführte […], kann allein aus dem Umstand, dass gewisse Schreiben an S. T. und A. T. gingen, noch nicht generell abgeleitet werden, dass S. T. und A. T. tatsächlich auch Mieterstellung zukommt, da es sich vorliegend unbestrittenermassen um die Familienwohnung handelt, aus welchem Vertragsverhältnis dem Ehegatten, selbst wenn er nicht Vertragspartei ist, gewisse Rechte zustehen (vgl. hiervor lit. d).

h) Zusammenfassend misslingt S. T. und A. T. der Beweis, dass (auch) A. T. Partei des am 22. August 2011 geschlossenen Mietvertrages ist.

3. Am Ausgang des vorliegenden Verfahrens würde sich allerdings selbst unter der Annahme, A. T. wäre ebenfalls Partei des hier strittigen Vertragsverhältnisses, nichts ändern.

a) Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren um die Beseitigung von Mängeln am Mietobjekt im Sinne von Art. 259a OR. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung kann der Mieter, wenn an der Sache Mängel entstehen, die er weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, oder er im vertragsmässigen Gebrauch der Sache gestört wird, verlangen, dass der Vermieter diese beseitigt, den Mietzins verhältnismässig herabsetzt, Schadenersatz leistet und den Rechtsstreit mit einem Dritten übernimmt. Aktivlegitimiert ist der Mieter. Zwar stehen auch dem (nicht am Mietvertrag beteiligten) Ehegatten bzw. dem eingetragenen Partner des Mieters, wenn es um die Familienwohnung geht, gewisse Rechte zu (SVIT-Komm., N 11 zu Vorbemerkungen zu Art. 253-274g OR). Als Familienwohnung wird die Wohnung oder das Haus bezeichnet, welche dem verheirateten Paar als Wohnsitz dient (Lachat et al., Mietrecht für die Praxis, S. 87 f.; vgl. auch BK-Hausheer/Reuser/Geiser, N 26 zu Art. 162 ZGB). Die Rechte, welche dem Ehegatten kraft seiner sozialen Stellung zustehen, sind im Gesetz ausdrücklich geregelt und betreffen beispielsweise die Zustimmung zu einer Kündigung (SVIT-Komm., N 12 zu Vorbemerkungen zu Art. 253-274g OR). Demgegenüber räumen Art. 259 ff. OR dem Ehegatten, der nicht zugleich Mieter ist, kein Recht auf Beseitigung von Mängeln am Mietobjekt ein. Dieses Recht steht vielmehr nur demjenigen zu, der gleichzeitig auch Mieter ist. Handelt es sich dabei um eine Personenmehrheit, so liegt gemäss Art. 70 Abs. 1 ZPO eine notwendige Streitgenossenschaft vor, so dass keiner der Rechtsträger sein Recht allein ausüben kann (BGE 136 III 431 E. 3.1 = Pra 100 [2011] Nr. 18; Püntener, Zivilprozessrecht für die Mietrechtspraxis, N 286).

b) Unter der Annahme, dass nicht nur S. T., sondern auch A. T. Mieter wäre, sind die Auswirkungen der Mängel am Mietobjekt wie auch die aufgrund dessen verlangte Mietzinsreduktion für beide gleich. Der Mietzins ist für alle Mitmieter notwendigerweise derselbe und auch solidarisch geschuldet. Es ist daher ausgeschlossen, dass nur einer der Mieter die Mängelbehebung und damit einhergehend eine Mietzinsreduktion fordert und unter Umständen erhält, während der andere Mieter untätig bleibt und keine Mietzinsreduktion erhält. Einzig die Wohnungskündigung der Familienwohnung kann kraft der Schutzbestimmungen für die eheliche Wohnung (Art. 273a OR) in jedem Fall auch von nur einem Ehegatten gültig angefochten werden (BGE 136 III 431 E. 3.3 = Pra 100 [2011] Nr. 18; Meyer, Zur Sachlegitimation der Parteien im Mietprozess, MRA 02/2010, S. 54; vgl. auch Püntener, a.a.O., N 286 f.). Daher liegt eine notwendige aktive Streitgenossenschaft – entgegen der Meinung von S. T. und A. T. […] – nicht nur in Bezug auf eine Anfechtung einer Mietzinserhöhung vor, sondern in allen Fällen ausser einer Kündigung der Familienwohnung. Fehl geht insofern auch die klägerische Argumentation, wonach die Geltendmachung von Mängelrechten ein Sozialrecht darstelle, welches bei gemeinsamer Miete je beiden Mietern zustehe und nicht dadurch vereitelt werden dürfe, dass die Ausübung von der Zustimmung der Mitmieter abhängig gemacht werde […], da sich dies verhindern lässt, indem der Mitmieter als weiterer Beklagter in den Prozess eingebunden wird (BSK OR I-Weber, Vorbemerkungen zu Art. 253-274g N 2).

c) Die Konsequenz des Vorliegens einer notwendigen Streitgenossenschaft vorliegend wäre, dass S. T. und A. T. persönlich am Schlichtungsverfahren hätten teilnehmen müssen, um in der Folge auch gemeinsam klagen zu können, wie dies für eine notwendige Streitgenossenschaft vorausgesetzt wird (vgl. Püntener, a.a.O., N 286 f.; BGE 137 III 455 E. 3.5; Staehelin/Schweizer, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., Art. 70 N 44). Klagen die notwendigen Streitgenossen nicht zusammen, so fehlt dem teilnehmenden Streitgenossen die Aktivlegitimation und die Klage ist – wie vorliegend in Bezug auf A. T. – abzuweisen (BGE 137 III 455 E. 3.5; Gross/Zuber, Berner Kommentar, N 33 zu Art. 70 ZPO). Immerhin bleibt es den notwendigen Streitgenossen unbenommen, gemeinsam erneut eine identische Klage einzureichen, da mangels Personenidentität keine res iudicata vorliegt (BK-Gross/Zuber, N 35 zu Art. 70 ZPO; ORK-Morf, ZPO-Komm., Art. 70 N 12).

4. Abschliessend ist festzustellen, dass die Vorinstanz auf die Klage von S. T. mangels gültiger Klagebewilligung zu Recht nicht eingetreten ist. Insofern erweist sich die Berufung als unbegründet. Demgegenüber ist auf die Klage von A. T. einzutreten. Indessen fehlt es für die Gutheissung seiner Klage in zweierlei Hinsicht an materiellrechtlichen Voraussetzungen, da ihm einerseits mangels Parteistellung im Mietvertrag die nötige Klagelegitimation abgeht und seine Klage andererseits selbst unter der Annahme, er sei ebenfalls Mietpartei, mangels gültiger Teilnahme von S. T. als notwendige Streitgenossin abzuweisen ist. […]


Decisione

60/8 - Sachliche Zuständigkeit und Aktivlegitimation

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