Rohbaumiete

base giuridica

Nome del giudice

Kantonsgericht Zug

Data

08.03.2012

Sommario

Die Mietobjekte wurden im Rohbau vermietet. Instandhaltung und Instandstellung der Infrastruktur wurden bei der Festlegung des Mietzinses berücksichtigt. Die Vermieterin ist nicht verpflichtet, Ausbauten (Lift, neue Bodenbeläge etc.) die über den Mindeststandard hinausgehen, vorzunehmen, da die Mietenden es versäumt haben, dies zum Vertragsinhalt zu machen.

Esposizione dei fatti

Die Beklagten haben zwei Liegenschaften verkauft und gleichzeitig von der Käuferin auf zwei Jahre im Rohbau als Boardinghouse bzw. Bürotel zurückgemietet.
Die Mietverträge wurden am 17. Oktober 2008 unterzeichnet, die Liegenschaften vom 1. Dezember 2008 bis 30. November 2010 gemietet. In der Folge beglichen die Beklagten die in diesen Mietverträgen festgesetzten Mietzinse nur unvollständig.
Mit Klage vom 17. November 2010 verlangt die Vermieterin ausstehende Mietzinse im Betrag von Fr. 655‘688.60.–, nebst Zins. Die Mietenden machen unter anderem geltend, den Parteien sei hinlänglich bekannt gewesen, dass die Infrastruktur und die Einrichtungen der Mietobjekte einem zeitgemässen Standard nicht mehr entsprochen hätten und sich mit modernen Boardinghouses nicht hätten messen können. Die Parteien seien sich denn auch immer einig gewesen, dass für einen erfolgreichen Weiterbetrieb des Bürotels verschiedene Investitionen zu tätigen seien, wie einen Lift anzubauen, die Anstriche und Bodenbeläge bei den Wohnungen zu erneuern und zum Teil Mobiliar zu ersetzen. Es habe damals Einigkeit darüber bestanden, dass diese Investitionen von der Klägerin übernommen würden. Zwar habe dies nicht ausdrücklich Eingang in die Mietverträge gefunden. Vom Vertreter der Klägerin sei dies aber mehrfach zugesichert worden.
Die Beklagten machen deshalb unter anderem einen Anspruch auf angemessene Reduktion des Mietzinses wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache geltend.

Considerazioni

4.2.2 Vorab ist festzuhalten, dass die Beklagten die Mietobjekte am 1. Dezember 2008 ohne Vorbehalt entgegengenommen haben ; jedenfalls lässt sich den Akten ein solcher nicht entnehmen. Wie die Beklagten selber ausführen, wurden weiter in den Mietverträgen keine Zusicherungen über Investitionen, welche die Klägerin auf ihre Kosten vornehmen wird, festgehalten. Vielmehr bestätigten die Beklagten als Mieter bzw. die Beklagte 1 als ehemalige Eigentümerin und Verkäuferin der Liegenschaft unterschriftlich, dass sich die Mietobjekte in einwandfreiem und vertraglich vereinbartem Zustand befänden, weshalb auf eine formelle Übergabe verzichtet werde. Als Zweck der Vermietung wurde der Betrieb einer Appartement-, Büro- und Restaurantvermietung verabredet, wobei sich die Beklagten verpflichteten, für einen wirtschaftlich optimalen Betrieb zu sorgen. Weiter wurden die Mietobjekte mit Mietbeginn 1. Dezember 2008 je befristet auf zwei Jahre gemietet. Die Beklagten hatten zwar das Vorrecht, die Vertragsverhältnisse zu neuen Konditionen zu verlängern. Dazu mussten sie aber ihr Interesse 12 Monate vor Ablauf der bestehenden Mietverträge schriftlich mitteilen, woraufhin die Vermieterin eine Offerte zur Fortsetzung der wiederum befristeten Mietverhältnisse zu unterbreiten hatte. Sodann vereinbarten die Parteien, dass die Gebäude im Rohbau (= Grundausbau) vermietet werden und dass alle darüber hinausgehenden Ausbauten als Mieterausbauten gelten. Zu Veränderungen oder Erneuerungen an den Mietobjekten hatten die Beklagten vorgängig die schriftliche Zustimmung der Klägerin einzuholen. Schliesslich wurde bezüglich Vertragsänderungen Folgendes vereinbart: „Änderungen und Nachträge des vorliegenden Mietvertrages bedürfen zur Gültigkeit der schriftlichen Form. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformvorbehaltes“.

4.2.3 Gemäss Art. 16 Abs. 1 OR wird vermutet, dass die Parteien vor Erfüllung der vertraglich vorbehaltenen Form nicht verpflichtet sein wollen. Im Streitfall richtet sich diese Vermutung gegen denjenigen, der die Vertragsänderung behauptet, obwohl die vorbehaltene Form nicht eingehalten ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden durch den Nachweis, dass die als Gültigkeitserfordernis formulierte Formabrede nachträglich aufgehoben worden ist. Dabei sind an das Gelingen des Nachweises hohe Anforderungen zu stellen bzw. die formfreie Aufhebung ist nicht leichthin anzunehmen. Die Übereinkunft, bei einer Abänderung gleichwohl auf die vorbehaltene Form zu verzichten, muss sich eindeutig aus den konkreten Verhältnissen ergeben (BGE 4C.92/2002 E. 2.2 ; Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 18. Juni 2007 [BZ.2004.77/78] E. 2b ; Schwenzer, Basler Kommentar, 5. A., Basel 2011, N11 zu Art. 16 OR).
Die Beklagten haben den Nachweis nicht erbracht, dass die Klägerin die behaupteten Investitionen vertraglich zugesichert hat. Die angeblichen Zusicherungen über Investitionen und Erneuerungen wurden durch die Klägerin unbestrittenermassen nicht schriftlich festgehalten.

4.2.4 Die Beklagten konnten weiter nicht mit den angeblich zugesicherten Ausbauten rechnen. Ob die Mietsache dem Mieter den vertragsgemässen Gebrauch tatsächlich gewährleistet, hängt in erster Linie vom Vertragszweck ab und ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Massgebend ist, was der Mieter unter den konkreten Umständen vernünftigerweise erwarten darf. Dabei ist auch die Höhe des Mietzinses von Bedeutung. Bei der Rohbaumiete ist sodann zu beachten, dass der Gebrauchszweck immer in der vereinbarten Benützung der Sache liegt. Der Endausbau der Sache durch den Mieter hat aber mit dem vereinbarten Gebrauch nichts zu tun (Weber, Basler Kommentar, a.a.O., N 4 ff. zu Art. 256 OR ; Zanetti, Ausgewählte Aspekte der Rohbaumiete, mp 2/2011, S. 94 ff.).
Die von den Beklagten aufgeführten Investitionen, wie einen Lift einzubauen, die Anstriche und teilweise das Mobiliar zu erneuern, können im Falle der Nichtumsetzung den konkret vereinbarten Vertragszweck (das Betreiben einer Appartement-, Büro- und Restaurantvermietung) und damit den vertragsgemässen Gebrauch vorliegend nicht vereiteln. Die Mietobjekte wurden im Rohbau vermietet und der Unterhalt sowie der Ersatz (Instandhaltung und Instandstellung) der Gebäudeteile und der Infrastruktur, die gemäss Schnittstellenpapieren den Beklagten oblagen, sind bei der Festlegung des Nettomietzinses – wie in den Mietverträgen festgehalten wird – berücksichtigt worden. Um in den drei- bzw. vierstöckigen Mietobjekten ein Bürotel zu betreiben sowie Büros und ein Restaurant zu vermieten, braucht es beispielsweise nicht notwendigerweise einen Lift. Die Mietobjekte taugen also zum vorausgesetzten Gebrauch selbst bei dessen Nichtvorhandensein. Weiter gehören Anstriche und der Ersatz von Möbeln nicht zum Grundausbau, weshalb bei deren Fehlen bzw. deren Nichtersatz die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch der Sache nicht beeinträchtigt oder vermindert wird. Wenn die Beklagten in Bezug auf den Ausbau der Mietobjekte besondere Bedürfnisse hatten und diese über den Mindeststandard hinausgingen, hätten diese aber zum Vertragsinhalt gemacht werden müssen, wenn die Beklagten daraus Ansprüche ableiten wollen (vgl. Weber, a.a.O., N 4 zu Art. 256 OR mit Verweis auf BGE 4C.291/2000 E. 4b). Abgesehen davon, dass keine Zusicherungen für Investitionen bestehen, haben die Parteien in den zu den Mietverträgen als integrierende Bestandteile erklären Schnittstellenpapieren festgehalten, dass der Unterhalt und der Ersatz insbesondere der Boden- und Wandbeläge ebenso wie der Ausstattungen, also u.a. der Möbel und der Matratzen zu Lasten der Mieter, das heisst der Beklagten gehen. Ferner sind den Beklagten deren schriftliche Bestätigungen in den Mietverträgen entgegenzuhalten, dass sich die Mietobjekte in einwandfreiem und vertraglich vereinbartem Zustand befinden. Zudem haben sie die Mietobjekte ohne Vorbehalt entgegengenommen. Der Mieter, der ein Gebäude verkauft und gleichzeitig von der Käuferin befristet auf zwei Jahre im Rohbau (zurück-)mietet, kann somit vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass ohne explizite Vereinbarung ein Lift eingebaut und teilweise Mobiliar ersetzt wird sowie dass die Boden- und Wandbeläge gestrichen bzw. erneuert werden.

4.2.5 Demzufolge ist festzuhalten, dass die Beklagten das Vorliegen eines Mangels nicht nachgewiesen haben. Ein Anspruch auf Herabsetzung des Mietzinses nach Art. 259d OR besteht folglich nicht.

Decisione

52/1 - Rohbaumiete

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