Mietzinsherabsetzung wegen Immissionen

base giuridica

Nome del giudice

Bezirksgericht Bremgarten

Data

26.02.2002

Sommario

Für die Frage, ob Immissionen einen Herabsetzungsanspruch des Mietzinses begründen, kann nicht auf einen Entscheid des Baudepartements abgestellt werden, da bei diesem eine Beurteilung nach öffentlichen Interessen stattgefunden hat. Herabsetzung im Umfang von 15% infolge Störungen des Schlafes.

Esposizione dei fatti

Die Klägerinnen haben am 05.11.1999 mit der Beklagten einen Mietvertrag per 01.03.2000 abgeschlossen. Im Oktober 2001 sind die Klägerinnen wieder ausgezogen. Mit Eingabe vom 24.07.2001 stellen sie das Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihnen den Betrag von Fr. 4'609.50 zuzüglich Zins zu 5% seit Klageeinleitung zu bezahlen.
Zur Begründung führen sie an, sie hätten bei der Besichtigung der Wohnung nachgefragt, ob es sich um eine ruhige Mietliegenschaft handle, nachdem die Klägerin 1 damals Nachtwache geleistet habe. Die Frage sei bejaht worden. Nach der Unterzeichnung des Mietvertrages seien sie von Beklagtenseite her orientiert worden, dass man bezüglich Lärmbeeinträchtigung mit der Firma T. im Streit liege. Sie hätten dann bald festgestellt, dass massive Lärmimmissionen das Bewohnen der Mietliegenschaft beeinträchtige. Die Beklagte habe sich erst im Frühling 1999 des Problems angenommen, obwohl sie dieses bereits seit April 1997 gekannt habe. Brieflich habe sich die Beklagte gegenüber der Firma T. beklagt. Die Beklagte habe auch gegenüber dem Gemeinderat auf die berechtigten Reklamationen der Mieterinnen hingewiesen. Seit Ende September 2000 seien die Immissionen erträglich. Der Mietzins sei somit seit Kenntnisnahme des Mangels durch die Beklagte unter Berücksichtigung der erheblichen Beeinträchtigung zu reduzieren. Nachdem die Lärmimmissionen sämtliche Räume der Liegenschaft betroffen hätten, rechtfertigte sich eine Reduktion des Mietzinses von 30%.
Die Beklagte führte an, es könne keinesfalls von einer massiven Beeinträchtigung durch Lärm ausgegangen werden. Das Baudepartement des Kantons Aargau habe den Sachverhalt anlässlich eines Augenscheins am 03.10.1999 festgestellt und dieser Sachverhalt sei dem Entscheid in vorliegender Streitsache zugrundezulegen. Das Baudepartement habe als neutraler sachverständiger Dritter festgestellt, dass keine Überschreitung der massgebenden Belastungsgrenzwerte zu erwarten sei, was ebenfalls für die Abgase gelte; in Anbetracht der geringen Bewegungsfrequenz könnten sowohl erhebliche Emissionen wie auch übermässige Immissionen ausgeschlossen werden. Somit gäbe es keinen Anspruch auf Mietzinsherabsetzung.

Considerazioni

3.d) Entgegen der Meinung der Beklagten kann jedoch der Entscheid des Baudepartements vom 23.10.2000 nicht übernommen werden zur Beantwortung der Frage, ob die Immissionen einen Herabsetzungsanspruch des Mietzinses begründen oder nicht. Der Massstab des Baudepartements ergab sich aus der Luftreinhalteverordnung, der Lärmschutzverordnung, dem Umweltschutzgesetz und der Bau- und Nutzungsordnung, wobei eine Beurteilung nach öffentlich-rechtlichen Interessen stattfand.

4.a) Streitig ist im vorliegenden Fall das private Interesse, ob die Immissionen, welche die Klägerinnen geltend machen, eine derartige Intensität aufweisen, dass das Ungleichgewicht zwischen der vertraglich festgelegten Sachleistung und dem Entgelt des Mieters durch eine Mietzins-herabsetzung ausgeglichen werden müsste (Higi, Obligationenrecht, Die Miete, B.1. V 2b, Zürich 1996, N. 11 zu Art. 259d OR).

6.a) Sind die Klägerinnen nun aber grundsätzlich zu einer Mietzinsherabsetzung berechtigt, so ist der Umfang der Herabsetzung festzusetzen. Diesfalls hat der Richter die relative, d.h. verhältnismässige, mithin rechnerische Methode unter Billigkeitsaspekten anzuwenden, wobei die Gebrauchsbeeinträchtigung rechnerisch umgesetzt werden soll (Higi, a.a.O., N. 14 zu Art. 259d OR).
Für das Mass der Beeinträchtigung, welche objektiv zu beurteilen ist und somit den Einzelfall berücksichtigen soll (Higi a.a.O., N. 14 zu Art. 259d OR), wird als erstellt erachtet, dass durchschnittlich 2 Mal pro Woche der Schlaf am frühen Morgen zwischen 4.00 und 6.00 Uhr gestört wurde. Die Abende fallen nur sporadisch ins Gewicht, nachdem die Klägerinnen sich vor allem über Störungen am Morgen und am Nachmittag beklagten.

b) Schlaf ist zentral. Wenn man in einer Wohnung nie schlafen könnte, dann wäre diese gänzlich untauglich, mithin nichts Wert im Sinne einer Reduktion des Mietpreises von 100%. Auch andauernde beispielsweise stündliche Schlafunterbrüche müssten als gesundheitsschädlich und demzufolge als grösste Beeinträchtigung der Tauglichkeit betrachtet werden. Vorliegend geht es um ständiges Erwachen während 2 Stunden gegen Morgen, dies 2 Mal in der Woche.
Vergleichsweise können Beispiele aus der Gerichtspraxis herangezogen werden, in welchen Lärm als Beeinträchtigung einer Mietsache qualifiziert werden musste (s. Martin Züst, Die Mängelrechte des Mieters von Wohn- und Geschäftsräumen, 2. Aufl. 1995; ders.: Neues über Mängelrechte des Wohnungs- und Geschäftsmieters, Mietrechtspraxis 4/1994 S. 159 ff.; Ergänzungen Mietrechtspraxis; gefunden unter www.mietrecht.ch/mp). So führte der Lärm eines Orchesters, welches mehrmals pro Woche nachts laut spielte, zu einer Mietzinsreduktion von 12.5%; ein lauter Warenlift von 27-38 statt normalen 22 Dezibel ergab eine Mietzinsreduktion von 15%; Lärm eines Lifts hörbar in Schlafzimmer und Aufenthaltsraum eine solche von 20%; Lärmimmissionen in einer Wohnung durch eine benachbarte Metzgerei ergaben eine solche von 20%; schwerste Bauimmissionen von einem Nachbargrundstück durch Presslufthämmer, Bulldozer, Staub und mehrmals täglich Sprengungen führten zu einer Mietzinsreduktion von 35%; eine trotz Zusage des Mieters fehlende Lärmschutzwand gegen eine Autobahn ergab eine Mietzinsreduktion von 6%.
Genügender Schlaf, jedoch mit Störungen wie von den Klägerinnen beschrieben unter Berücksichtigung der definierten Tauglichkeit führt nun vorliegend unter Berücksichtigung der Gerichtspraxis und unter pflichtgemässer Ausübung des zustehenden Ermessens zu einer Reduktion von 15%. Dies auch angesichts der Tatsache, dass die Klägerinnen alle Räume des Mietobjekts als betroffen erachten und dabei den Antrag einer Mietzinsreduktion von 30% stellten.

Decisione

37/4 - Mietzinsherabsetzung wegen Immissionen

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