Mietzinserhöhung

base giuridica

Nome del giudice

Amtsgericht Luzern-Land

Data

21.08.2006

Sommario

Bei einer massiven Mietzinserhöhung sind genaue Angaben zu den Investitionen erforderlich, damit sich die Mieterschaft ein exaktes Bild über deren Berechnungen machen kann. Weiter fällt eine Aufhebung des gemäss Mietvertrages gemieteten Estrichs in den Anwendungsbereich von Artikel 269d Absatz 3 bzw. Absatz 2 OR und ist somit durch ein amtliches Formular mitzuteilen.

Esposizione dei fatti

Infolge Renovation der Liegenschaft erhöhte die Vermieterin den Nettomietzins von Fr. 1'450.00 auf Fr. 1'950.00, was die Mieterschaft bei der Schlichtungsbehörde anfocht. Die Einigungsverhandlung blieb erfolglos, weshalb die Klägerin (Vermieterin, Eigentümerin) an das Amtsgericht Luzern-Land gelangte. Die Klägerin beantragte, dass festzustellen sei, dass die am 15. November 2004 mit Wirkung auf den 01. April 2004 erfolgte Mietzinserhöhung rechtmässig erfolgt sei. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das verwendete Formular „Mietvertrags-Änderung“ sei bei den Beklagten rechtzeitig eingegangen und habe alle gesetzlich erforderlichen Angaben (bisheriger Mietzins und Nebenkosten, neuer Mietzins und Nebenkosten, Zeitpunkt des Inkrafttretens der Erhöhung, klare Begründung der Erhöhung, Hinweis zur Anfechtungsmöglichkeit mit Adresse der Behörde) enthalten. Die Liegenschaft sei für Fr. 1'555'300.-- komplett und umfassend erneuert worden. Diese Investitionen seien zu 50-70% als wertvermehrend zu berücksichtigen. Ausgehend von einem mittleren Wert von 60% könnten Fr. 933'180.-- als wertvermehrend auf die Mieter überwälzt werden. Die Wohnung der Beklagten mache einen Anteil von 10.4% der Gesamtliegenschaft aus, was Fr. 97'050.-- der Gesamtkosten entspreche. Bei einer mittleren Lebensdauer von 15 Jahren und dem aktuellen Hypothekarzinssatz von 3% ergebe sich ein Zinssatz von 9.29%. Auf den Anteil der beklagtischen Mietwohnung ergebe das einen maximalen jährlichen Mietzinszuschlag von Fr. 9'016.-- bzw. eine maximal mögliche monatliche Mietzinserhöhung von Fr. 751.--. Die angefochtene Mietzinserhöhung von Fr. 500.-- sei deshalb rechtmässig.  
Mit Klageantwort vom 09. November 2005 beantragten die Beklagten die Klageabweisung. Es sei festzustellen, dass die Mietzinserhöhung auf den 01. April 2005 um Fr. 500.-- auf Fr. 1'950.-- zu Unrecht erfolgt sei. Eventuell sei festzustellen, dass die Mietzinserhöhung lediglich bis maximal Fr. 250.-- zu Recht erfolgt sei, wobei diesfalls die Hypothekarzinssenkung seit 2001 zu berücksichtigen und mit der Mietzinserhöhung zu kompensieren sei. Zur Begründung führten sie aus, die Mietzinserhöhung sei ungültig erfolgt. Im Zeitpunkt der Erhöhungsanzeige müssten die Arbeiten ausgeführt, in Rechnung gestellt sein und die entsprechenden sachdienlichen Belege vorliegen. Die Schlussabrechnung sei jedoch auf den 05. Juni 2005 datiert und einige der Arbeiten seien am 01. April 2005 noch nicht ausgeführt gewesen. Die Begründung der Mietzinserhöhung sei unklar. Die Forderung sei weder im Formular zahlenmässig begründet noch nach Ersuchen der Beklagten um Angabe der effektiven Bausumme und deren Überwälzung mitgeteilt worden. Bei der getätigten Renovation handle es sich um aufgeschobenen Unterhalt. Sollten Mehrleistungen angenommen werden, könne nicht von einem prozentualen Mehrwertanteil von 60% ausgegangen, sondern die werterhaltenden Arbeiten müssten von den wertvermehrenden ausgeschieden werden. Sei dies nicht möglich, müsse – da es sich um aufgeschobenen Unterhalt handle – vom Minimalansatz ausgegangen bzw. dieser unterschritten werden. Die Mehrleistungen könnten nicht nach der Tabelle „Objektwerte“ auf die einzelnen Mietwohnungen überwälzt werden, da sich bestimmte Mehrleistungen nicht auf die beklagtische Mietwohnung, sondern nur auf andere Mietwohnungen bezögen. Der Wohnanteil der beklagtischen Wohnung betrage nicht 10.4%, sondern 9.8%, was bei der Berechnung der Mietzinserhöhung zu berücksichtigen sei. Da der Estrich aufgehoben worden sei, sei das Mietobjekt kleiner geworden und der Mietzins entsprechend herabzusetzen. Ausgehend von einem Hypothekarzins von 3% und einer mittleren Lebensdauer von 30 Jahren komme ein Zinssatz von 5.56% zur Anwendung.

Considerazioni

4.4 Im Formular selbst führte die Klägerin weder aus, welche Arbeiten der geltend gemachten Totalsanierung zu Grunde lagen noch was diese gekostet haben und in welchem Verhältnis sie auf die Mieter überwälzt werden. Da die Klägerin im Formular nur pauschal den Erhöhungsgrund wertvermehrende Investitionen aufführte und die Mietzinserhöhung weder näher begründete noch belegte, konnten sich die Beklagten kein Bild davon machen, ob die angekündigte Mietzinserhöhung im geforderten Umfang den getätigten Arbeiten angemessen und demzufolge gerechtfertigt war. Dazu fehlten ihnen gleich mehrere Informationen: Was die getätigten Arbeiten betrifft, wurde weder ein Arbeitsbericht im Detail aufgelegt noch zumindest ein gesamthafter Überblick aufgezeigt. Es wurden keine Angaben zum investierten Kapital oder zum Überwälzungssatz, wie sich die Kosten auf höhere Mietzinse auswirkten, geliefert. Es fand sich auch kein Hinweis, ob und allenfalls wie berücksichtigt worden war, dass dem ursprünglichen Mietzins gemäss Mietvertrag vom 30.4.2001 wohl ein Hypothekarzins von 4.5% zugrunde lag, während am 15.11.2004 ein solcher von 3.25% galt, was zu einer Mietzinsreduktion von 13.04% bzw. Fr. 189.10 hätte führen müssen (Lachat/Stoll/Brunner, Das Mietrecht für die Praxis, 6. Aufl. 2005, Anhang VI und VII: Hypothekarzins seit 1.8.2000 4.5%, ab 1.7.2001 4.25%, ab 1.7.2003 3.25%). Tatsächlich wurde der Mietzins aber um monatlich Fr. 500.-- bzw. 34.5% angehoben. Bei einer derart massiven Erhöhung, die nicht wenige Mieter finanziell wohl nur schwer zu verkraften vermögen, sind genauere Angaben zu den Investitionen erforderlich, damit sich die Mieterschaft ein Bild über deren Berechtigung machen kann. Während man sich in einer vergleichbaren Konstellation bei einer geringfügigen Mietzinserhöhung allenfalls fragen kann, ob der pauschale Hinweis auf wertvermehrende Investitionen als Begründung ausreiche, hat diese Frage bei einer Mietzinserhöhung in der geltend gemachten Dimension keinen Raum. Gerade bei einer derart massiven Mietzinserhöhung, die mit finanziellen Schwierigkeiten oder sogar Kündigungsüberlegungen verbunden sein kann, hat die Vermieterschaft die geltend gemachte Mietzinserhöhung entsprechend klar, detailliert und nachvollziehbar zu begründen. Unter diesen Umständen ist die Begründung der Klägerin als unklar und unpräzis zu taxieren. Eine entsprechende Erläuterung bzw. Ergänzung erfolgte im Übrigen auch nicht nach schriftlicher Aufforderung der Beklagten, es sei ihnen Auskunft zu erteilen über die Bausumme, deren detaillierte Zusammensetzung, den Prozentsatz der Bausumme, der auf den Mietzins abgewälzt werde (50-70%) sowie ob die Streichung des Estrichs berücksichtigt worden sei. Die Vermieterschaft ist jedoch gehalten, bei wertvermehrenden Verbesserungen den geltend gemachten Differenzbetrag zahlenmässig zu begründen (Art. 20 Abs. 1 VMWG). Mit Vorteil werden der Mieterschaft Kopien der Rechnungen ausgehändigt (Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., Kap. 19 N 5.2.4). Indem die Klägerin den Beklagten die erforderliche Begründung jedoch sowohl im Formular als auch im Begleitbrief schuldig geblieben ist, hat sie ihre Begründungspflicht nach Art. 269d Abs. 2 Bst. b OR klar verletzt. Im Übrigen erfolgte nicht einmal auf Aufforderung der Beklagten oder vor der Schlichtungsbehörde die Auflage irgendwelcher sachdienlicher Belege oder auch nur die Mitteilung, wie der geltend gemachte Differenzbetrag zahlenmässig begründet sei (vgl. Art. 19 Abs. 1 Bst. a Ziff. 4 und Art. 20 VMWG; Siegrist, Der missbräuchliche Mietzins, Regel und Ausnahmen, Art. 269 und 269a OR, 1997, S. 122).

5 Im Übrigen wäre die Mietzinserhöhung gestützt auf den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt auch aus weiteren Gründen nichtig bzw. die verlangte Mietzinserhöhung nicht erstellt und somit nicht gutzuheissen. So tragen die Beklagten vor, ihr Estrich sei infolge Umbauarbeiten aufgehoben worden, was nicht in der Mietzinserhöhung berücksichtigt worden sei. Sie hätten den Estrich als Abstellfläche rege genutzt, um darin diverse Gegenstände zu verwahren. Die Aufhebung des Estrichs blieb seitens der Klägerin unbestritten, wenn sich die Parteien auch nicht einig betreffend die Grösse und Intensität des Gebrauchs des Estrichs sind.    
Gemäss Art. 269d Abs. 3 OR gelten die Formalien, insbesondere die sorgfältige Begründungspflicht nach Art. 269d Abs. 1 und 2 OR, auch für einseitige Änderungen der Mietsache zu Lasten des Mieters. Es hängt von den konkreten Umständen ab, ob die Formvorschriften einzuhalten sind. So wird eine wenig bedeutende Änderung der Mietsache, wie beispielsweise die Verschiebung einer Mauer um wenige Zentimeter, nicht von Art. 269d Abs. 3 OR erfasst. Änderungen betreffend allgemeine Einrichtungen und Nutzflächen einer Liegenschaft weisen in der Regel keine grössere Relevanz zum zu leistenden Mietzins auf, weshalb eine diesbezüglich angeordnete Veränderung nicht von Art. 269d Abs. 3 OR erfasst wird (z.B. Verkleinerung des Waschraums, der allgemeinen Estrichfläche oder des Treppenhauses, Ersetzung Trockenraum durch andere Trockenmöglichkeit wie Tumbler). Wird allerdings der vereinbarte Gebrauch der Mietsache, an der der Vermieter dem Mieter besondere, andere Mieter insoweit ausschliessende Benutzungsrechte zugesichert hat, dauerhaft eingeschränkt, wie beim Einbau eines Lifts, der zur Verringerung der Mietfläche einer Wohnung führt, findet Art. 269d Abs. 2 OR Beachtung.
Es ist nach objektiven Kriterien zu entscheiden, ob das Gleichgewicht der Leistungsversprechen sich einseitig zu Lasten der Mieterschaft verändert, weil deren Ansprüche gegenüber dem Vermieter geschmälert werden
(Lachat/Stoll/Brunner, Zürcher Komm., 4. Aufl. 1998, Kap. 22 N 3.6, Higi, Zürcher Komm., 4. Aufl. 1998, N 53 ff. zu Art. 269d OR).    
Die Aufhebung des gemäss Mietvertrag vermieteten Estrichs fällt nach obigen Ausführungen in den Anwendungsbereich von Art. 269d Abs. 3 bzw. Abs. 2 OR. Unabhängig davon, ob der Estrich 16m2 oder, wie die Klägerin angibt, nur 4 m2 Fläche hatte, ist dessen ersatzlose Aufhebung keine nur wenig bedeutende Änderung. Ein Estrich ist gerade bei kleineren Wohnungen mit ungenügendem Stauraum in der Regel schwer entbehrlich. Die Beklagten bringen denn auch vor, die Aufhebung des Estrichs habe zu Platzproblemen geführt, insbesondere da sie über keine Garage als Alternative verfügten. Ist aber die Aufhebung des Estrichs eine einseitige Vertragsänderung, kann sie nur durch ein amtlich genehmigtes Formular mitgeteilt werden und ist eigens zu begründen. Damit ist klar, dass die eingeklagte Mietzinserhöhung auch unter diesem Aspekt den Vorschriften von Art. 269d Abs. 2 OR nicht genügt, denn die Aufhebung des Estrichs wurde im Formular zur Mietzinserhöhung überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn begründet. Für die Beklagtschaft war nicht ersichtlich ob und allenfalls in welchem Rahmen diese Verkleinerung des Mietobjekts bei der Berechnung des neuen Mietzinses berücksichtigt worden war. Die Mietzinserhöhung ist auch deshalb ungenügend begründet.

6    Die Beklagten wenden zudem ein, es gehe nicht an, dass sie Kosten mittragen müssten, die ausschliesslich zu Wertsteigerungen anderer Wohnungen geführt hätten. Die Klägerin bestreitet nicht, dass gewisse Wohnungen mehr Arbeit und Kosten generiert hätten als jene der Beklagten, stellt sich aber auf den Standpunkt, dass eine genaue Ausscheidung auf die jeweiligen Wohnungen weder möglich noch zumutbar sei. Strittig ist zwischen den Parteien im Weiteren, ob die Annahme eines mittleren Überwälzungssatzes gerechtfertigt sei oder die wertvermehrenden Arbeiten genau ausgeschieden werden müssten.            
Es ist jeweils vorab zu untersuchen, ob sich werterhaltende und wertvermehrende Anteile bestimmen lassen. Falls ja, ist die Mietzinserhöhung nur nach Massgabe der effektiven Mehrleistungen zulässig (vgl. mietrechtspraxis 2005 S. 63 und 148, BGE 118 II 417). Der Mehrwert kann nur auf diejenigen Mieter überwälzt werden, die auch in deren Genuss kommen. Eine Einzelinvestition beschränkt auf eine bestimmte Wohnung kann nur auf diese überwälzt werden. Geniessen alle Mieter die gleichen Vorteile, kann man sämtliche Mietzinse prozentual im selben Umfang erhöhen. Sollte eine Gesamtsanierung in unterschiedlichem Masse einzelne Wohnungskategorien betreffen, sind die Kosten differenziert auf die Wohnungen aufzuteilen (vgl. Siegrist, a.a.O., S. 116).          
Eine entsprechend substanziierte Begründung der Vermieterin hätte sich schon alleine zur Klärung dieser Fragen aufgedrängt. So oder anders wäre aber, nachdem die Mietzinserhöhung grundsätzlich nur nach Massgabe der effektiven Mehrleistungen für die jeweilige Wohnung zulässig ist, darzulegen gewesen, welche Leistungen der beklagtischen Wohnung konkret dienten und wie viel für diese aufgewendet wurde. Auch den nachträglich aufgelegten Urkunden ist dies nur ansatzweise zu entnehmen. Eine zuverlässige Feststellung, welche Arbeiten für die beklagtische Wohnung zu einem Mehrwert führten, ist nicht möglich. Bei dieser Sachlage kann insbesondere offen bleiben, ob vorliegend nicht auch aufgeschobener Unterhalt geltend gemacht wird und/oder Kosten, die wegen des Ausbaus des Dachgeschosses angefallen sind (vgl. Lachat/Stoll/ Brunner, a.a.O., Kap. 19 N 5.2.2).

7 Aufgrund der Erwägungen ergibt sich, dass sich die Beklagten anhand der Begründung der Klägerin über die Berechtigung der Mietzinserhöhung bzw. die Erfolgschancen einer Anfechtung der Mietzinserhöhung kein klares Bild machen konnten, weil sie zur hinreichenden Bestimmung des konkreten Inhalts der Mietzinserhöhung nicht genügend präzis begründet war. Sie erfüllt demnach die Gültigkeitsanforderung nach Art. 269d Abs. 2 OR nicht und ist deshalb unrechtsmässig erfolgt. Die Mietzinserhöhung vom 15.11.2004 per 1.4.2005 ist somit nichtig. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob die geltend gemachte Mietzinserhöhung masslich gerechtfertigt war. Ebenso kann offen bleiben, ob die Klägerin in Verletzung von Art. 14 Abs. 3 VMWG die Mietzinserhöhung angezeigt hat, bevor ihr die sachdienlichen Belege vorlagen, was ohnehin nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Mietzinserhöhung auf den nächstmöglichen Termin geführt hätte (SVIT-Komm., Schweiz. Mietrecht, 2. Aufl. 1998, N 77 zu Art. 269a OR).

Decisione

41/6 - Mietzinserhöhung

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