Mängel bei der Wohnungsabnahme

base giuridica

Nome del giudice

Bezirksgericht Hochdorf (Kanton Luzern)

Data

06.12.2016

Sommario

Im nachfolgenden Urteil erläutert das Bezirksgericht den Unterschied zwischen der ordentlichen und ausserordentlichen Abnutzung der Mietsache. Zudem verweist es auf die Notwendigkeit einer klaren Benennung der geltend gemachten Mängel bei einer ausserordentlichen Abnutzung sowie deren prompte Mitteilung und geht auch auf die Reichweite der Endreinigung ein.

Esposizione dei fatti

Die Parteien schlossen am 30. Juni 2011 einen unbefristeten Mietvertrag über eine 3 ½ –Zimmerwohnung ab, welcher von der Mieterin am 27. September 2012 gekündigt wurde. Anlässlich der Wohnungsabgabe vom 30. Oktober 2012 erstellte die Vermieterschaft ein Mängelprotokoll, das der Mieterin zwar ausgehändigt, von dieser aber nicht unterzeichnet wurde. Mit schriftlicher Mängelrüge vom 2. November 2012 machte die Vermieterschaft gegenüber der Mieterin diverse Schäden an der Mietsache aufgrund unsachgemässen Gebrauchs geltend und forderte mit Schreiben vom 4. Februar 2013 die Zahlung der Reparaturkosten in Höhe von Fr. 1'791.50. Am 4. Dezember 2013 betrieb die Vermieterschaft die Mieterin für den Betrag von Fr. 1'791.50, wogegen die Mieterin am 5. Dezember 2013 Rechtsvorschlag erhob. Mit Gesuch vom 31. Januar 2014 leitete die Vermieterschaft bei der Schlichtungsbehörde Miete und Pacht des Kantons Luzern eine Schlichtungsverhandlung ein. Da die Parteien an der Schlichtungsverhandlung vom 25. Juni 2014 keine Einigung erzielten, wurde der Vermieterschaft gleichentags die Klagebewilligung ausgestellt. Am 13. August 2014 reichte die Vermieterschaft Klage beim Bezirksgericht Hochdorf ein.

Considerazioni

3.2. Am Ende des Mietverhältnisses muss der Mieter dem Vermieter die Mietsache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt (Art. 267 Abs. 1 OR). Da der Mieter berechtigt ist, die Mietsache ihrem Zweck entsprechend zu nutzen (in den Mietverträgen ist in der Regel von "Wohnzwecken" die Rede), haftet er bei seinem Auszug jedoch nur für den vertragswidrigen resp. unsorgfältigen Gebrauch (RONCORONI, Mietrecht für die Praxis, 9. Aufl., 2016, S. 876 f., Kap. 31 Ziff. 7.1). Mit anderen Worten kann ihm eine ordentliche Abnutzung der Mietsache nicht zur Last gelegt werden. Er hat einzig für die ausserordentliche Abnutzung des Mietobjekts einzustehen. Als ordentliche Abnutzung werden alle Veränderungen an der Mietsache bezeichnet, die bei einem normalen und sorgfaltsgemässen Gebrauch entstehen können (z.B. vergilbte Tapeten, Spuren von Möbeln und Bildern an den Wänden, kleine Kratzer im Parkett). Hingegen liegt eine ausserordentliche Abnutzung vor, wenn sich eine Veränderung aus einem unsachgemässen oder übermässigen Gebrauch der Mietsache ergibt (z.B. vergilbte Wände infolge übermässigen Rauchens, zerrissene Tapeten, ein Sprung im Lavabo). Bei der Unterscheidung zwischen ordentlicher und ausserordentlicher Abnutzung ist sowohl auf die vereinbarte Zweckbestimmung der Mietsache und deren Beschaffenheit als auch auf die Dauer des Mietverhältnisses zu achten. Wird eine Wohnung an eine grosse und kinderreiche Familie vermietet, geht die ordentliche Abnutzung weiter, als wenn die Wohnung an eine alleinstehende Person vermietet wird; auch bei einem länger dauernden Mietverhältnis sind die Abnutzungsschäden in der Regel grösser als bei einem Mietverhältnis, welches nur kurz gedauert hat.
Der Mieter hat dem Vermieter den Schaden, welcher diesem infolge der ausserordentlichen Abnutzung entstanden ist, zu ersetzen. Die Höhe der allfälligen Entschädigung entspricht indes nicht dem Neuwert der Einrichtungen, sondern dem von Alter und Lebensdauer abhängigen Zustandswert (vgl. dazu Urteil BGer 4C.261/2006 vom 1.1.2006, in: SJ 2007 I S. 365; Das schweizerische Mietrecht, SVIT-Kommentar, 2008, N 22 f. zu Art. 267-267a OR). Dieser Grundsatz gilt in der Regel für alle Einrichtungen. In der Praxis werden diesbezüglich die auf Erfahrungswerten beruhenden paritätischen Lebensdauertabellen der Mieterverbände und der Verbände der Immobilienwirtschaft herangezogen. Müssen die beschädigten Einrichtungen nicht ersetzt, sondern repariert werden, so hat der Mieter – sofern die übrigen Haftungsvoraussetzungen gegeben sind – lediglich die Reparaturkosten zu tragen. Massgeblich sind in diesem Fall die tatsächlichen Kosten, welche dem Vermieter aufgrund der Reparatur entstanden sind, dies unter Berücksichtigung allfälliger Abzüge wie z.B. Rabatt oder Skonto (RONCORONI, a.a.O., S. 881, Kap. 31 Ziff. 7.5).
Will der Vermieter den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses für die entstandenen Beschädigungen oder für eine ausserordentliche Abnützung belangen, so muss er Bestand und Umfang des Schadens beweisen (SVIT-Kommentar, a.a.O., N 30 zu Art. 267-267a OR). Er trägt demzufolge die Beweislast dafür, dass die Mietsache mit einem Mangel behaftet ist, für welchen der Mieter einzustehen hat. Ist ein solcher Mangel ausgewiesen und fordert der Vermieter Schadenersatz, so muss er weiter beweisen, dass er einen konkreten Schaden, d.h. eine Vermögenseinbusse, erlitten hat. Ein derartiger Schaden ist dann zu verneinen, wenn die Mängel gar nicht behoben werden, weil beispielsweise die Mietsache vollständig renoviert oder die fragliche Einrichtung aus Altersgründen ohnehin ersetzt wird (RONCORONI, a.a.O., S. 884, Kap. 31 Ziff. 7.7). Die Beweislast für den Schaden umfasst auch eine substantiierte Schadensberechnung (BGE 127 III 365 E. 2b). In der Zusammenfassung hat der Vermieter kumulativ zu beweisen, dass die Mietsache mit einem Mangel behaftet ist, für dessen Behebung der Mieter einzustehen hat, dass dieser Mangel beim Einzug des Mieters noch nicht bestand und dass ihm ein konkreter Schaden entstand.

3.4. … Im Ergebnis vermag der Kläger nachzuweisen, dass die Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe am 30. Oktober 2012 mit einem Mangel an der Wohnungstür (Kleberückstände und Farbschaden) behaftet war, den die Beklagte infolge ausserordentlicher Nutzung der Mietsache (Aufkleben von Plakaten und Schmetterlingsklebebilder) verursacht hatte. Unbestritten ist, dass dieser Mangel beim Einzug der Beklagten noch nicht bestand, wurde die Türe damals doch vollumfänglich renoviert. …
3.5. Streitig und zu prüfen bleibt, ob die Vermieterschaft den Mangel gegenüber der Mieterin rechtzeitig und in genügender Klarheit gerügt hat.
Gemäss Art. 267a Abs. 1 OR muss der Vermieter bei der Rückgabe der Mietsache deren Zustand prüfen und Mängel, für welche der Mieter einzustehen hat, diesem sofort melden (sog. Mängelrüge). Versäumt es der Vermieter, dem Mieter solche Mängel umgehend, d.h. innerhalb von zwei bis drei Arbeitstagen, zu melden, verwirkt er seine diesbezüglichen Schadenersatzansprüche, soweit es sich nicht um verdeckte Mängel handelt (Art. 267a Abs. 2 OR; RONCORONI, a.a.O., S. 873 f., Kap. 31 Ziff. 6.1 ff.; SVIT-Kommentar, a.a.O., N 35 zu Art. 267-267a OR). Das Rückgabeprotokoll allein stellt noch keine solche Mängelrüge dar. Soll das Protokoll gleichzeitig als Mängelrüge dienen, so sind zum einen im Protokoll die Mängel konkret zu bezeichnen, für welche der Mieter einzustehen hat; zum anderen ist das Protokoll dem Mieter umgehend auszuhändigen oder, wenn dieser an der Abnahme nicht anwesend war, sofort zuzustellen. Das Protokoll muss vom Mieter folglich nicht anerkannt oder unterzeichnet werden, um als Mängelrüge zu gelten (SCHWANINGER, in: MÜLLER [Hrsg.], Wohn- und Geschäftsraummiete, Handbuch für die Anwaltspraxis, Basel 2016, § 10 Rz 10.141). Die Mängelrüge ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und ist an keine Form gebunden; sie kann auch mündlich erfolgen. Sie muss präzise und detailliert sein, namentlich eine Aufzählung der Mängel enthalten und erkennbar zum Ausdruck bringen, dass der Mieter für die angezeigten Mängel haftbar gemacht wird. Die Mängelrüge ist verständlich zu formulieren und darf sich nicht mit allgemeinen Floskeln wie "Mietsache nicht in Ordnung" oder "der Mieter ist für alle Mängel haftbar" begnügen. Die einzelnen Schadenspositionen müssen indes noch nicht beziffert werden, da es dem Vermieter im Allgemeinen nicht möglich ist, innert der kurzen Rügefrist von zwei bis drei Arbeitstagen Offerten für die auszuführenden Arbeiten einzuholen (RONCORONI, a.a.O., S. 873 f., Kap. 31 Ziff. 6.2 bis 6.5). Die Beweislast für die rechtzeitig erhobene Mängelrüge trägt der Vermieter (RONCORONI, a.a.O., S. 876, Kap. 31 Ziff. 6.7; SVIT-Kommentar, a.a.O., N 35b zu Art. 267-267a OR).
In seinem als "Mängelrüge nach Art. 267a Abs. 1 OR" betitelten Schreiben vom 2. November 2012 führte der Kläger gegenüber der Beklagten aus, anlässlich der Rückgabe des Mietobjekts am 30. Oktober 2012 seien verschiedene ("die nachstehend aufgeführten") Schäden und Mängel festgestellt worden. Mit dieser Mängelrüge machte er die Beklagte ausdrücklich für die entsprechenden Reparatur-, Ersatz- und Behebungskosten haftbar. Hinsichtlich der Wohnungstür führte er aus: "Blatt aussen hat starke Kratzer und Verschmierungen von aufgeklebten Werbeplakaten". Entgegen der Meinung der Beklagten musste der Kläger die Rechnung der Schreinerei O. noch nicht mit der Mängelrüge auflegen; es war ihm schlicht nicht möglich, hierfür innert der sehr kurzen Rügefrist eine Offerte einzuholen (vgl. dazu die vorstehenden Ausführungen). Ebenfalls kann der Ansicht der Beklagten, der Kläger habe in seiner Mängelrüge keinen schweren Schaden gerügt, sondern lediglich Kratzer und Verschmierungen, nicht gefolgt werden. Denn der Kläger führte in seiner Mängelrüge ausdrücklich aus, es seien verschiedene Schäden und Mängel festgestellt worden, für welche die Beklagte haftbar gemacht werde. Damit brachte der Kläger in der Mängelrüge in eindeutiger und verständlicher Weise zum Ausdruck, dass die Beklagte für die angezeigten Mängel an der Türe haftbar gemacht wird. Im Weiteren ist ohnehin unbestritten und aktenkundig, dass der Beklagten das entsprechende Abnahmeprotokoll, in welchem die Mängel ausführlich vermerkt waren, ausgehändigt wurde. Bereits dieses Protokoll diente als Mängelrüge. Damit hat der Kläger die Mängelrüge sowohl fristgerecht als auch in genügend verständlicher Weise erhoben.
3.6. Im Ergebnis hat die Beklagte dem Kläger eine Schadenersatzzahlung in der Höhe von Fr. 1791.50 zu leisten. Die Klage ist in diesem Punkt gutzuheissen.

3.8. Aus der Pflicht des Mieters, dem Vermieter am Ende des Mietverhältnisses die Mietsache in dem Zustand zurückzugeben, der sich aus dem vertragsmässigen Gebrauch ergibt (Art. 267 Abs. 1 OR; zum Ganzen vgl. E. 3.2 hiervor), resultiert unter anderem die Pflicht, die Mietsache gründlich zu reinigen. Diese Endreinigung beschränkt sich darauf, Schmutz von einer Sache zu entfernen, was mittels verschiedenster Flüssigkeiten, Textilien sowie Geräten aller Art geschehen kann. Dabei werden Abnützungserscheinungen, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben haben (normale Nutzung), indes nicht beseitigt (vgl. BGE 105 II 35 E. 4b). Üblicherweise umfasst die Reinigung: Böden und Platten der Küche, des Badezimmers und der Toilette feucht aufziehen; Fenster, Fensterläden/Lamellenstoren, Kästen, Kühlschrank, Tiefkühler, Kochherd, Backofen, Dampfabzüge sowie alle sanitären Anlagen und Armaturen gründlich reinigen (insb. Kalk entfernen); Poster und Selbstklebeetiketten entfernen; verstopfte Abläufe bis zur Hauptleitung öffnen, alle Wohnräume staubsaugen; die Spanteppiche fachgerecht schamponieren; den Balkon, Estrich und Keller wischen etc. (RONCORONI, a.a.O.; S. 877 f., Kap. 31 Ziff. 7.2; SVIT-Kommentar, a.a.O., N 11 zu Art. 267-267a OR; SCHWANINGER, a.a.O. § 10 Rz 10.108). Eine nicht ausgeführte Reinigung fällt unter den Begriff des (zu rügenden) Mangels i.S.v. Art. 267a Abs. 1 OR. Liegt bei der Rückgabe der Mietsache ein solcher Mangel vor, so hat der Mieter in der Regel keinen Anspruch auf Nachreinigung; vor allem dann nicht, wenn das Mietobjekt nach der Übergabe umgehend weitervermietet wird (SVIT-Kommentar, a.a.O., N 3a zu Art. 267-267a OR). Gibt der Mieter die Mietsache nicht oder lediglich ungenügend gereinigt zurück, so muss er die Kosten für notwendigen Nachreinigungsarbeiten übernehmen (SCHWANINGER, a.a.O., § 10 Rz 10.161).

Decisione

58/7 - Mängel bei der Wohnungsabnahme

Ritorno