Kündigung während Zahlungsfrist?

base giuridica

Nome del giudice

Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden (ZE3 22 4)

Data

04.05.2023

Sommario

Ist der Mieter mit der Zahlung fälliger Mietzinse im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen. Ist der Mieter nicht bereit, den ausstehenden Betrag innerhalb der gesetzten Frist zu begleichen, da er die Miete bestreitet, kann er sich nicht auf die Nichteinhaltung der Frist berufen, denn dies ist widersprüchlich und wird daher nicht geschützt.

Esposizione dei fatti

Die Kläger 1 bis 4 (Mieterschaft) und die Beklagten 1 und 2 (Vermieterschaft) vereinbarten am 8. Februar 2019 einen Miet-/Kaufvertrag betreffend das Grundstück X., mit einem 7 ½- Zimmer Einfamilienhaus und einer 3 ½ Zimmer Wohnung sowie drei Garagen. Am 10. bzw. 11. April 2019 schlossen sie zudem einen öffentlich beurkundeten Kaufrechtsvertrag über dasselbe Objekt ab.
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Höhe des mit dem Miet-/ Kaufvertrag vom 8. Februar 2019 vereinbarten Mietzinses und um die Gültigkeit der von der Vermieterschaft ausgesprochenen Zahlungsverzugskündigung. Es ist umstritten, ob die 30-tägige Zahlungsfrist gemäss Art. 257d Abs. 2 OR mit der Kündigung vom 27. September 2021 eingehalten wurde.
Die Mieterschaft stellt folgende Rechtsbegehen:
1. Es sei festzustellen, dass die von der Vermieterschaft mit Formularen "Mitteilung der Kündigung von vermieteten oder verpachteten Wohn- und Geschäftsräumen" ausgesprochene ausserordentliche Kündigung des Mietverhältnisses vom 27. September 2021 auf den 31. Oktober 2021 nichtig bzw. unwirksam ist.
2. Eventualiter sei die ausserordentliche Kündigung der Vermieterschaft vom 27. September 2021 infolge Missbräuchlichkeit in jedem Fall aufzuheben.
3. Subeventualiter sei das Mietverhältnis zwischen den Mietern und der Vermieterschaft für die maximale Dauer von 48 Monaten zu erstrecken.
4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge, zzgl. Barauslagen und MWST, zu Lasten der Vermieterschaft.

Considerazioni

6. Anwendbares Recht

[…]

6.2 Beurteilung

Die Kläger 1 bis 4 einerseits sowie die Beklagten 1 und 2 andererseits schlossen am 8. Februar 2019 den Miet-/Kaufvertrag über die Liegenschaft X., Grundbuch H. Zudem schlossen sie am 11. April 2019 einen Kaufrechtsvertrag über das gleiche Objekt. Durch die Kombination der Vertragstypen "Mietvertrag (Art. 253 ff. OR) und Kaufrechtsvertrag" (Art. 216 Abs. 2 OR) haben die Parteien einen gemischten Vertrag geschlossen. Auf diesen finden die Bestimmungen des Mietrechts Anwendung, solange das Kaufrecht nicht ausgeübt worden ist (Higi/Bühlmann, Zürcher Kommentar, Obligationenrecht, Die Miete, Art. 253 - 265 OR, 5. Aufl. 2019, N 178 zu den Vorbemerkungen zu Art. 253 - 273c OR). Die vorliegende Streitigkeit ist also nach Massgabe des Mietrechts zu beurteilen.

7. Wirksamkeit der Kündigung

Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die von den Beklagten 1 und 2 am 27. September 2021 ausgesprochene Zahlungsverzugskündigung die gesetzlichen Anforderungen gemäss Art. 257d OR eingehalten hat und daher wirksam ist.

7.1 Gesetzliche Grundlage

Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter nach Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter nach Art. 257d Abs. 2 OR fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.

[…]

7.3 Zahlungsrückstand

7.3.1 Parteivorbringen

7.3.1.1 Die Kläger 1 bis 5 bringen in ihrer Klage vor, zum Zeitpunkt der Kündigung seien keine Mietzinse ausstehend gewesen. Bei richtiger Würdigung der Verträge ergebe sich, dass nur ein Zins von CHF 3200.00 und nicht etwa von CHF 6200.00 vereinbart worden sei […].
Zwar habe man eine Entschädigung von CHF 6200.00 vorgesehen. Man habe aber auch einen Miet-/Kaufvertrag vereinbart. Von den CHF 6200.00 seien nur CHF 3200.00 Miete. CHF 3000.00 entsprächen einer Anzahlung an den Kaufpreis der Liegenschaft. Den Betrag von CHF 3200.00 habe man stets bezahlt. Daher bestehe kein Zahlungsrückstand in Bezug auf den Mietzins […].
Weiter ergänzen die Kläger 1 bis 5 in ihrem ersten Vortrag, eine teleologische Auslegung der Vertragsbestimmungen führe dazu, dass die Beklagten 1 und 2 die Liegenschaft hätten verkaufen und die Kläger 1 bis 5 hätten kaufen wollen, wobei die Kläger 1 bis 5 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht über das nötige Kapital verfügt hätten, aber Aussicht darauf bestanden habe, dieses zu beschaffen. Gleichzeitig hätten die Beklagten 1 und 2 einen Teil des Kaufpreises bereits erhalten wollen und die Kläger 1 bis 5 seien daran interessiert gewesen, bereits mit der Anzahlung an die Liegenschaft zu beginnen. Daher sei eine Anrechnung von CHF 3000.00 an den Kaufpreis vereinbart worden […]. Gleiches ergebe sich aus dem dritten Abschnitt der speziellen Bedingungen des Miet-/Kaufvertrages, wonach bei Nichteinlösung des Kaufrechts die erfolgten Anzahlungen und die vereinbarten Anrechnungen definitiv dem Vermieter zufallen würden […]. Auch wenn man in diesem dritten Abschnitt eine Strafzahlung erkennen wolle, sei klar, dass die Parteien einen monatlichen Mietzins von CHF 3200.00 vereinbart hätten […]. Zum selben Ergebnis gelange man in Anwendung der Grundsätze in "dubio contra stipulatorem" und "in dubio pro mitius". Die Beklagten 1 und 2 müssten sich die unklare Formulierung über den geschuldeten Mietzins anrechnen lassen […].

7.3.1.2 Die Beklagten 1 und 2 entgegnen, als monatlicher Mietzins seien CHF 6200.00 vereinbart worden. Eine Anrechnung bisher geleisteter Mietzinsanteile an den Kaufpreis sei nur relevant, sofern das Kaufrecht ausgeübt werde. Im Mietvertrag sei klar festgehalten, dass ein monatlicher Anteil von CHF 3000.00 des Mietzinses nicht den Klägern zurückerstattet werde, wenn sie das Kaufrecht nicht innert der vereinbarten Frist ausüben würden. Das verdeutliche, dass der vereinbarte Mietzins pro Monat CHF 6200.00 betrage. Es treffe zwar zu, dass in den speziellen Bedingungen des Kauf-/Mietvertrages eine Anrechnung von monatlich CHF 3000.00 vereinbart sei. Dies setze allerdings voraus, dass das Kaufrecht von einer oder mehreren der Kaufrechtsberechtigten auch tatsächlich ausgeübt werde. Solange dies nicht der Fall sei, seien die speziellen Bedingungen für das laufende Mietverhältnis irrelevant. Sowohl aus dem Mietvertrag vom 8. Februar 2019 wie auch aus dem Kaufrechtsvertrag vom 11. April 2019 gehe aufgrund des Wortlautes eindeutig hervor, dass der monatliche "Mietzins" CHF 6200.00 betrage bzw. die bei Ausübung des Kaufrechts anzurechnenden Beträge von je CHF 3000.00 Monatsmietzinsanteile darstellen würden und nicht im Voraus vereinbarte Kaufpreisanzahlungen […].
Die Beklagten 1 und 2 ergänzen in ihrem Parteivortrag, es handle sich bei dem Betrag von CHF 3000.00 nach dem unmissverständlichen und eindeutigen Wortlaut um Mietzins, der eben nur dann zu einer Anrechnung im Kaufvertrag führe, wenn das Kaufrecht ausgeübt werden könne. Könne es nicht ausgeübt werden, verfalle der Zins zugunsten der Verkäufer. So sei es vor dem Grundbuchamt H. abgemacht worden […]. Der vereinbarte Mietzins liege nicht weit über einer Marktmiete. Es handle sich um ein Luxusobjekt. Der amtlich geschätzte Mietwert betrage CHF 48 000.00 im Jahr. Die Beklagte 2 habe als Fachfrau gemeint, in der Praxis werde der amtliche Wert um 20 bis 30 % überschritten. So komme man auf eine Miete von über CHF 5000.00. Der vereinbarte Zins von CHF 6200.00 liege daher nur rund CHF 1000.00 über der Marktmiete […].

7.3.2 Würdigung

7.3.2.1 Streitig ist die Auslegung des Miet-/Kaufvertrages vom 8. Februar 2019 […]. Für die Auslegung eines Vertrages ist in erster Linie auf den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien abzustellen (subjektive Auslegung; Art. 18 Abs. 1 OR). Die subjektive Vertragsauslegung bezieht sich auf den Willen der Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGE 132 III 626 E. 3.1). Nachträgliches Parteiverhalten ist insoweit zu berücksichtigen, als daraus geschlossen werden kann, was die Parteien mit ihrer jeweiligen Erklärung tatsächlich wollten (BGE 143 III 157 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 4.1; 132 III 626 E. 3.1; 129 III 675 E. 2.3). Die Feststellung des wirklichen Willens der Parteien sowie gegebenfalls ihre Übereinstimmung ist eine Tatfrage (BGE 142 III 239 E. 5.2.1; 138 III 659 E. 4.2.1.). Dabei trägt diejenige Partei, welche aus einem vom Wortlaut abweichenden gemeinsamen Willen Rechtsfolgen ableitet, die Beweislast für Bestand und Inhalt dieses abweichenden Willens (BGE 131 III 49 E. 4.1.1; Christoph Müller, Berner Kommentar, Obligationenrecht, Allgemeine Bestimmungen, Art. 1 - 18 OR, 2018, N 297 zu Art. 18 OR; Wolfgang Wiegand, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N 16 zu Art. 18 OR).

7.3.2.2 Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (objektive Auslegung; BGE 143 III 157 E. 1.2.2; 142 III 239 E. 5.2.1; 138 III 659 E. 4.2.1). Die objektive Vertragsauslegung ergibt sich nicht allein aus dem Wortlaut, sondern kann sich auch aus anderen Elementen ergeben wie aus dem verfolgten Ziel, der Interessenlage der Parteien oder aus den Gesamtumständen. Von einem klaren Vertragswortlaut ist jedoch nur abzuweichen, wenn sich ernsthafte Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dieser nicht dem wirklichen Willen der Parteien entspricht (BGE 137 III 444 E. 4.2.4). Die Bestimmung des Vertragsinhalts nach dem Vertrauensprinzip ist eine Rechtsfrage (BGE 142 III 239 E. 5.2.1; 138 III 659 E. 4.2.1).

7.3.2.3 Für das Vorliegen eines übereinstimmenden wirklichen Willens, wonach die Parteien einen monatlichen Mietzins von CHF 3200.00 vereinbart haben, trifft nach den obigen Ausführungen die Kläger 1 bis 5 die Beweislast. Die Kläger 1 bis 5 offerieren hierzu nur ihre Befragung als Partei […]. Um einen übereinstimmenden Willen sämtlicher Parteien feststellen zu können, wäre allerdings auch über den Willen der Beklagten 1 und 2 Beweis zu führen. Mangels entsprechender Beweisofferte misslingt den Klägern 1 bis 5 der Beweis, wonach die Parteien übereinstimmend einen monatlichen Mietzins von CHF 3200.00 hätten vereinbaren wollen.

7.3.2.4 Da der tatsächliche Wille der Parteien unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips auszulegen. Zentraler Gegenstand der Auslegung ist der Miet-/Kaufvertrag vom 8. Februar 2019 […]. Als primäres Auslegungsmittel dient der Wortlaut der Vereinbarung. Der Vertrag beziffert den Mietzins eindeutig mit CHF 6200.00. Unter "Spezielle Bedingungen" äussert sich der Vertrag zum Verhältnis zwischen Mietzins und Zusammensetzung des Kaufpreises. Demnach werden beim Kauf die Anzahlung von CHF 20 000.00, die Mietkaution von CHF 17 600.00, sowie CHF 3000.00 pro Monatsmiete an den Kaufpreis angerechnet. Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass von der geleisteten Miete monatlich ein Betrag von CHF 3000.00 an den Kaufpreis angerechnet wird. Der Wortlaut des Vertrages ist insofern eindeutig und unmissverständlich.
Aufgrund des klaren Wortlauts kann den Klägern 1 bis 5 nicht zugestimmt werden, wenn sie vorbringen, von den CHF 6200.00 seien nur CHF 3200.00 effektiv Miete und die restlichen CHF 3000.00 entsprächen einer schrittweisen Tilgung des Kaufpreises der Liegenschaft. Den Klägern1 bis 5 ist aber insoweit zuzustimmen, als der Mietzins von CHF 6200.00 wirtschaftlich nicht nur Mietzins darstellt, d.h. nicht nur Entgelt ist für die Überlassung des Mietobjekts. Im Umfang von monatlich CHF 3000.00 jedoch reduziert der monatliche Zins auch die vereinbarte Kaufpreisforderung. Da die monatlichen CHF 3000.00 nur bei Ausübung des Kaufrechts berücksichtigt werden, fallen sie bei der Nicht-Ausübung des Kaufrechts definitiv dem Vermieter zu. Dem Teilbetrag von CHF 3000.00 kommt damit die wirtschaftliche Funktion eines Haftgelds im Sinne von Art. 158 OR zu, genauer eines Angelds, da sie die Forderung der Berechtigten effektiv mindern (vgl. Widmer/Constantini/Ehrat, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N 1 zu Art. 158 OR).
Nach dem klaren Wortlaut des Vertrages kommt dem monatlichen Betrag von CHF 3000.00 also eine Doppelfunktion zu. Einerseits ist er Teiltilgung des Mietzinses und als Entschädigung der Überlassung des Mietobjekts geschuldet. Andererseits ist er auch Teiltilgung eines allfälligen Kaufpreises. Diese Doppelfunktion hat entgegen der Ansicht der Kläger 1 bis 5 nicht zur Folge, dass der monatliche Betrag von CHF 3000.00 nicht mehr "Mietzins", sondern nur noch "Kaufpreis" tilgt. Vielmehr bezweckt er die Tilgung beider Forderungen. Die Parteien können nach Massgabe der Vertragsfreiheit (Art. 19 Abs. 1 OR) ohne Weiteres vereinbaren, dass der geschuldete Mietzins in einem gewissen Umfang auf einen womöglich anfallenden Kaufpreis angerechnet wird. Diese Anrechnung ändert insbesondere im vorliegenden Fall, wo die Parteien ausdrücklich CHF 6200.00 als Mietzins definiert haben, nichts daran, dass der Mietzins rechtlich Mietzins bleibt. Anders zu entscheiden wäre, wenn die Parteien den Betrag von CHF 6200.00 nicht ausdrücklich als "Mietzins" bezeichnet hätten, sondern z.B. das Wort "Entschädigung" verwendet hätten. In diesem Fall liesse sich die Entschädigung von CHF 6200.00 gedanklich in einen Teil "Miete" und in einen Teil "Angeld" aufteilen.

7.3.2.5 Nebst dem Wortlaut sind auch sämtliche Begleitumstände sowie die Interessenlage der Parteien und der Vertragszweck Mittel der Auslegung (Christoph Müller, a.a.O., N 139 ff., 149 ff. zu Art. 18 OR). Zu berücksichtigen gilt es hier, dass es sich nach den übereinstimmenden Parteiäusserungen mindestens um eine gehobene Immobilie handelt. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut, welches über 7 ½ Zimmer verfügt und eine Wohnfläche von 237 qm aufweist. In einem separaten Anbau befindet sich zudem eine 3 ½-Zimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 80 qm. Auch verfügt die Liegenschaft über drei Garagen […]. Gemäss unbestritten gebliebener Behauptung der Beklagten 1 und 2 beträgt der amtlich geschätzte Mietwert CHF 48 000.00, welcher in der Praxis um 20 bis 30 % überschritten wird […]. Dies entspricht einem monatlichen Mietzins zwischen CHF 4800.00 und CHF 5330.00. Die Liegenschaft bewohnen gemäss Ausführungen der Kläger 1 bis 5 derzeit elf Familienmitglieder, welche sich in vier Kernfamilien aufteilen lassen […]. Aufgrund der Grösse und der Beschaffenheit der Liegenschaft erscheint die Vereinbarung eines Mietzinses von CHF 3200.00 lebensfremd. Aufgeteilt auf die vier Kernfamilien, die die Liegenschaft derzeit bewohnen, entspräche dies einem monatlichen Mietzins von CHF 800.00. Es sind keine Gründe ersichtlich warum die Beklagten 1 und 2 einen monatlichen Mietzins von CHF 3200.00 und damit weit unterhalb der Marktmiete hätten anbieten wollen. Nachvollziehbar ist nach Massgabe der Interessenlage der Parteien hingegen eine Vereinbarung eines monatlichen Mietzinses über der Marktmiete verbunden mit einer Anrechnung auf den Kaufpreis. Zwar bezahlen die Kläger 1 bis 5 bei diesem Vorgehen einen überhöhten Mietzins. Dafür verringert sich der zu zahlende Kaufpreis bei Ausübung des Kaufrechts überproportional. Nebst dem Wortlaut des Vertrages sprechen also auch die Begleitumstände sowie die Interessenlage der Parteien dafür, dass die Parteien einen monatlichen Mietzins in Höhe von CHF 6200.00 vereinbart haben.

7.3.2.6 Zum selben Ergebnis gelangt man schliesslich mit der Anwendung innominatvertraglicher Grundsätze. So haben die Parteien mit dem Miet-/Kaufvertrag vom 8. Februar 2019 einen gemischten Vertrag geschlossen, indem sie die Vertragstypen "Mietvertrag" und "Kaufrechtsvertrag" kombinierten. Richtschnur für die Entscheidung von Streitigkeiten über Innominatverträge ist der Grundsatz der Privatautonomie, weshalb zunächst zu prüfen ist, ob die Parteien selber Regeln gesetzt haben, nach denen sich der konkrete Streit entscheiden lässt (Amstutz/Morin, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N 13 zur Einleitung vor Art. 184 ff. OR). Vorliegend haben die Parteien eine solche Regelung getroffen, indem sie die CHF 6200.00 einheitlich als Mietzins definiert haben. Damit haben sie allfällige Leistungsstörungen, die sich bei der Zahlung der CHF 6200.00 ergeben können, dem Regime des Mietrechts unterstellt.

7.3.2.7 Aufgrund des eindeutigen Auslegungsergebnisses ist schliesslich kein Raum für die von den Klägern 1 bis 5 vorgenommene in dubio-Auslegung. Diese kommt nur zur Anwendung, wenn die Auslegung zu keinem eindeutigen Resultat führt und zwischen mehreren vertretbaren Ergebnissen zu entscheiden ist (Christoph Müller, a.a.O., N 203, 220 zu Art. 18 OR).

7.3.2.8 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Kläger 1 bis 5 die Erklärung sämtlicher Parteien, wonach der monatliche Mietzins CHF 6200.00 betrage und hiervon monatlich CHF 3000.00 an den Kaufpreis anzurechnen sei, nach Treu und Glauben nicht so verstehen durften, dass der Mietzins lediglich CHF 3200.00 betrage und CHF 3000.00 nur der Tilgung des Kaufpreises diene. Die Parteien haben demzufolge einen monatlichen Mietzins von CHF 6200.00 vereinbart. Beträgt der Mietzins monatlich CHF 6200.00, so befanden sich die Kläger 1 bis 5 nach den von den Parteien übereinstimmend angegebenen Zahlungseingängen ab August 2021, als sie nur CHF 3200.00 bezahlt haben, im Zahlungsrückstand im Sinne von Art. 257d Abs. 1 OR […].

7.4 Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung

7.4.1 Parteivorbringen

7.4.1.1 Die Kläger 1 bis 5 bringen in ihrer Klage vor, die Zahlungsaufforderung müsse eine klare und unmissverständliche Bezeichnung bzw. Bezifferung des offenen Ausstandes enthalten. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Beklagten würden den Betrag von CHF 3400.00 nennen. Dabei würden die Beklagten nicht zwischen Mietzins und Kaufanzahlung unterscheiden. Auf diesen Fehlbetrag komme man nur, wenn man unzutreffend von einem Mietzins von CHF 6200.00 ausgehe […].

7.4.1.2 Die Beklagten 1 und 2 entgegnen, in der Zahlungsaufforderung vom 25. August 2021 unmissverständlich aufgeführt zu haben, dass für den Monat August 2021 lediglich Teilbeträge (CHF 1600.00 am 4. August 2021 und CHF 1200.00 am 10. August 2021) einbezahlt worden seien und vom monatlichen Gesamtmietzins in der Höhe von CHF 6200.00 folglich noch CHF 3400.00 ausstehend seien […].

7.4.2 Würdigung

7.4.2.1 Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter nach Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine Zahlungsfrist ansetzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Sinn der Ansetzung einer Zahlungsfrist nach Art. 257d Abs. 1 OR ist es namentlich, dem Mieter genügend Zeit einzuräumen, um die Mittel zur Tilgung der Ausstände zu beschaffen und ihm damit eine letzte Gelegenheit zu geben, den schwerwiegenden Folgen einer ausserordentlichen Kündigung zu entgehen. Ihre Warnfunktion kann die Fristansetzung nur erfüllen, wenn sie klar und deutlich abgefasst ist. Dies setzt voraus, dass der Zahlungsrückstand entweder ziffermässig bezeichnet wird oder zumindest einwandfrei bestimmbar ist (vgl. Urteile des Bundesgerichts 4A_44/2017 vom 21. März 2017 E. 3.3; 4A_306/2015 vom 14. Oktober 2015 E. 2; 4A_585/2010 vom 2. Februar 2011 E. 2.1; 4C.123/2000 vom 14. Juni 2000 E. 3b).

7.4.2.2 In ihrer "Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung" vom 25. August 2021 haben die Beklagten 1 und 2 die Eingänge für den Mietzins August 2021 mit insgesamt CHF 2800.00 und den Ausstand in Höhe von CHF 3400.00 beziffert […]. Das entspricht den von den Parteien übereinstimmend angegebenen Zahlungseingängen […]. Die Beklagten 1 und 2 haben den Ausstand daher richtig beziffert. Der Standpunkt der Kläger 1 bis 5 fusst auf der unzutreffenden Annahme, der Mietzins betrage nur CHF 3200.00. Dass dem nicht so ist, wurde in der voranstehenden Erwägung 7.3 ausführlich dargelegt.

7.4.2.3 Weiter ist zwischen den Parteien nicht umstritten, dass die "Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung" vom 25. August 2021 auch die restlichen Voraussetzungen von Art. 257d Abs. 1 OR erfüllt, mithin die Beklagten 1 und 2 bei unbenutzter Ablauf der Zahlungsfrist die Kündigung des Mietverhältnisses androhen und sie eine Zahlungsfrist von 30 Tagen gewähren […]. Die Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung ist damit nicht zu beanstanden.

7.5 Zeitpunkt der Kündigung

7.5.1 Parteivorbringen

7.5.1.1 Die Kläger 1 bis 5 bringen in ihrer Klage vor, die Beklagten hätten die 30-tägige Zahlungsfrist in Art. 257d Abs. 2 OR mit der Kündigung vom 27. September 2021 nicht eingehalten. Selbst wenn die Beklagten beweisen könnten, dass alle Kläger die Androhung der Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, d.h. am Folgetag des Versands (Versand am 25. August 2021, Zustellung am 26. August 2021) zur Kenntnis genommen hätten, wäre die Frist nicht eingehalten. In diesem Fall wäre der letzte Tag der Frist der Samstag 25. September 2021. Richtigerweise verlängere sich daher die Frist auf Montag, 27. September 2021 […].
Weiter führen die Kläger 1 bis 5 in ihrem ersten Vortrag aus, die Zahlungsaufforderung sei nur mit A-Post Plus versendet worden. Daher belege die Sendungsverfolgung nur, wann die Sendungen in den Machtbereich der Kläger 1 bis 5 gelangt seien. Nicht erstellt sei, wann diese von den Sendungen Kenntnis genommen hätten. Das genüge im Anwendungsbereich der relativen Empfangstheorie nicht. Die Beklagten könnten damit nicht beweisen, dass sie die Kündigungsfrist von 30 Tagen eingehalten haben. Die Kündigung sei verfrüht und daher unwirksam […].

7.5.1.2 Die Beklagten 1 und 2 entgegnen in ihrer Klageantwort sinngemäss, es sei nicht die tatsächliche Kenntnis, sondern der Empfang der Sendungen massgebend. Die eingeschränkte Empfangstheorie stehe mit privatrechtlichen Grundsätzen im Widerspruch und sei aufzugeben. Schliesslich sei die Berufung auf eine zu kurze Frist ohne schützenswertes Interesse, da die Kläger erst am 6. September 2021 den sowieso zu geringen Betrag von CHF 400.00 bezahlt hätten […].
Weiter präzisieren die Beklagten 1 und 2 in ihrem ersten Vortrag, die sogenannte absolute oder uneingeschränkte Empfangstheorie (recte: die relative oder eingeschränkte Empfangstheorie) sei ein dogmatisches Unding und setze kein Versand per Einschreiben voraus. Es sei bewiesen, dass die fünf Zahlungsaufforderungen am 26. August 2021 in den Briefkästen deponiert worden seien. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme sei irrelevant […].

7.5.2 Würdigung

7.5.2.1 Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter nach Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage (Art. 257d Abs. 1 Satz 2 OR). Für die Bestimmung des "dies a quo" der Kündigungsfrist weicht das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung von privatrechtlichen Grundsätzen ab. Für gewöhnlich entfalten Willenserklärungen mit ihrem Eingang in den Machtbereich des Empfängers ihre Wirkung (Zugangsprinzip; absolute Empfangstheorie). Bei Zahlungsverzugskündigungen ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung aber nicht der Zugang, sondern die tatsächliche Kenntnisnahme des Empfängers massgebend (relative Empfangstheorie; BGE 140 III 244 E. 5.1; 119 II 147 E. 2; zuletzt bestätigt in Urteil des Bundesgerichts 4A_161/2017 vom 27. März 2017). Die 30-tägige Kündigungsfrist beginnt also erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme der Erklärung zu laufen. Die Vermieter tragen die Beweislast für die Einhaltung der Kündigungsfrist (vgl. Roger Weber, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N 5 zu Art. 257d OR).

7.5.2.2 Nach übereinstimmender Sachdarstellung und in Einklang mit den eingereichten Urkunden haben die Beklagten 1 und 2 die Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung am 25. August 2021 mit A-Post Plus versendet. Die Sendungen wurden den Klägern 1 bis 5 am 26. August 2021 im Briefkasten hinterlegt […]. Die Kündigungen wurden am 27. September 2021 ebenfalls mit A-Post Plus versendet und am 28. September 2021 zugestellt […].

7.5.2.3 Entgegen der Auffassung der Kläger 1 bis 5 wäre die Kündigung rechtmässig, wenn bewiesen wäre, dass sämtliche Kläger am 26. August 2021 von der Androhung der Kündigung Kenntnis genommen hätten. Zwar ist den Klägern 1 bis 5 zuzustimmen, dass sich die Frist diesfalls infolge Wochenende bis zum Montag, 27. September 2021 verlängert hätte und die Kündigung bereits am 27. September 2021 versendet worden war. Jedoch ist daran zu erinnern, dass eine obligationenrechtliche Willenserklärung unter Abwesenden seine Wirkung nicht mit der Abgabe der Erklärung entfaltet, sondern mit ihrem Zugang. Sie ist entsprechend empfangsbedürftig. Der Versand der Kündigung während noch laufender Kündigungsfrist stört also nicht, sofern sie den Mietern erst nach Ablauf der Zahlungsfrist zugestellt wird (Daniel Reudt, in: SVIT-Kommentar, Das schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, N 41 zu Art. 257d OR m.w.H).

7.5.2.4 Die Kündigungen wurden am 27. September 2021 der Post übergeben und am Folgetag den Klägern 1 bis 5 zugestellt […]. Können die beweisbelasteten Beklagten 1 und 2 den Nachweis, wonach sämtliche Kläger am 26. August 2021 von der Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung Kenntnis erhalten haben, erbringen, so wäre die Kündigungsfrist eingehalten worden. Die Beklagten 1 und 2 treten den Beweis indes nicht an. Entsprechend bleibt die tatsächliche Kenntnisnahme und die Einhaltung der Frist unbewiesen.

7.5.2.5 Die Beklagten 1 und 2 machen in diesem Zusammenhang geltend, die tatsächliche Kenntnisnahme sei nicht massgebend. Vielmehr sei auf den Zugang abzustellen. Die Abkehr von der relativen Empfangstheorie wird auch in der Lehre mit nachvollziehbaren Gründen vertreten (Vgl. Higi/Bühlmann, Zürcher Kommentar, Obligationenrecht, Die Miete, 5. Aufl. 2019, N 37 zu Art. 257d OR). Würde man auf die Zustellung der Kündigungsandrohung als "dies a quo" abstellen, wäre die Einhaltung der Kündigungsfrist bewiesen. Wie es sich damit verhält, kann vorliegend aber offenbleiben, wie aus nachstehenden Ausführungen hervorgeht.

7.6 Missbräuchliche Geltendmachung der verfrühten Kündigung

7.6.1 Parteivorbringen

7.6.1.1 Die Beklagten 1 und 2 bringen in der Klageantwort vor, die Berufung auf die Nichteinhaltung der Frist sei missbräuchlich, wenn die Mieter ohnehin nicht innert Frist bezahlt hätten […].

7.6.1.2 Die Kläger 1 bis 5 entgegnen in ihrem Parteivortrag, die Berufung auf die Unwirksamkeit der Kündigung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Es könne nicht sein, dass eine Kündigung vor Ablauf der 30-tägigen Frist ausgesprochen werde, vollkommen ungeachtet dessen, ob der Restausstand allenfalls einen Tag oder einige wenige Tage später erst bezahlt werde. Ausgewiesenermassen sei am 6. September 2021 ein weiterer Teilbetrag der Miete in Höhe von CHF 400.00 bezahlt worden. Das reiche vor dem Hintergrund, dass der Mietzins CHF 3200.00 betrage, aus […].

7.6.2 Würdigung

7.6.2.1 Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen (Art. 257d Abs. 2 OR). Der Vermieter hat den Ablauf der Zahlungsfrist abzuwarten, bevor er die Kündigung aussprechen darf. Eine während laufender Zahlungsfrist erfolgte Kündigung ist nichtig (Roger Weber, a.a.O., N 9 zu Art. 257d OR; Higi/Bühlmann, a.a.O., N 47 zu Art. 257d OR). Beruft sich der Mieter aber auf die nicht eingehaltene 30-tägige Zahlungsfrist, ist dies rechtsmissbräuchlich, wenn erwiesen ist, dass er seit der Einstellung seiner Zahlungen nicht mehr ernstlich vorhatte, den Mietzins zu begleichen (Urteil des Bundesgerichts 4A_664/2018 vom 12. März 2019 E. 6.). Einen solchen fehlenden Zahlungswillen hat das Bundesgericht in der Vergangenheit in Fällen angenommen, in denen die Mieter während zehn Monaten (Urteil des Bundesgerichts 4A_664/2018 vom 12. März 2019 E. 6.) und während Jahren (Urteile des Bundesgerichts 4C.196/2006 vom 4. August 2006 E. 2.2; 4C.88/2003 vom 1. Juli 2003 E 3.2) nicht bezahlt haben.
7.6.2.2 Vorliegend haben die Kläger 1 bis 4 den Mietzins für die Monate Januar bis Juni 2021 stets einige Tage bis Wochen zu spät bezahlt. Ab August 2021 bis Dezember 2021 zahlten sie durchgehend nur CHF 3200.00. Ob hier ein mit der oben umschriebenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung vergleichbarer Zahlungsverzug vorliegt, aufgrund dessen geschlossen werden kann, dass die Kläger 1 bis 4 keinen ernstlichen Zahlungswillen mehr hatten kann offenbleiben. Denn vorliegend stellen sich die Kläger 1 bis 5 auf den Standpunkt, es sei nur ein Mietzins in Höhe von CHF 3200.00 vereinbart worden. Auf diese Prozesserklärung sind sie zu behaften. Daraus geht ohne Weiteres hervor, dass sie nicht ernstlich vorhatten, den effektiven Mietzins in Höhe von CHF 6200.00 zu bezahlen. Nun geltend zu machen, die Beklagten 1 und 2 hätten zu früh gekündigt, ist ein Anwendungsfall des "venire contra factum proprium" (vgl. Lehmann/Honsell, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl. 2022, N 43 ff. zu Art. 2 ZGB). Da die Kläger 1 bis 5 von einem vereinbarten Mietzins in Höhe von CHF 3200.00 ausgegangen sind, hatten sie so oder anders nicht vor, innerhalb der Zahlungsfrist den tatsächlich geschuldeten Mietzins in Höhe von CHF 6200.00 zu bezahlen. Die Rüge der nicht eingehaltenen Frist ist daher widersprüchlich und nicht zu schützen. Entsprechend schadet den Beklagten 1 und 2 der misslungene Beweis der eingehaltenen Zahlungsfrist nicht.

7.7 Übrige Voraussetzungen der Kündigung und Fazit

7.7.1 Die Kündigung hat bei Wohnräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats zu erfolgen (Art. 257d Abs. 2 OR). Bei der Miete von Wohnräumen hat die Kündigung schriftlich und unter Verwendung des amtlich genehmigten Kündigungsformulars zu ergehen (Art. 266l OR). Bei der Kündigung einer Familienwohnung sind ferner die Grundsätze separater Zustellung zu beachten (Art. 266n OR).

7.7.2 Nach den übereinstimmenden Parteivorbringen und in Einklang mit den eingereichten Urkunden haben die Beklagten 1 und 2 das vom Kanton Appenzell Ausserrhoden genehmigte Formular verwendet. Auch haben sie die Kündigung sämtlichen Mietvertragsparteien – zusätzlich sogar dem Kläger 5 – zugestellt […]. Sowohl die Kündigungsfrist als auch der Kündigungstermin sind eingehalten worden.

7.7.3 Insgesamt sind sämtliche Voraussetzungen der Zahlungsverzugskündigung erfüllt. Die Beklagen 1 und 2 haben das mit den Klägern 1 bis 4 bestehende Mietverhältnis wirksam per 31. Oktober 2021 gekündigt. Das klageweise gestellte Rechtsbegehren Nr. 1 ist daher auch in Bezug auf die Kläger 1 bis 4 abzuweisen.

8. Missbräuchlichkeit der Kündigung

[…]

8.2 Würdigung

8.2.1 Eine Zahlungsverzugskündigung kann missbräuchlich sein, wenn der ausstehende Betrag unbedeutend war. Eine unwesentliche Geringfügigkeit ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, weil sie dem Mieter die Möglichkeit eröffnet, seine Zahlung zu verweigern, ohne damit eine Kündigung gemäss Art. 257d OR befürchten zu müssen (BGE 140 III 591 E. 2). Das Bundesgericht hat die Zahlungsverzugskündigung in der Vergangenheit als zulässig erachtet, als ein Zahlungsrückstand von CHF 540.00 (Urteil des Bundesgerichts 4A_88/2013 vom 17. Juli 2013 E. 6.3), von CHF 286.00 (BGE 120 II 31 E. 4b) und von CHF 164.65 (BGE 140 III 591 E. 2) vorgelegen hat.

8.2.2 Vorliegend war zum Zeitpunkt der Kündigung ein Betrag in Höhe von CHF 3400.00 überfällig. Vor dem Hintergrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich dabei klarerweise nicht um einen unbedeutenden Fehlbetrag, welcher die Kündigung als missbräuchlich erscheinen lässt. Dies gilt umso mehr, als die Zahlungen bereits seit Frühling 2021 nicht mehr rechtzeitig geleistet worden sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_585/2010 vom 2. Februar 2011 E. 4.1).

8.2.3 Auch ist die Kündigung nach Art. 271 Abs. 1 OR anfechtbar, wenn sie aus anderen Gründen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Art. 271a OR enthält in Abs. 1 einen nicht abschliessenden Katalog möglicher Missbrauchskündigungen. Der vorliegende Sachverhalt ist in diesem Katalog nicht enthalten, weshalb auf die Generalklausel von Art. 271 Abs. 1 OR abzustellen ist. Für die Missbräuchlichkeit einer Zahlungsverzugskündigung bedarf es besonderer Umstände (BGE 120 II 31 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts 4A_739/2011 vom 3. April 2012 E. 4.2).

8.2.4 In einem ersten Schritt ist das für die Frage nach der Treuwidrigkeit massgebende Verhalten der kündigenden Partei zu bestimmen. Zu beurteilen sind insbesondere die kundgegebenen Kündigungsmotive, die Umstände der Kündigung, die vertraglichen Beziehungen der Parteien und das Verhalten der Parteien im Zusammenhang mit der Kündigung. Nicht massgebend sind alle übrigen Umstände, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Kündigungsbegründung stehen sowie jene Tatsachen, die Fragen der Kündigungsberechtigung beschlagen. Denn diese sind Voraussetzung der gültigen Kündigung (Higi/Bühlmann, Zürcher Kommentar, Obligationenrecht, Die Miete, Art. 269 - 273c OR, 5. Aufl. 2022, N 52 - 54 zu Art. 271 OR).

8.2.5 Nach dem Gesagten ist der Umstand, dass die Parteien einen gemischten Vertrag (Kauf-/Mietvertrag) geschlossen haben, zu berücksichtigen (Higi/Bühlmann, a.a.O., N 58 zu Art. 271 OR). Die Kläger 1 bis 5 machen geltend, die Kündigung stehe in einem offenkundigen Missverhältnis der auf dem Spiel stehenden Interessen der Parteien. Ein Missverhältnis der Interessen ist von vornherein nur in krassen Fällen geeignet, die Missbräuchlichkeit einer Kündigung zu begründen. Trifft die Kündigung den Mieter in ihren Folgen hart, so trägt das Gesetz dem mit der Möglichkeit der Erstreckung eines Mietverhältnisses Rechnung (Higi/Bühlmann, a.a.O., N 79 zu Art. 271 OR). Einen solch krassen Fall erkennen die Kläger 1 bis 5 in den umfangreichen finanziellen Leistungen, die sie auch in Absicht des Kaufes der Liegenschaft erbracht hätten. Es ist wohl anzunehmen, dass die Parteien einen tieferen Mietzins vereinbart hätten, wenn nur ein Mietvertrag und nicht ein gemischter Vertrag geschlossen worden wäre. Insofern trifft die Kündigung die Kläger 1 bis 5 tatsächlich hart. Jedoch haben sie mit dem Zahlungsrückstand den Kündigungsgrund selbst gesetzt. Zudem haben die Beklagten 1 und 2 bestätigt, dass die Kläger 1 bis 5 das Kaufrecht trotz Kündigung noch ausüben könnten […]. Dies ergibt sich auch aus dem Kaufrechtsvertrag vom 11. April 2019 […]. Die gegenteilige Bestimmung im Miet-/Kaufvertrag vom 8. Februar 2019, wonach das Kaufrecht bei Zahlungsverzug von der Vermieterschaft einseitig gelöscht werden könne, dürfte mangels Einhaltung der erforderlichen Form unwirksam sein (vgl. Art. 216 Abs. 1 OR). Auch wenn die Kündigung die Kläger 1 bis 5 hart trifft, verfügen die Beklagten 1 und 2 über ein gewichtiges Interesse, bei Zahlungsverzug die Kündigung des Mietverhältnisses auszusprechen. Da die Kläger 1 bis 4 ihre mietvertragliche Hauptleistungspflicht nicht mehr erfüllen, nämlich die Leistung des vereinbarten Mietzinses, haben auch die Beklagten 1 und 2 ihre Hauptleistungspflicht nicht mehr zu erfüllen, nämlich die Überlassung der Sache zum Gebrauch. Unter Würdigung dieser Umstände ist von keinem Missverhältnis der auf dem Spiel stehenden Interessen auszugehen. Das klageweise gestellte Rechtsbegehren Nr. 2 ist daher auch in Bezug auf die Kläger 1 bis 4 abzuweisen.
[…]
Demnach wird entschieden:

1. Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.
2. […]
3. Die Klägerinnen und Kläger 1 - 5 werden verpflichtet, das Mietobjekt, 7 ½ Zimmer-EFH und die 3 ½-Zimmer-Wohnung inkl. der drei Garagen, der Liegenschaft X., innert 14 Tagen nach Vollstreckbarkeit des Entscheides vollständig geräumt und in gereinigtem Zustand zu verlassen und den Beklagten sämtliche Schlüssel auszuhändigen.

Decisione

62/3 - Kündigung während Zahlungsfrist?

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