Kündigung / Erstreckung

base giuridica

Nome del giudice

Obergericht Zürich

Data

07.09.2005

Sommario

Eine Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt eines Missverhältnisses hat zwar auch schon bei der Kündigung ihren Platz, darf aber nicht im Sinne des Erstreckungsrechts ausfallen, da dieses sonst reine Makulatur bliebe.

Esposizione dei fatti

Die Beklagte ist seit Mitte Oktober 2000 Mieterin eines Werkstatt- und eines Büroraumes sowie eines Vorplatzes, wo sie eine Industriebäckerei für türkische und balkanische Backwaren betreibt. Der monatliche Mietzins beträgt Fr. 2'050.--. Ein schriftlicher Mietvertrag besteht nicht, es liegt lediglich ein nicht unterzeichneter Vertragsentwurf vor. Der Kläger kündigte der Beklagten mit amtlichem Formular vom 23. September 2002 den Mietvertrag auf den 31. März 2003 mit der Begründung "Eigenbedarf: Betrieb eines Handelsunternehmens mit Lager und Service". Die Kündigung wurde von der Beklagten mit Eingabe vom 22. Oktober 2002 bei der Schlichtungsbehörde des Bezirks Zürich angefochten. Nachdem keine Einigung zustande gekommen war, erklärte die Schlichtungsbehörde mit Beschluss vom 10. Juni 2003 die Kündigung für ungültig. Daraufhin gelangte der Kläger mit Eingabe vom 20. Juni 2003 an das Mietgericht des Bezirks Zürich. Dieses wies mit Beschluss vom 11. Januar 2005 die Klage ab und erklärte die Kündigung für unwirksam und missbräuchlich. Mit Eingabe vom 21. Januar 2005 erhob der Kläger Berufung an das Obergericht und verlangte, „das angefochtene Urteil des Mietgerichtes Zürich vom 11. Januar 2005 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Kündigung vom 23. September 2002 mit Wirkung auf den 31. März 2003 gültig ist und es sei der Beklagten das Mietverhältnis einmal und definitiv angemessen, längstens jedoch bis zum 30. September 2005 zu erstrecken.“

Considerazioni

2. [Zusammenfassung: Umstritten ist die Frage einer allfällig vereinbarten Mindestmietvertragsdauer. Das Obergericht hält fest, dass aufgrund des Beweisverfahrens vorliegend von einer vereinbarten Mindestmietvertragsdauer von fünf Jahren auszugehen ist.]

3.a)  Ist das Mietverhältnis auf fünf Jahre befristet, so ist gemäss dem hier anwendbaren Art. 266a Abs. 2 OR die Kündigung per 30. September 2005 gültig, es sei denn, die Kündigung erweise sich als missbräuchlich im Sinne von Art. 271 ff. OR. [...]

b)aa) Die Vorinstanz hat die Kündigung wegen Bestehens eines erheblichen Missverhältnisses der Interessen als missbräuchlich erklärt und hat die Interessen der Beklagten gegenüber denjenigen des Klägers höher gewichtet. So würde die Kündigung für die Beklagte einen existenzgefährdenden Nachteil wegen schwieriger Suche nach Ersatzräumlichkeiten und wegen fehlender Amortisation der getätigten Investitionen bedeuten. Demgegenüber erwiesen sich die Interessen des Klägers als geringfügiger, da dieser finanziell nicht auf den beabsichtigten Handelsbetrieb angewiesen sei bzw. vielmehr lediglich einem Hobby nachzugehen gedenke. Auch liege ein widersprüchliches Verhalten des Klägers bei Vertragsabschluss vor, welches die Kündigung wiederum missbräuchlich erscheinen lasse, habe sich doch der Kläger so verhalten, dass die Beklagte von einem langandauernden Mietverhältnis ausgehen durfte (vgl. zum Ganzen bezüglich treuwidrigem Verhalten ZK-Higi, N 55 zu Art. 271 ZGB).

bb) Im Gegensatz zur Vorinstanz, welche die Missbräuchlichkeit der Kündigung ausgehend vom in der Kündigung angegebenen Termin vom 31. März 2003 beurteilt hatte, ist diesbezüglich vorliegend vom 30. September 2005 auszugehen. So ist für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Kündigung die Wirkung derselben und nicht der vom Vermieter angegebene Termin ausschlaggebend.
Eine Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt eines Missverhältnisses hat zwar auch schon bei der Kündigung ihren Platz, doch darf sie nicht im Sinne des Erstreckungsrechts gemäss Art. 272 OR ausfallen, da dieses ansonsten reine Makulatur bliebe. Eine Treuwidrigkeit aufgrund eines Missverhältnisses der Inte¬ressen ist denn auch nur in krassen Fällen bzw. bei einem erheblichen Missverhältnis anzunehmen (vgl. ZK-Higi,
N 79 f. zu Art. 271 OR; Weber, in: Basler Kommentar, N 6 zu Art. 271/271a OR), so z.B. bei einer ordentlichen Kündigung des Vermieters wegen einer kleinen Vertragsverletzung des Mieters (z.B. Wäsche wurde einmal in der Waschmaschine liegen gelassen) bzw. weil der Mieter ausnahmsweise und bloss um zwei Tage im Verzug war oder die Kündigung des Vermieters kurz nach der Vermietung von Zusatzräumlichkeiten zum Zwecke der Betriebsvergrösserung (ZK-Higi, N 81 zu Art. 271 OR; Basler-Kommentar, N 5 zu Art. 271/271 a OR). Der vorliegende Fall, wo die Beklagte fünf Jahre in den Mieträumlichkeiten bleiben konnte, ist in keiner Weise mit diesen Beispielen vergleichbar. Vielmehr sind die Interessen der Parteien und deren allenfalls stossendes Verhalten bei Vertragsabschluss bzw. während des Mietverhältnisses unter dem Aspekt des Erstreckungsrechts zu beurteilen. Das Gleiche gilt für die von der Vorinstanz angenommene Missbräuchlichkeit der Kündigung aufgrund angeblich widersprüchlichen Verhaltens des Klägers. Aus dem Verhalten des Klägers bei Vertragsabschluss sowie auch der Mithilfe seines Sohnes beim Einrichten der Bäckerei können keine weiteren Zusagen herausgelesen werden, als dass das Mietverhältnis mindestens fünf Jahre dauere. Zum Schutz vor einer entsprechend verfrühten Kündigung dient wiederum Art. 266a OR.

c) Die Kündigung erweist sich demnach als gültig.

Decisione

40/10 - Kündigung / Erstreckung

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