Keine Überwälzung von Brandschutzmassnahmen

base giuridica

Nome del giudice

Mietgericht Zürich

Data

24.06.2003

Sommario

Investitionen für die Installierung von Brandschutzmassnahmen können nicht mittels Mietzinserhöhung gemäss Artikel 269a lit. b OR auf die Mietenden überwälzt werden. Die zur Einhaltung des öffentlichen Rechts getätigten Investitionen beheben nur einen Mangel und versetzen das Mietobjekt wieder in einen tauglichen Zustand.

Esposizione dei fatti

Mit Mietvertrag vom 17. Dezember 1975 vermietete die Klägerin der Beklagten einen Gewerberaum von ca. 730 m2 zur Verwendung als "Büro, Lager und Fabrikation". Mit Mietvertrag vom 3. Mai 1995 vermietete die Klägerin der Beklagten zudem ab dem 4. Oktober 1995 in derselben Liegenschaft ca. 170 m2 Gewerberäumlichkeiten im dritten Obergeschoss zur Verwendung als "Lager-/Büroräumlichkeiten".
Nach einer Sanierung im Jahre 2001, bei welcher Brandschutzmassnahmen installiert und Elektroinstallationen in den Mieträumlichkeiten der Beklagten verbessert worden waren, teilte die Klägerin der Beklagten mit amtlichem Formular vom 11. März 2002 für das Mietobjekt 1 eine Erhöhung des Nettomietzinses von Fr. 18'555.- auf Fr. 20'439.- pro Quartal mit. Mit amtlichem Formular vom ebenfalls 11. März 2002 teilte die Klägerin der Beklagten sodann für das Mietobjekt 2 mit gleichlautender Begründung und identischen Parametern auf den 1. Oktober 2002 eine Erhöhung des Nettomietzinses von Fr. 7'095.- auf Fr. 7'827.- pro Quartal mit.
Mit Eingaben vom 11. April 2002 focht die Beklagte diese Mietzinserhöhungen bei der Schlichtungsbehörde des Bezirkes Zürich fristgerecht an. Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 22. Juli 2002 wurden die beiden Verfahren vereinigt. Eine Einigung zwischen den Parteien konnte nicht erzielt werden. Mit Eingabe vom 21. August 2002 prosequierte die Klägerin die Klage fristgerecht ans Mietgericht.
Zur Begründung der Klage brachte die Klägerin im Wesentlichen vor, dass mit den in Rede stehenden Arbeiten eine umfassende Raumerneuerung im Sinne von Art. 14 VMWG erfolgt sei, weshalb sich eine Pauschalisierung der Kostenabwälzung von 50% bis 70% rechtfertige.
Die Beklagte hingegen machte geltend, eine umfassende Überholung im Sinne von Art. 14 VMWG müsse stets auch eine Mehrleistung im Sinne von Art. 269a lit. b OR sein. Investitionen zur Einhaltung der feuerpolizeilichen Gesetzesbestimmungen gehörten aber eher zum Unterhalt der Mietsache und seien Teil des vertragsgemässen Zustands. Ein Mieter habe Anspruch darauf, dass seine Überlebenschancen im Falle einer Feuersbrunst den Minimalanforderungen der feuerpolizeilichen Vorschriften entsprächen. Änderten diese, so habe der Vermieter die Aktualisierung ohne Mietzinserhöhung zu bestreiten.

Considerazioni

2.1 (...)
In der Praxis kommt es häufig vor, dass gleichzeitig wertvermehrende und werterhaltende Investitionen vorgenommen werden. Grundsätzlich lässt das Gesetz nur die Überwälzung von wertvermehrenden Investitionen zu, weshalb diese anhand einer detaillierten Abrechnung ausgeschieden werden müssen. Von dieser Vorgehensweise kann gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 VMWG bei sogenannten umfassenden Überholungen abgesehen werden. Diese gelten in der Regel zu 50% bis 70% der Kosten als wertvermehrende Investitionen. Eine Sanierung ist dann umfassend, wenn sie offensichtlich über den normalen Unterhalt hinausgeht, mehrere Teile der Liegenschaft betrifft und im Verhältnis zu den Mietzinsen hohe Kosten verursacht (Lachat/Stoll/Brunner, Mietrecht, Zürich 1999, S. 335, unter Hinweis auf BGE 110 II 407 f.). Die besondere Regelung für umfassende Überholungen bezweckt einerseits, den Vermieter durch eine vereinfachte und für ihn oft auch vorteilhafte Abrechnungsart zur Sanierung älterer Bauten zu ermuntern oder ihn wenigstens nicht davon abzuhalten. Andererseits soll die insbesondere bei grösseren Umbauarbeiten oft schwierige Unterscheidung zwischen reinen Unterhalts- und wertvermehrenden Arbeiten durch einen Pauschalsatz von 50% bis 70% erleichtert werden. Wenn die einzelnen Arbeiten hingegen konkret als wertvermehrend oder werterhaltend qualifiziert werden können, gelangt der Pauschalansatz von 50% bis 70% nicht zur Anwendung (ZK-Higi, N 381 f. zu Art. 269a OR; Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 334; BGE 118 II 417 f.). Eine Mietzinserhöhung ist in diesem Fall nur nach Massgabe der effektiven Mehrleistungen zulässig (vgl. zum Gesamten neuesten Bundesgerichtsentscheid 4C.287/2001 vom 26. März 2002, auf deutsch übersetzt und publiziert in MRA 3/2002 S. 96 ff. und mp 4/02 S. 213 ff. mit Hinweisen auf weitere Entscheide).

2.2 Im vorliegenden Fall steht – nebst den nicht strittigen Positionen Teuerungsausgleich und Kostensteigerungen – nur die Überwälzung der Kosten von zwei Arbeitsgattungen – nämlich die Verbesserung des Personen- und Sachschutzes (Installierung von Brandschutzmassnahmen) sowie der Einbau der Beleuchtungsanlage (Verbesserung der Elektroinstallationen) – zur Diskussion. Denn die Klägerin hat in der umstrittenen Mietzinserhöhung vom 11. März 2002 nur darauf Bezug genommen. Wenn sich aber die Arbeiten wie im vorliegenden Fall auf – lediglich – zwei klar umrissene Arbeitsgattungen beziehen, ist gemäss dem Bundesgericht zu prüfen, ob der werterhaltende und wertvermehrende Anteil ermittelt werden kann, da – wie erwähnt – die individuelle Bestimmung der wertvermehrenden bzw. werterhaltenden Kostenanteile gemäss Art. 14. Abs. 1 Satz 1 VMWG der Pauschalregelung mit einer Überwälzung von 50% bis 70% gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 VMWG vorgeht (vgl. Bundesgerichtsentscheid vom 26. März 2002, a.a.O.). Es kann daher offen gelassen werden, weshalb die von der Feuerpolizei geforderten Brandschutzmassnahmen nicht bereits im Rahmen der umfassenden Sanierungsarbeiten in den Jahren 1997/98 vorgenommen wurden, namentlich ob dies auf das Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten zurückzuführen gewesen sei. Denn selbst die Ausführung zweier Arbeitsgattungen vermöchte nicht zur Bejahung des Vorliegens einer umfassenden Sanierung im Sinne des Art. 14 VMWG zu führen, da es dafür nach dem Gesagten mehr braucht. Hinzu kommt, dass – wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird – die Klägerin die Kosten der Brandschutzmassnahmen ohnehin nicht der Beklagten hätte überbinden können, auch nicht im Rahmen einer umfassenden Sanierung, sondern wären die entsprechenden Kosten aus der Bauabrechnung zu streichen gewesen. (...)

2.3 In casu sind die ausgeführten Arbeiten und das dafür bezahlte Entgelt in der Höhe von Fr. 406'522.65 nicht bestritten. Die Bauarbeiten in den Mieträumlichkeiten der Beklagten umfassten einerseits die Installierung von Brandschutzmassnahmen (Brandschutzabschottungen, Gipserarbeiten, Schreinerarbeiten und Malerarbeiten) und andererseits die Verbesserung der Elektroinstallationen. Die Parteien sind sich einig, dass die Elektroinstallationen dank neuen Kabelkanälen und Steckdosen sowie Verdoppelung der Anzahl der Leuchten wertvermehrend verbessert wurden. Strittig ist somit nur der wertvermehrende Charakter der neuen Brandschutzmassnahmen.

2.4 Die Brandschutzmassnahmen wurden von der Klägerin installiert, um – wie bereits erwähnt – die Räumlichkeiten den feuerpolizeilichen Gesetzesbestimmungen anzupassen. Die Einhaltung der Regeln des öffentlichen Rechts gehört zur Pflicht des Vermieters, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten (ZK-Higi, N 40 zu Art. 256 OR). Genügt das Mietobjekt den geänderten öffentlich-rechtlichen Gesetzen nicht mehr, besteht ein Mangel im Sinne der Art. 259 ff. OR, welcher vom Vermieter zu beseitigen ist. Die vom Vermieter zur Einhaltung des öffentlichen Rechts getätigten Investitionen beheben somit nur diesen Mangel und versetzen das Mietobjekt wieder in einen tauglichen Zustand. Sie verschaffen dem Mietobjekt – in der Regel – jedoch keinen Mehrwert im Sinne von Art. 269a lit. b OR (Urteil Cour de justice civile de Genève vom 28. September 1987, publiziert in: Mit. 22 Nr. 2, S. 9, gemäss welchem die Anpassung eines Tanks an behördliche Vorschriften nicht als wertvermehrende Verbesserung zu qualifizieren ist). Die Investitionen für die Installierung der Brandschutzmassnahmen haben somit rein werterhaltenden Charakter und rechtfertigen daher keine Mietzinserhöhung gemäss Art. 269a lit. b OR. Die Investitionen der Klägerin sind somit in wertvermehrende (Elektroinstallation) und werterhaltende (Brandschutzvorkehrungen) Arbeiten aufzuteilen, deren Frankenbeträge sich aufgrund der detaillierten Bauabrechnung vom 13. März 2002 festlegen lassen.

Decisione

38/8 - Keine Überwälzung von Brandschutzmassnahmen

Ritorno