Fehlende Passivlegitimation

base giuridica

Nome del giudice

Bezirksgericht Prättigau/Davos

Data

29.01.2004

Sommario

Der Beklagte hat die Liegenschaft seiner Tochter abgetreten und verfügt nur noch über ein Wohnrecht. Die Klage der Mieter auf Herabsetzung des Mietzinses wird deshalb mangels Passivlegitimation abgewiesen.

Esposizione dei fatti

Am 4. Mai 1995 haben die Parteien einen Mietvertrag über eine 3-Zimmer-Wohnung abgeschlossen. Am 20. August 2002 haben die Mieter Herrn W. ein Mietzinsherabsetzungsbegehren unterbreitet. Dieser lehnte das Ersuchen ab. Mit Eingabe vom 23. September 2002 gelangten die Mieter an die Schlichtungsbehörde. Es wurde jedoch keine Einigung erzielt. Mit Prozesseingabe vom 20. Dezember 2002 prosequierten die Mieter den Entscheid der Schlichtungsbehörde an das Bezirksgericht Prättigau/Davos.

Considerazioni

5. Veräussert der Mieter die Sache nach Abschluss des Mietvertrages oder wird sie ihm in einem Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren entzogen, so geht das Mietverhältnis mit dem Eigentum an der Sache auf den Erwerber über (Art. 261 Abs. 1 OR). Dem neuen Eigentümer setzen Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung indes gewisse Schranken, wenn er das Mietverhältnis aufkündigen möchte. Ein Eigentumswechsel tangiert das Mietverhältnis also nur insoweit, als die Kündbarkeit der Miete durch den neuen Eigentümer zur Debatte steht. Gemäss Art. 261a OR ist Art. 261 OR sinngemäss anwendbar, wenn der Vermieter einem Dritten ein beschränktes dingliches Recht einräumt und dies einem Eigentümerwechsel gleichkommt.

a) Im Rahmen der schriftlichen Auskunft vom 7. Mai 2003 wies der Obmann der Kantonalen Schätzungskommission 3 "lediglich der guten Ordnung halber" darauf hin, dass Herr W. W. – der Beklagte – seit dem 31. Dezember 2000 nicht mehr Besitzer der Liegenschaft sei. Seit diesem Datum sei dessen Tochter, Frau E. J. neue Eigentümerin. Offenbar hat sich der klägerische Rechtsanwalt in der Folge beim Grundbuchamt Davos erkundigt. Dabei sei herausgekommen, dass Frau J. ihren Eltern ein Wohnrecht eingeräumt habe. Eigene Abklärungen des Gerichts beim Grundbuchamt Davos haben ergeben, dass die hier interessierende Wohnung per 19. Dezember 2000 vom Beklagten an dessen Tochter E. J. auf Rechnung künftiger Erbschaft abgetreten wurde. Zugleich räumte E. J. ihren Eltern W. und M. W. am gleichen Grundstück ein lebenslängliches, unübertragbares, unentgeltliches und unvererbliches Wohnrecht im Sinne von Art. 776 ff. ZGB ein. Gemäss den besonderen Bestimmungen des Abtretungsvertrags erfolgte der Besitzesantritt der Übernehmerschaft E. J. per 31. Dezember 2000, die Eigentumsübertragung fand indes per 19. Dezember 2000 statt. Gemäss Eintragungsbescheinigung wurde der Abtretungsvertrag soweit ihm dinglicher Charakter zukommt, am 19. Dezember 2000 in das Grundbuch der Gemeinde Davos eingetragen.
Demnach war es vorliegend so, dass W. W. sein Alleineigentum an seine Tochter auf Anrechnung künftiger Erbschaft abgetreten und somit veräussert hat im Sinne von Art. 261 Abs. 1 OR; sogleich aber hat die neue Eigentümerin – und demnach Vermieterin im Sinne von Art. 261 OR – ihren Eltern daran ein beschränktes dingliches Recht eingeräumt gemäss Art. 261a OR.

b) Vorliegend steht fest, dass der Beklagte seit dem 19. Dezember 2000 nicht mehr Alleineigentümer der hier interessierenden Mietwohnung ist. Folglich ist er mit Rücksicht auf Art. 261 Abs. 1 OR seit diesem Tag nicht mehr Vermieter der Kläger. Demnach ist die Klage mangels Passivlegitimation abzuweisen. Weiter steht fest, dass W. W. und dessen Gattin an der hier interessierenden Liegenschaft ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnrecht besitzen. Demnach wäre die Klage selbst dann mangels Passivlegitimation abzuweisen, wenn man der – unzutreffenden – Auffassung des klägerischen Rechtsvertreters folgen würde, wonach sich die Passivlegitimation aus dem Umkehrschluss von Art. 261a OR ergebe. Denn diesfalls hätten die Kläger W. W. und M. W. einklagen müssen, nachdem beide ein dingliches Recht am Mietobjekt besitzen. Dass der klägerische Rechtsvertreter in Kenntnis dieses Sachverhalts – in seinem Plädoyer sprach der Rechtsanwalt explizit davon, Frau J. habe "ihren Eltern" ein Wohnrecht eingeräumt – mit Eingabe vom 11. November 2003 dennoch "einen Vorabentscheid im Sinne von Art. 94 Abs. 1 ZPO über die Frage der Passivlegitimation" beantragte, die Klage indes nicht zurückgezogen hat, erstaunt.

c) Wie sich aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut von Art. 261 Abs. 2 und 3 OR ergibt, betreffen die dort angebrachten Vorbehalte, wie bereits ausgeführt, Kündigungsverhältnisse. Vorliegend steht nun aber eine Kündigung nicht zur Diskussion, sondern es geht um ein Mietzinsherabsetzungsbegehren der Mieter. Folglich bleibt es beim Grundsatz des Art. 261 Abs. 1 OR, wonach das Mietverhältnis mit dem Erwerb der Sache auf den Erwerber der Mietsache übergeht, und zwar mit allen Rechten und Pflichten; somit ein gesetzlicher Vertragsparteiwechsel stattfindet. Dies hatte zur Folge, dass nicht nur alle im Augenblick des Eigentumsüberganges bestehenden, sondern ebenfalls alle künftigen Rechte und Pflichten der Mieter- und Vermieterschaft aus dem bestehenden Mietverhältnis von Gesetzes wegen (unverändert) per 19. Dezember 2000 auf die Erwerberin E. J. übergegangen sind. Gegen den Parteiwechsel kann sich der Mieter nicht anders als durch eine ordentliche Kündigung wehren, es sei denn, es wären die Voraussetzungen von Art. 266g OR erfüllt (Higi, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band; Obligationenrecht, Teilband V2b: Die Miete, Dritte Lieferung, N 22 zu Art. 261-261a OR), was vorliegend jedoch nicht zur Diskussion steht.

d) Nach Bundesgericht und herrschender Lehre ist die Übertragung der Ausübung eines Wohnrechts ausgeschlossen (Max Baumann, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, IV. Band: Sachenrecht, Teilband IV2a: Die Dienstbarkeiten und Grundlasten, Nutzniessung und andere Dienstbarkeiten, Art. 745-778 ZGB: Nutzniessung und Wohnrecht, 3. Aufl., Zürich 1999, N 27 zu Art. 776 ZGB, mit vielen Hinweisen). Denn das Wohnrecht gestattet seinem Inhaber nur (aber immerhin) den Gebrauch, nicht aber die Nutzung der Sache, und eine Ausübungsübertragung würde ihm die Ziehung ziviler Früchte (Einnahmen aus Vermietung) – und somit die Nutzung der Sache – eben gerade gestatten (Baumann, Zürcher Kommentar, a.a.O., N 28 zu Art. 776 ZGB). Selbst wenn man vorliegend annehmen würde, Tochter E. J. habe ihren Eltern vertraglich gestattet (z.B. konkludent), sie dürften die gegenständlich interessierende Wohnung an das Ehepaar K. vermietet lassen, wäre die Klage abzuweisen, da M. W. nicht auch als beklagte und somit passivlegitimierte Partei ins Recht gefasst worden ist.

e) Das Gesetz kennt keine Pflicht, wonach der Beklagte gehalten gewesen wäre, den Eigentumswechsel seinen (ehemaligen) Mietern anzuzeigen. Das Grundbuch ist öffentlich (Art. 970 Abs. 1 ZGB), so dass die tatsächlichen und aktuellen Eigentumsverhältnisse von den Klägern ohne weiteres hätten in Erfahrung gebracht werden können (Art. 958 Ziff. 1 ZGB). Die Einwendung, man habe eine Grundbucheintragung nicht gekannt, ist ausgeschlossen (Art. 970 Abs. 3 ZGB). Im übrigen wird jeder Handwechsel an einem auf dem Territorium der Landschaft Davos Gemeinde liegenden Grundstück im Aushang beim Rathaus angeschlagen – und zwar unter der eigens hierfür reservierten Rubrik "Handänderungsanzeige" – und somit öffentlich gemacht (Art. 970a Abs. 3 ZGB in Verbindung mit Art. 46a KGBV [BR 217.100]). Vorliegend lag es der klagenden Partei ob, vor Einleitung eines Prozesses sauber abzuklären, wen sie ins Recht zu fassen hat. Diese ihre offensichtlichen Unterlassungen können die Kläger nicht auf den Beklagten abschieben. (Die Klage wird abgewiesen und die Kläger werden verpflichtet, die Gerichtskosten von Fr. 1'500.- zu übernehmen und den Beklagten mit Fr. 5'000.- zu entschädigen).

Decisione

38/5 - Fehlende Passivlegitimation

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