Ermittlung der orts- und quartierüblichen Mietzinse

base giuridica

Nome del giudice

Obergericht des Kantons Uri

Data

20.12.2005

Sommario

Ein Ausgleich von Unterschieden bezüglich der objektiven Kriterien äusserer Beschaffenheit zwischen dem Ausgangsobjekt und den Vergleichsobjekten durch Zu- oder Abschläge am Preis ist – wenn überhaupt – nur bei geringfügigen Abweichungen möglich.

Esposizione dei fatti

Mit Entscheid vom 17. Januar 2005 setzte das Landgerichtspräsidium Uri den Nettomietzins für die Wohnung der Rekursgegnerin von Fr. 1041.– auf Fr. 934.85 pro Monat herab. Gegen diesen Entscheid reichte der Rekurrent als Vermieter beim Obergericht des Kantons Uri Rekurs ein. Er stellte den Antrag, der Entscheid des Landgerichtspräsidiums sei aufzuheben und das Begehren der Mieterin um Herabsetzung des Mietzinses sei abzuweisen.

Considerazioni

3. Art. 274d Abs. 3 OR schreibt den Schlichtungsbehörden und Gerichten vor, dass sie den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen und die Beweise nach freiem Ermessen zu würdigen haben, wobei ihnen die Parteien alle für die Beurteilung des Streitfalls notwendigen Unterlagen vorzulegen haben. Diese Anweisung an die Behörden wird in der Literatur als soziale Untersuchungsmaxime oder gemilderte Verhandlungsmaxime bezeichnet. Bei der sozialpolitisch begründeten Untersuchungsmaxime geht es darum, die wirtschaftlich schwächere Partei zu schützen, die Gleichheit zwischen den Parteien herzustellen, sowie das Verfahren zu beschleunigen. Die Parteien sind jedoch nicht davon befreit, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die allenfalls zu erhebenden Beweise zu bezeichnen. Sie tragen auch im Bereich der Untersuchungsmaxime die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung. Art. 274d Abs. 3 OR schreibt somit keine umfassende Untersuchungsmaxime vor. Dies ergibt sich schon aus dem ausdrücklichen Vorbehalt, wonach die Parteien die entscheidwesentlichen Unterlagen vorzulegen haben (BGE 125 III 238 f. E. 4a m.H.).
Der Vermieter, der sich auf die Orts- und Quartierüblichkeit des angefochtenen Mietzinses beruft, hat dabei die vergleichbaren ihrerseits nicht missbräuchlichen Mietzinse zu behaupten und zu beweisen. Er hat die Orts- und Quartierüblichkeit substantiiert unter Beachtung des von der Rechtsprechung verlangten Nachweises nicht missbräuchlichen Mietzinses für vergleichbare Objekte darzutun (BGE 122 III 262 E. 4b). Er hat insbesondere auch den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vergleichsmietzinse der Senkung des Hypothekarzinssatzes angepasst worden sind (BGE 123 III 317 ff. E. 4d).

4. Massgebend für die Ermittlung der orts- und quartierüblichen Mietzinse i.S. von Art. 269a lit. a OR sind die Mietzinse für Wohn- und Geschäftsräume, die nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode mit der Mietsache vergleichbar sind (Art. 11 Abs. 1 VMWG). Dabei tritt die Quartierüblichkeit dort an die Stelle der Ortsüblichkeit, wenn der Ort, in dem die Sache liegt, über Quartiere verfügt. Zur Quartierbestimmung kann im Regelfall von den in einem Ort gebräuchlichen politischen oder historischen Quartier- und/oder Kreiseinteilungen ausgegangen werden (Peter Higi, Zürcher Kommentar, 4. Aufl., Zürich 1998, N. 30 und 33 zu Art. 269a OR). Die Feststellung von Missbrauch anhand des Kriteriums der Orts- oder Quartierüblichkeit erfolgt im Einzelfall aufgrund der Ermittlung des massgebenden Üblichen (Peter Higi, a.a.O., N. 38 zu Art. 269a OR). Dieses wird grundsätzlich konkret ermittelt, in erster Linie anhand von Vergleichsobjekten, ferner anhand tauglicher Statistiken, nicht jedoch abstrakt, etwa aufgrund von Schätzungen. Die Suche nach dem Üblichen setzt voraus, dass es dem Ausgangsobjekt Vergleichbares gibt. Vergleichbar meint dabei nicht Identisches, sondern – unter landläufigen Massstäben betrachtet – Ähnliches (Peter Higi, a.a.O., N. 45 zu Art. 269a OR). Beim Vergleich ist entweder auf eine verlässliche Statistik abzustellen, oder der Nachweis der Üblichkeit durch eine ausreichende Zahl konkreter, genügend vergleichbarer Objekte zu belegen. Fehlt es, wie vorliegend, an einer verlässlichen Statistik, so ist für den Beleg der Üblichkeit eine repräsentative Anzahl von tauglichen Vergleichsobjekten zu ermitteln. Nach herrschender Lehre und Praxis werden fünf Objekte als dafür ausreichend erachtet (Peter Higi, a.a.O., N. 42 zu Art. 269a OR; Roger Weber, in Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2003, N. 2 zu Art. 269a OR; vgl. auch BGE vom 26.10.2004, 4C.275/2004, E. 3.1). Einem Vergleich genügen aber nur Objekte, die unter dem Aspekt aller von Art. 11 Abs. 1 VMWG aufgestellten Kriterien äusserer Beschaffenheit (Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand, Bauperiode) dem Ausgangsobjekt gleichartig sind. Es wird dabei in der Praxis eher eine Identität als eine Ähnlichkeit der Objekte verlangt. Weicht also ein Objekt nur schon unter einem dieser Kriterien wesentlich vom Ausgangsobjekt ab, so ist die Vergleichbarkeit in Bezug auf dieses Objekt zu verneinen. Ein Ausgleich von Unterschieden bezüglich der objektiven Kriterien äusserer Beschaffenheit zwischen dem Ausgangsobjekt und Vergleichsobjekten (durch Zu- oder Abschläge am Preis) ist deshalb zwangsläufig, wenn überhaupt, nur bei geringfügigen Abweichungen möglich (Peter Higi, a.a.O., N. 63 bis 65 zu Art. 269a OR).
(In der Folge wird eine Vielzahl von Objekten abgelehnt, weil sie wegen Lage, Immissionen oder Ausstattung vom Ausgangsobjekt abweichen oder weil sie demselben Vermieter gehören. Es wird festgestellt, dass es dem Rekurrenten nicht gelungen ist, den Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit zu erbringen, weil er zu wenig vergleichbare Objekte angeboten hat. Der Rekurs wird deshalb abgewiesen und der Entscheid des Landgerichtspräsidiums Uri bestätigt.)


Decisione

42/6 - Ermittlung der orts- und quartierüblichen Mietzinse

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