Ausserordentliche Kündigung

base giuridica

Nome del giudice

Amtsgericht Luzern-Land

Data

17.05.2010

Sommario

Die Pflicht zur Sorgfalt und Rücksichtnahme gilt nicht nur für den Mietenden. Dieser muss sich das Verhalten von Dritten, denen er den Zugang zur Sache oder den Gebrauch der Mietsache gestattet, anrechnen lassen.

Esposizione dei fatti

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine 1-Zimmerwohnung sowie einen Estrich und einen Zusatzkeller. Am 20.10.2009 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis per 30.11.2009. Mit Entscheid vom 4.12.2009 erklärte die kantonale Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht die Kündigung für wirksam und schloss eine Erstreckung des Mietverhältnisses aus.
Mit Klage vom 22.12.2009 zog der Kläger den Entscheid der Schlichtungsbehörde ans Gericht weiter und beantragte festzustellen, dass die Kündigung nicht rechtswirksam erfolgt sei.
Mit Klageantwort vom 1.3.2010 beantragte die Beklagte, ihre Kündigung sei als gültig und wirksam zu erklären. Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, es habe von anderen Mietern Reklamationen wegen Immissionen gegeben. Sie habe den Kläger schriftlich abgemahnt. Überdies habe ein Gast des Klägers der Mietsache schweren Schaden zugefügt, indem er versucht habe, Geld aus dem Münzautomaten in der Waschküche zu stehlen. Weiter habe dieser Gast Weinflaschen aus einem Keller entwendet. Aufgrund dieser diversen schweren Pflichtverletzungen habe sie den Mietvertrag ausserordentlich gekündigt.
Der Kläger machte geltend, er habe nicht gewusst, dass sein Kollege, den er bei sich aufgenommen hatte, deliktisch tätig sei und müsse sich dessen Verhalten nicht anrechnen lassen.

Considerazioni

4. Kündigung von Wohnräumen: Gemäss Art. 271 Abs. 1 OR ist die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Dabei genügt es, wenn die Kündigung ohne schützenswertes Interesse ausgesprochen wird. Ein offenbarer Rechtsmissbrauch ist nicht nötig.
4.1 Die Schlichtungsbehörde hielt in ihrem Entscheid vom 4.12.2009 fest, die Pflicht zu Sorgfalt und Rücksichtnahme gelte nicht nur für den Mieter. Der Mieter sei dem Vermieter als Vertragspartner auch für den sorgfältigen und vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache durch Dritte, denen er den Zugang zur Sache oder den Gebrauch der Mietsache gestatte, verantwortlich. Es sei aufgrund der Akten und mangels Bestreitung durch den Kläger erstellt, dass ein Gast des Klägers einen Münzautomaten in der Waschküche aufgebrochen habe. Das Verhalten seines Gastes sei daher dem Kläger anzurechnen und dieser habe die Folgen der schweren vorsätzlichen Schädigung der Mietsache zu tragen. Das Gesetz stelle für diesen Fall die unwiderlegbare Vermutung auf, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar sei. Die ausserordentliche Kündigung sei daher rechtens. Im Übrigen sei das Verhalten des Klägers als schwere Sorgfaltspflichtver-letzung zu qualifizieren, was die Beklagte nach erfolgter Abmahnung ebenfalls zur ausserordentlichen Kündigung legitimiert hätte (vgl. Entscheid vom 4.12.2009 Erw. 6).
4.2 In seiner Klage vom 22.12.2009 bringt der Kläger vor, die deliktischen Handlungen seines Schulkollegen könnten ihm nicht angelastet werden. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Pflicht zur Sorgfalt und Rücksichtnahme gilt nicht nur für den Mieter. Er ist dem Vermieter gegenüber auch für den sorgfältigen und vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache durch Dritte, denen er den Zugang zur Sache oder den Gebrauch der Mietsache gestattet, verantwortlich (Higi, Zürcher Kommentar, 1994, N 26 zu Art. 257f OR, Lachat/Püntener, Mietrecht für die Praxis, 2009, Kap. 2 Ziff. 1.3.15, SVIT-Kommentar, 2008, N 55 ff. zu Art. 257f OR, Weber, Basler Kommentar, 2007, N 3 zu Art. 257f OR). Ist Art. 101 Abs. 1 OR anwendbar, kann sich der Schuldner – hier der Mieter – nicht von seiner Haftung befreien, indem er beweist, dass ihn kein Verschulden trifft. Vielmehr müsste er nachweisen, dass ihm, hätte er gleich gehandelt wie seine Hilfsperson, keinerlei Verschulden angelastet werden könnte (vgl. Pra 1992 Nr. 81). Der Aufbruch des Münzautomaten in der Waschküche ist als schwere und vorsätzliche Schädigung der Mietsache zu qualifizieren und dem Kläger anzurechnen. Die ausserordentliche Kündigung ist daher als wirksam zu erklären.
4.3 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der Gast des Klägers der Mietsache vorsätzlich einen schweren Schaden zugefügt hat. Dieses Verhalten muss sich der Kläger anrechnen lassen. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses ist der Beklagten – und den anderen Hausbewohnern – nicht zumutbar.

Ergänzend ist anzuführen, dass die Beklagte, selbst wenn man nicht von einer schweren Schädigung der Mietsache im Sinne von Art. 257f Abs. 4 OR ausgehen würde, zur ausserordentlichen Kündigung nach Art. 257f Abs. 3 OR berechtigt wäre. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 10.3.2009 abgemahnt. Die Schädigung des Münzautomaten stellt eine erneute Pflichtverletzung dar, welche die Fortführung des Mietverhältnisses für die Beklagte und die anderen Hausbewohner unzumutbar macht (Lachat/Spirig, Mietrecht für die Praxis, 2009, Kap. 27 Ziff. 3.1.17).
5. Erstreckung des Mietverhältnisses: Bei einer ausserordentlichen Kündigung wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme ist eine Erstreckung ausgeschlossen (Art. 272a Abs. 1 lit. b OR).


Decisione

48/4 - Ausserordentliche Kündigung

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