Zuständige Behörde
Base légale
Nom du tribunal
Landgericht Uri
Date
16.08.2006
Résumé
Bei der Bezeichnung der zuständigen Behörden in Mietstreitigkeiten stützen sich die Kantone auf Artikel 274 OR. Nicht massgeblich ist in diesem Fall die Kompetenzdelegation in Artikel 7 ZPO.
Exposé des faits
Mit Entscheid vom 11. Mai 2006 verpflichtete die Schlichtungsbehörde für
Miete und Pacht des Kantons Uri die Klägerin unter anderem zur Behebung
diverser Mängel und setzte den Mietzins ab 01. Oktober 2003 bis 01.
Juni 2006 um 10% herab. Der Entscheid wurde der Klägerin am 15. Mai 2006
zugestellt.
Mit Klage vom 14. Juni 2006 gelangte die Klägerin an das
Landgericht Uri, verlangte die Aufhebung des Entscheids der
Schlichtungsbehörde des Kantons Uri vom 11. Mai 2006 und stellte diverse
Feststellungsbegehren. Strittig ist, ob die sachliche Zuständigkeit des
angerufenen Landgerichts gegeben ist.
Considérations
2.1 Gemäss Art. 14 des Reglements zum Miet- und Pachtrecht im
Obligationenrecht (RB 9.4222) beurteilt der Landgerichtspräsident als
erste Instanz alle Streitigkeiten, die das Obligationenrecht oder die
Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen dem
Richter zuweisen. Die Klägerin macht geltend, die ZPO bestimme die
Zuständigkeit und Aufgabe der Schlichtungsbehörde und gebe dem
Regierungsrat die Kompetenz, das Nähere in einem Reglement zu ordnen.
Die Kompetenzdelegation beziehe sich aber ausschliesslich auf die
Zuständigkeit und Aufgabe der Schlichtungsbehörde und nicht auf das im
Anschluss an das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde folgende
Gerichtsverfahren. Der Regierungsrat habe somit seine Kompetenz
überschritten, weshalb Art. 14 des Reglements zum Miet- und Pachtrecht
im Obligationenrecht ohne genügende gesetzliche Grundlage und daher
ungültig sei. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Gemäss
Art. 274 OR bezeichnen die Kantone die zuständigen Behörden und regeln
das Verfahren. Die Kompetenz zur Bezeichnung der für die Durchführung
von sämtlichen Verfahren in Mietstreitigkeiten zuständigen Behörden
liegt damit bei den Kantonen. Es steht den Kantonen insbesondere frei,
ob sie für die Beurteilung von Mietstreitigkeiten besondere Fachgerichte
einführen wollen, oder ob die ordentlichen Gerichte im gewöhnlichen,
für alle Zivilstreitigkeiten vorgesehenen Verfahren Mietsachen
beurteilen (SVIT-Kommentar, N 1 f. zu Art. 274-274a OR). Bei der
Ausgestaltung der Verfahrensvorschriften sind indes die vom Bundesrecht
vorgeschriebenen Verfahrensbestimmungen, namentlich im Bereich der Miete
von Wohn- und Geschäftsräumen, zu beachten (SVIT-Kommentar, N 1 zu Art.
274-274a OR). Die Kantone sehen für Streitigkeiten aus der Miete von
Wohn- und Geschäftsräumen ein einfaches und rasches Verfahren vor (Art.
274d Abs. 1 OR). Dieses soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine
rasche Entscheidung ermöglichen. Es soll einfach, also unkompliziert
sein, mit anderen Worten anders als das ordentliche Verfahren in
Zivilstreitigkeiten (ZK-Higi, N 18 zu Art. 274d OR). Raschheit und
Einfachheit bewirkende Mittel in der Verfahrensgestaltung durch die
Kantone sind unter anderem die Verkürzung prozessrechtlicher Fristen und
eingeschränkte Zuständigkeiten, beispielsweise Einzelrichter statt
Kollegialgerichte (ZK-Higi, N 21 zu Art. 274d OR; SVIT-Kommentar, N 2 zu
Art. 274-274a OR). Daraus ergibt sich, dass die Kantone das Verfahren
für Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen in
Abweichung von den Regelungen der ZPO speziell regeln können.
Entsprechend hat der Regierungsrat das Reglement zum Miet- und
Pachtrecht im Obligationenrecht vom 25. Juni 1990 gestützt auf Art. 52
des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches, Art. 274 des Obligationenrechts
und die Verordnung des Bundesrates über die Miete und Pacht von Wohn-
und Geschäftsräumen (VMWG) erlassen, und nicht gestützt auf eine
Kompetenzdelegation in Art. 7 ZPO. Es kann daher nicht gesagt werden,
der Regierungsrat habe beim Erlass des Reglementes seine Kompetenz
überschritten.
Décision
41/10 - Zuständige Behörde