Vorliegen sachdienlicher Belege
Base légale
Nom du tribunal
Mietgericht Zürich
Date
02.02.2007
Résumé
Artikel 14 Absatz 3 VMWG verlangt nicht, dass bei Mitteilung der Mietzinserhöhung bereits eine definitive Bauabrechnung erstellt wurde. Es müssen allerdings sachdienliche Belege vorliegen. Als solche gelten nicht nur Zahlungsbelege oder Handwerkerrechnungen, sondern auch Generalunternehmer- oder Werkverträge, die eine im Voraus festgelegte Zahlungsverpflichtung enthalten.
Exposé des faits
Mit Mietvertrag vom 4. April 1985 mieteten die Beklagten von der
Rechtsvorgängerin der Klägerin ab dem 1. Mai 1985 eine 4½-Zimmerwohnung
im 5. Stock rechts in der Liegenschaft X. Zu einem monatlichen Mietzins
von Fr. 1'182.– netto zuzüglich Fr. 140.– akonto Nebenkosten.
Während der Mietdauer wurde der Mietzins verschiedentlich den veränderten Verhältnissen nach der relativen Methode angepasst.
Mit
amtlichem Formular vom 9. Juni 2005 teilte die Klägerin den Beklagten
per 1. Oktober 2005 eine Erhöhung des monatlichen Nettomietzinses von
bisher Fr. 1'656.– auf Fr. 1'966.– mit. Diese Erhöhung wurde mit
„Hypothekarzinsveränderung, Indexanpassung an die Veränderung des
Landesindexes, Allgemeine Kostensteigerung, mietrechtlich
wertvermehrender Anteil aufgrund Küche-, Bad- und WC-Sanierung“
begründet.
Die Mietzinserhöhung wurde den Beklagten am 13. Juni 2005 versandt.
Mit
Eingabe vom 12. Juli 2005 fochten die Beklagten diese Mietzinserhöhung
fristgerecht bei der Schlichtungsbehörde an. Mit Eingabe vom 1. November
2005 anerkannten die Beklagten bei der Schlichtungsbehörde per 1.
Oktober 2005 einen Nettomietzins von neu Fr. 1'873.50 pro Monat. Mit
Beschluss vom 3. November 2005 nahm die Schlichtungsbehörde davon
Vormerk und stellte für den Fr. 1'873.50 übersteigenden Betrag die
Nichteinigung der Parteien fest.
Mit Eingabe vom 5. Dezember 2005
reichte die Klägerin daraufhin beim Mietgericht fristgerecht Klage ein
mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass ein Nettomietzins von Fr.
1'966.– nicht missbräuchlich sei.
Die Beklagten machen geltend, die
Mietzinserhöhung sei bereits am 9. Juni 2005 ausgesprochen worden,
obwohl zu diesem Zeitpunkt weder eine endgültige Bauabrechnung
vorgelegen habe noch die Arbeiten beendet gewesen seien. Aufgrund der
eingereichten provisorischen Bauabrechnung vom 10. Juni 2005 sei nicht
belegt, dass die geltend gemachte Gesamtsumme von Fr. 2'748'119.90
tatsächlich bezahlt worden sei. Jegliche Zahlungsnachweise fehlten. Eine
provisorische Bauabrechnung stelle keinen sachdienlichen Beleg im Sinne
von Art. 14 Abs. 3 VMWG dar, weshalb die Mietzinserhöhung per 1.
Oktober 2005 nicht möglich sei.
Considérations
2.a ... Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender Investitionen dürfen
erst angezeigt werden, wenn die Arbeiten ausgeführt sind und die
sachdienlichen Belege vorliegen. Bei grösseren Arbeiten sind gestaffelte
Mietzinserhöhungen nach Massgabe bereits erfolgter Zahlungen zulässig
(Art. 14 Abs. 3 VMWG).
Die Mietzinserhöhung datiert vom 9. Juni 2005.
Die Sanierungsarbeiten wurden von der Generalunternehmung Y ausgeführt.
Am 23. Mai 2005 nahm die Klägerin deren Werk ab. Die Mietzinserhöhung
erfolgte somit nach Beendigung der Arbeiten, so dass die erste in Art.
14 Abs. 3 VMWG genannte Voraussetzung eingehalten ist.
Art. 14 Abs. 3
VMWG setzt zweitens voraus, dass alle sachdienlichen Belege vorliegen.
Eine geltend gemachte Mietzinserhöhung muss immer auf gefestigten und
schriftlich ausgewiesenen Kosten beruhen. Daher dürfen bei
wertvermehrenden Investitionen die Erhöhungen erst angezeigt werden,
wenn die Arbeiten ausgeführt und die effektiven Kosten bekannt sind (C.
Alvarez, Die am 1. August 1996 in Kraft getretene Änderung der VMWG, mp
3/96, S. 136). Es geht darum, Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender
Investitionen auf eindeutige und belegte Kosten zu stützen, um klare
Verhältnisse zu schaffen und Anfechtungsverfahren vorzubeugen. Dieses
Anliegen verlangt aber nicht, eine angezeigte Mietzinserhöhung
vollumfänglich für unwirksam zu erklären, nur weil im Zeitpunkt der
Anzeige noch nicht ganz alle Belege vorlagen. Kündigt der Vermieter eine
Mietzinserhöhung an, bevor er im Besitz sämtlicher sachdienlicher
Belege ist, tut er dies allerdings auf eigenes Risiko, dass die nicht
belegten Kosten in einem Anfechtungsverfahren auch dann unberücksichtigt
bleiben, wenn sie vor Abschluss desselben rechtsgenügend belegt werden
können (Urteil des Bundesgerichts 4C.328/2005 vom 9. Dezember 2005, E
1.3, publ. in: mp 1/06, S. 43ff).
Die Beklagten machen geltend, eine
provisorische Bauabrechnung stelle keinen sachdienlichen Beleg dar,
welcher die Klägerin zu einer Mietzinserhöhung wegen Mehrleistungen
berechtige. Erforderlich sei eine definitive Bauabrechnung. Dies ist
insofern richtig, als eine provisorische Bauabrechnung nur in etwa
angibt, wie hoch die Baukosten sind bzw. sein werden. Die in einer
provisorischen Bauabrechnung aufgeführten Zahlen sind zu unbestimmt, als
dass sie verlässliche Angaben zu den tatsächlich angefallenen Baukosten
liefern können. Eine provisorische Bauabrechnung kann daher nicht als
sachdienlicher Beleg im Sinne von Art. 14 Abs. 3 VMWG gelten. Der von
den Beklagten daraus gezogene Umkehrschluss, sachdienliche Belege
bestünden nur, wenn eine definitive Bauabrechnung vorliegt, geht
indessen zu weit. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 VMWG verlangt nicht, dass bei
Mitteilung der Mietzinserhöhung bereits eine definitive Bauabrechnung
erstellt wurde, sondern nur – aber immerhin – dass alle Belege vorliegen
müssen, aufgrund derer eine definitive Bauabrechnung erstellt werden
kann. Es genügt somit, wenn das Ausmass der zu erwartenden Kosten
aufgrund abgeschlossener Verträge (z.B. mit Pauschalwerkpreis) oder
aufgrund der bereits gestellten Unternehmerrechnungen feststeht
(SVIT-Kommentar Mietrecht II, N 74 zu Art. 269a OR). Dies ist der Fall,
wenn Rechnungen oder Werkverträge mit einem festen Werkpreis und einem
festen, im Zeitpunkt der Mietzinserhöhung immer noch gültigen
Zahlungsplan vorliegen, welche die Klägerin bei Mitteilung der
Mietzinserhöhung bereits bezahlt hat oder zumindest vor deren
Inkrafttreten bezahlen wird.
Hinzu kommt, dass nach Art. 14 Abs. 3
Satz 2 VMWG bei grösseren Arbeiten eine gestaffelte Mietzinserhöhung
nach Massgabe bereits erfolgter Zahlungen zulässig ist. Grössere
Arbeiten im Sinne dieser Bestimmung liegen dann vor, wenn die Kosten der
Mehrleistung die durchschnittlichen jährlichen Unterhaltskosten
wesentlich übertreffen oder wenn der Investitionsaufwand ein Mehr- oder
Vielfaches der jährlichen Mietzinseinnahmen beträgt (Rohrer, Änderungen
der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen
[VMWG] vom 26.6.1996, in Kraft seit 1. August 1996, MRA 4/96, S. 146).
Gemäss dem Mieterspiegel vom 1. Februar 2006 betragen die jährlichen
Nettomietzinseinnahmen von Block B rund Fr. 720'000.–. Gemäss
provisorischer Bauabrechnung vom 10. Juni 2005 ist mit Sanierungskosten
von ca. Fr. 2'748'000.– zu rechnen. Die Sanierungskosten machen somit
rund dreieinhalb Mal soviel wie die jährlichen Nettomietzinseinnahmen
aus, so dass grössere Arbeiten im Sinne von Art. 14 Abs. 3 VMWG
vorliegen.
Nach dem Gesagten ist die Klägerin berechtigt, sämtliche
Positionen in die Bauabrechnung einzubeziehen, für welche sie
sachdienliche Belege vorweisen kann, die im Zeitpunkt der
Mietzinserhöhung (9. Juni 2005) vorhanden waren. Dies können zum einen
Zahlungsbelege oder Handwerkerrechnungen sein. Sachdienliche Belege sind
zum andern aber auch Generalunternehmer- oder Werkverträge, die eine im
Voraus festgelegte Zahlungsverpflichtung der Klägerin enthalten.
Décision
42/10 - Vorliegen sachdienlicher Belege