Umfassende Überholung
Base légale
Nom du tribunal
Mietgericht Zürich
Date
15.07.2008
Résumé
Bei einzelnen Investitionen, zum Beispiel einem neuen Wintergarten, kann separat von einer hundertprozentigen Wertvermehrung ausgegangen werden. Gleichzeitig können die übrigen Investitionen als umfassende Überholung im Sinne von Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 VMWG behandelt werden.
Exposé des faits
Mit Mietvertrag vom 26. Juli 1988 mietete die Beklagte ab dem 1. August 1988 eine 3-Zimmerwohnung.
Mit
amtlichem Formular vom 8. Dezember 2006 teilte die Klägerin der
Beklagten eine Erhöhung des Nettomietzinses per 1. April 2007 von bisher
Fr. 685.- auf Fr. 1'268.95 pro Monat sowie der Akontozahlungen für
Heiz- und Warmwasserkosten von bisher Fr. 50.- auf Fr. 80.- und der
Akontozahlungen
für die Treppenhausreinigung/Hauswartung von bisher Fr. 30.- auf Fr.
45.- mit. Die Mietzinsänderung von insgesamt Fr. 583.95 wurde mit der
Hypothekarzinsanpassung von 6.75 % auf 3 % (-26.47 %), der Teuerung von
84.9 auf 100.6 Punkte (+7.40 %) und der Kostensteigerung von Dezember
1990 bis Dezember 2006 um 1 % pro Jahr (+Fr. 109.60) sowie
wertvermehrenden Investitionen (Innensanierung, Balkon, Terrasse,
Wintergarten, Balkontüren, Umgebung) von Fr. 605.- begründet.
Mit
Eingabe vom 4. Januar 2007 focht die Beklagte die Mietzinserhöhung bei
der Schlichtungsbehörde des Bezirkes Zürich fristgerecht als
missbräuchlich an. Anlässlich der am 10. April 2007 durchgeführten
Schlichtungsverhandlung konnten sich die Parteien nicht einigen. Mit
Beschluss vom 10. April 2007 stellte die Schlichtungsbehörde die
Nichteinigung der Parteien fest.
Mit Eingabe vom 8. Mai 2007 liess
die Klägerin die Klage gestützt auf Art. 274f Abs. 1 OR fristgerecht ans
Mietgericht Zürich prosequieren.
Zur Begründung der Klage brachte
der klägerische Rechtsvertreter unter anderem vor, es sei eine
umfassende Innen- und Aussensanierung vorgenommen worden, wobei sich die
Innensanierung nicht auf einen vernachlässigten Unterhalt stütze, sei
doch die letzte umfassende Sanierung anfangs der 80er Jahre erfolgt und
seien bei jedem Mieterwechsel, so auch bei der Beklagten, sämtliche
Wände und Decken gestrichen worden. Zudem sei die Umgebung neu gestaltet
und in den 3-Zimmerwohnungen ein Wintergarten angebaut worden. Die
Klägerin habe im Rahmen der Überwälzungsmöglichkeiten nach Art. 14 VMWG
nicht das Maximum ausgeschöpft, sondern lediglich 60 % der in die Innen-
und Aussensanierung investierten Bausumme überwälzt. Bezüglich der
Wintergärten sei ein wertvermehrender Anteil von 100 % gerechtfertigt,
da die Wohnung vorher über keinen Anbau verfügt habe, weder einen Balkon
noch eine Terrasse. Der verglaste Wintergarten stelle eine
hundertprozentige Neuinvestition dar.
Considérations
4.2. Wintergarten
4.2.1. Bezüglich des Wintergartens liess die
Beklagte zum wertvermehrenden Anteil vorbringen, es sei nicht üblich,
einzelne Arbeitsgattungen aus der Gesamtrechnung herauszunehmen, um
diese separat zu kalkulieren, damit ein besseres Ergebnis erzielt werden
könne. Ansonsten müssten alle Arbeitsgattungen in diesem Sinne
analysiert werden. Die Klägerin hätte die Gesamtsanierung mit einem
wertvermehrenden Anteil zu versehen und das wäre aus ihrer Sicht 60 %,
da das Hinzuschlagen des Wintergartens (wegen der vergleichsweise
geringfügigen Investitionen) zu keinem höheren wertvermehrenden Anteil
führe. Art. 14 Abs. 1 VMWG nenne denn unter anderem auch ausdrücklich
die Vergrösserung der Mietsache, welche zu 50 bis 70 Prozent als
wertvermehrend gelten würde. Betrachte man die Sache dennoch wie die
Klägerin dies möchte, so könne ein wertvermehrender Anteil von 70 %
angenommen werden. Für die Annahme eines wertvermehrenden Anteils von
100 % bleibe die Klägerin sämtliche Beweise schuldig. Nur weil es vorher
keinen Wintergarten gehabt habe, heisse dies nicht, dass die
Wertvermehrung 100 % betrage. Vorher habe es dort eine Wand und ein
Fenster gehabt. Die Wand sei zum Aufstellen von Mobiliar nicht mehr zu
gebrauchen und es werde quasi lediglich das bestehende Zimmer,
respektive die Wohnung ein bisschen vergrössert.
Die Klägerin liess
dagegen vorbringen, beim Wintergarten handle es sich um eine
hundertprozentige wertvermehrende Investition. Sie wäre sogar berechtigt
gewesen, unabhängig von den effektiven Baukosten, für den zusätzlichen
Wohnraum einen marktüblichen Zins für ein zusätzliches Zimmer von 12 m2
zu verlangen. Auf Grund des Ausbaustandards dieses Zimmers wäre ein
zusätzlicher Mietzins von Fr. 230.- bis Fr. 250.- ohne weiteres
gerechtfertigt gewesen. Gestützt auf die effektiven Baukosten ergebe
sich jedoch ein Betrag von Fr. 128.75, welcher als sehr bescheiden und
fair zu bezeichnen sei. Durch die neue Fensterfront und die neue
Balkontüre, welche gegenüber dem alten Fenster bis zum Boden reiche, er-
halte die Wohnung ein höheres Lichtmass. Es sei keine Beeinträchtigung
der Wohnqualität entstanden, da keine Wand entfernt worden sei, an
welcher die Beklagte Mobiliar oder Einrichtungsgegenstände gehabt hätte.
Zudem gebe es genügend Wände im Mietobjekt, um Mobiliar hinzustellen.
4.2.2. Als
Investitionen für wertvermehrende Verbesserungen gilt auch die
Anschaffung/ Installation von bisher nicht vorhandenen Einrichtungen im
Mietobjekt oder in bzw. an der Sache, in der sich das Objekt befindet,
wie beispielsweise der Anbau von Balkonen (ZK-Higi, N 336 zu Art. 269a
OR). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist indes das "zweistufige"
Vorgehen der Klägerin, bezüglich des Wintergartens von einer
hundertprozentigen Wertvermehrung und bezüglich der Aussen- und
Innensanierung von einer umfassenden Überholung im Sinne von Art. 14
Abs. 1 Satz 2 VMWG und somit von einer sechzigprozentigen Wertvermehrung
auszugehen, nicht zu beanstanden, sonderte doch auch das Bundesgericht
in BGE 118 II 415 aus den gesamten Investitionskosten vorab den Mehrwert
für die neue Heizung zu 100 % aus und erklärte es die restlichen
Arbeiten zu 50 % als wertvermehrend. Ebenfalls entgegen der Ansicht der
Beklagten spricht auch der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 VMWG, wonach
umfassende Überholungen zu 50 bis 70 Prozent als wertvermehrend gelten,
nicht dagegen, bei einzelnen Investitionsvermehrungen von einer
hundertprozentigen Wertvermehrung auszugehen. Ein allfälliger Nachteil
infolge Wegfallens einer Wand und des daraus folgenden geringeren
Platzes zum Aufstellen von Mobiliar wird durch den zusätzlichen neuen
Wintergarten und den dadurch neugewonnenen Platz mehr als ausgeglichen.
4.2.3. In Anbetracht des Gesagten sind die Investitionskosten für den Wintergarten zu 100 % als wertvermehrend zu betrachten.
Décision
44/10 - Umfassende Überholung