Kantonsgericht Zug
08.03.2012
Die Mietobjekte wurden im Rohbau vermietet. Instandhaltung und Instandstellung der Infrastruktur wurden bei der Festlegung des Mietzinses berücksichtigt. Die Vermieterin ist nicht verpflichtet, Ausbauten (Lift, neue Bodenbeläge etc.) die über den Mindeststandard hinausgehen, vorzunehmen, da die Mietenden es versäumt haben, dies zum Vertragsinhalt zu machen.
4.2.2 Vorab ist festzuhalten, dass die Beklagten die Mietobjekte am 1. Dezember 2008 ohne Vorbehalt entgegengenommen haben ; jedenfalls lässt sich den Akten ein solcher nicht entnehmen. Wie die Beklagten selber ausführen, wurden weiter in den Mietverträgen keine Zusicherungen über Investitionen, welche die Klägerin auf ihre Kosten vornehmen wird, festgehalten. Vielmehr bestätigten die Beklagten als Mieter bzw. die Beklagte 1 als ehemalige Eigentümerin und Verkäuferin der Liegenschaft unterschriftlich, dass sich die Mietobjekte in einwandfreiem und vertraglich vereinbartem Zustand befänden, weshalb auf eine formelle Übergabe verzichtet werde. Als Zweck der Vermietung wurde der Betrieb einer Appartement-, Büro- und Restaurantvermietung verabredet, wobei sich die Beklagten verpflichteten, für einen wirtschaftlich optimalen Betrieb zu sorgen. Weiter wurden die Mietobjekte mit Mietbeginn 1. Dezember 2008 je befristet auf zwei Jahre gemietet. Die Beklagten hatten zwar das Vorrecht, die Vertragsverhältnisse zu neuen Konditionen zu verlängern. Dazu mussten sie aber ihr Interesse 12 Monate vor Ablauf der bestehenden Mietverträge schriftlich mitteilen, woraufhin die Vermieterin eine Offerte zur Fortsetzung der wiederum befristeten Mietverhältnisse zu unterbreiten hatte. Sodann vereinbarten die Parteien, dass die Gebäude im Rohbau (= Grundausbau) vermietet werden und dass alle darüber hinausgehenden Ausbauten als Mieterausbauten gelten. Zu Veränderungen oder Erneuerungen an den Mietobjekten hatten die Beklagten vorgängig die schriftliche Zustimmung der Klägerin einzuholen. Schliesslich wurde bezüglich Vertragsänderungen Folgendes vereinbart: „Änderungen und Nachträge des vorliegenden Mietvertrages bedürfen zur Gültigkeit der schriftlichen Form. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformvorbehaltes“.
4.2.3 Gemäss Art. 16 Abs. 1 OR wird vermutet, dass die Parteien vor
Erfüllung der vertraglich vorbehaltenen Form nicht verpflichtet sein
wollen. Im Streitfall richtet sich diese Vermutung gegen denjenigen, der
die Vertragsänderung behauptet, obwohl die vorbehaltene Form nicht
eingehalten ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden durch den
Nachweis, dass die als Gültigkeitserfordernis formulierte Formabrede
nachträglich aufgehoben worden ist. Dabei sind an das Gelingen des
Nachweises hohe Anforderungen zu stellen bzw. die formfreie Aufhebung
ist nicht leichthin anzunehmen. Die Übereinkunft, bei einer Abänderung
gleichwohl auf die vorbehaltene Form zu verzichten, muss sich eindeutig
aus den konkreten Verhältnissen ergeben (BGE 4C.92/2002 E. 2.2 ; Urteil
des Kantonsgerichts St. Gallen vom 18. Juni 2007 [BZ.2004.77/78] E. 2b ;
Schwenzer, Basler Kommentar, 5. A., Basel 2011, N11 zu Art. 16 OR).
Die
Beklagten haben den Nachweis nicht erbracht, dass die Klägerin die
behaupteten Investitionen vertraglich zugesichert hat. Die angeblichen
Zusicherungen über Investitionen und Erneuerungen wurden durch die
Klägerin unbestrittenermassen nicht schriftlich festgehalten.
…
4.2.4
Die Beklagten konnten weiter nicht mit den angeblich zugesicherten
Ausbauten rechnen. Ob die Mietsache dem Mieter den vertragsgemässen
Gebrauch tatsächlich gewährleistet, hängt in erster Linie vom
Vertragszweck ab und ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen.
Massgebend ist, was der Mieter unter den konkreten Umständen
vernünftigerweise erwarten darf. Dabei ist auch die Höhe des Mietzinses
von Bedeutung. Bei der Rohbaumiete ist sodann zu beachten, dass der
Gebrauchszweck immer in der vereinbarten Benützung der Sache liegt. Der
Endausbau der Sache durch den Mieter hat aber mit dem vereinbarten
Gebrauch nichts zu tun (Weber, Basler Kommentar, a.a.O., N 4 ff. zu Art.
256 OR ; Zanetti, Ausgewählte Aspekte der Rohbaumiete, mp 2/2011, S. 94
ff.).
Die von den Beklagten aufgeführten Investitionen, wie einen
Lift einzubauen, die Anstriche und teilweise das Mobiliar zu erneuern,
können im Falle der Nichtumsetzung den konkret vereinbarten
Vertragszweck (das Betreiben einer Appartement-, Büro- und
Restaurantvermietung) und damit den vertragsgemässen Gebrauch vorliegend
nicht vereiteln. Die Mietobjekte wurden im Rohbau vermietet und der
Unterhalt sowie der Ersatz (Instandhaltung und Instandstellung) der
Gebäudeteile und der Infrastruktur, die gemäss Schnittstellenpapieren
den Beklagten oblagen, sind bei der Festlegung des Nettomietzinses – wie
in den Mietverträgen festgehalten wird – berücksichtigt worden. Um in
den drei- bzw. vierstöckigen Mietobjekten ein Bürotel zu betreiben sowie
Büros und ein Restaurant zu vermieten, braucht es beispielsweise nicht
notwendigerweise einen Lift. Die Mietobjekte taugen also zum
vorausgesetzten Gebrauch selbst bei dessen Nichtvorhandensein. Weiter
gehören Anstriche und der Ersatz von Möbeln nicht zum Grundausbau,
weshalb bei deren Fehlen bzw. deren Nichtersatz die Tauglichkeit zum
vorausgesetzten Gebrauch der Sache nicht beeinträchtigt oder vermindert
wird. Wenn die Beklagten in Bezug auf den Ausbau der Mietobjekte
besondere Bedürfnisse hatten und diese über den Mindeststandard
hinausgingen, hätten diese aber zum Vertragsinhalt gemacht werden
müssen, wenn die Beklagten daraus Ansprüche ableiten wollen (vgl. Weber,
a.a.O., N 4 zu Art. 256 OR mit Verweis auf BGE 4C.291/2000 E. 4b).
Abgesehen davon, dass keine Zusicherungen für Investitionen bestehen,
haben die Parteien in den zu den Mietverträgen als integrierende
Bestandteile erklären Schnittstellenpapieren festgehalten, dass der
Unterhalt und der Ersatz insbesondere der Boden- und Wandbeläge ebenso
wie der Ausstattungen, also u.a. der Möbel und der Matratzen zu Lasten
der Mieter, das heisst der Beklagten gehen. Ferner sind den Beklagten
deren schriftliche Bestätigungen in den Mietverträgen entgegenzuhalten,
dass sich die Mietobjekte in einwandfreiem und vertraglich vereinbartem
Zustand befinden. Zudem haben sie die Mietobjekte ohne Vorbehalt
entgegengenommen. Der Mieter, der ein Gebäude verkauft und gleichzeitig
von der Käuferin befristet auf zwei Jahre im Rohbau (zurück-)mietet,
kann somit vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass ohne explizite
Vereinbarung ein Lift eingebaut und teilweise Mobiliar ersetzt wird
sowie dass die Boden- und Wandbeläge gestrichen bzw. erneuert werden.
4.2.5 Demzufolge ist festzuhalten, dass die Beklagten das Vorliegen eines Mangels nicht nachgewiesen haben. Ein Anspruch auf Herabsetzung des Mietzinses nach Art. 259d OR besteht folglich nicht.