Res iudicata
Base légale
Nom du tribunal
Bezirksgericht Arlesheim
Date
21.10.2010
Résumé
Auf die Klage wird nicht eingetreten, da eine res iudicata besteht. Bei Übergang des Mietverhältnisses nach Artikel 261 OR ist die Vermieterin als Rechtsnachfolgerin an ein Urteil gegen den früheren Vermieter gebunden. Es wird von einer Identität der Parteien ausgegangen.
Exposé des faits
Es bestehen zwei Mietverträge über eine 5-Zimmerwohnung sowie über einen
Bastelraum. Mit Verfügung vom 21. April 2008 stellte die
Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten fest, dass im von der
Klägerin gegen A. angehobenen Schlichtungsverfahren betreffend
Nebenkosten keine Einigung zustande gekommen ist.
Am 22. Mai 2008
reichte die Klägerin eine Klage gegen den damaligen Vermieter A. ein mit
folgendem Rechtsbegehren: „1. Es sei festzustellen, dass in den
Mietverhältnissen 5-Zimmerwohnung und Bastelraum mit Ausnahme der
Heizkosten sämtliche übrigen anfallenden Nebenkosten im Nettomietzins
inbegriffen und von der Mieterin nicht zusätzlich geschuldet sind. 2. Es
sei der Beklagte zur Zahlung von Fr. 7‘284.13 nebst 5% Zins seit
Klageeinreichung an die Klägerin zu verurteilen. 3. Es seien die
monatlichen Akontobeiträge an die jährliche Heizkostenabrechnung mit
Wirkung ab 1. Mai 2008 für die Wohnung auf Fr. 100.– und für den
Bastelraum auf Fr. 5.– monatlich herabzusetzen.“
Mit Urteil vom 23. Oktober 2008 wies die Gerichtspräsidentin die Klage ab, soweit sie darauf eintrat.
Mit
Eingabe vom 23. Februar 2009 ersuchte die Klägerin bei der kantonalen
Schlichtungsstelle um Vorladung zur Schlichtungsverhandlung mit
folgenden Rechtsbegehren: 1. Es sei die Beklagte B. (Rechtsnachfolgerin
von A.) zur Zahlung von Fr. 2‘195.75 nebst 5% Zins seit Klageeinreichung
an die Klägerin zu verurteilen. 2. Es seien die monatlichen
Akontobeiträge an die jährlichen Heizkostenabrechnungen mit sofortiger
Wirkung für die Wohnung auf Fr. 105.– und für den Bastelraum auf Fr. 6.–
monatlich herabzusetzen.
Die Schlichtungsstelle stellte mit Verfügung vom 22. Juni 2009 fest, dass keine Einigung zu Stande gekommen sei.
Mit
Eingabe vom 15. Juli 2009 reichte die Klägerin beim Bezirksgericht
Arlesheim Klage ein und hielt an den Rechtsbegehren der Eingabe an die
kantonale Schlichtungsstelle vom 23. Februar 2009 fest.
Considérations
3. Die Beklagte machte in der ersten Hauptverhandlung vom 21. Januar
2010 und in der Klagantwort vom 23. Juli 2010 geltend, dass mit dem
Urteil der Bezirksgerichtspräsidentin Arlesheim vom 23. Oktober 2008 im
Verfahren Nr. 1, wo derselbe Mietvertrag überprüft und die Vereinbarung
betreffend die Nebenkosten für gültig befunden wurde, in der
vorliegenden Sache eine res iudicata bestehe. Die Beklagte habe als
Rechtsnachfolgerin von A. durch die Übernahme des Mietverhältnisses
gemäss Art. 261 OR sämtliche Rechte und Pflichten hieraus übernommen. Es
bestehe daher eine Identität der Parteien mit dem Verfahren Nr. 1,
weshalb auf die vorliegende Klage zufolge res iudicata nicht einzutreten
sei.
4. Die Klägerin bringt vor, dass zwischen dem vorliegenden
und dem Verfahren Nr.1 keine Identität der Parteien gegeben sei und aus
diesem Grund keine res iudicata vorliege, da sich ein Urteil nur unter
den gleichen Parteien in einem späteren Prozess auswirke. Vorliegend
bestehe jedoch keine Identität der Parteien, da nicht A., sondern B. als
beklagte Partei am Prozess beteiligt sei. Demnach müsse das
Bezirksgerichtspräsidium Arlesheim erneut über die Sache selbst
materiell entscheiden.
5. Die res iudicata ist als prozessuale
Eintretensvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen und im Falle des
Vorliegens einer abgeurteilten Sache ergeht ein Nichteintretensentscheid
(Staehlin/Sutter, Zivilprozessrecht, § 18 N 10 und § 19 N 1).
6. Art.
261 OR regelt die Rechtsfolgen beim gesetzlichen Mietvertragsübergang
infolge Veräusserung der vermieteten Immobilie. Demnach gehen bei
Veräusserung des Mietobjekts alle Rechte und Pflichten integral auf den
neuen Eigentümer über. (Basler Kommentar I, Art. 261 N 4).
7. Gemäss
Rechtssprechung des Bundesgerichts zur Frage der res iudicata ist eine
abgeurteilte Sache anzunehmen, wenn der streitige Anspruch mit einem
schon rechtskräftig beurteilen identisch ist. Voraussetzung dafür ist,
dass der streitige Anspruch aus demselben Rechtsgrund und gestützt auf
den gleichen Sachverhalt dem Richter erneut zur Beurteilung unterbreitet
wird (BGE 125 III 241; BGE 119 II 89; BGE 116 II 473; u.w.). Massgebend
ist dabei, ob auch dieselben Tatsachen und rechtlich erheblichen
Umstände, mit denen der Kläger den Anspruch begründet, schon im
vorherigen Prozess zum Klagegrund gehörten, weshalb der Begriff der
Anspruchsidentität nicht grammatikalisch, sondern inhaltlich zu
verstehen ist (BGE 121 III 474; BGE 97 II 390).
8. Die Literatur
erwähnt zwei Voraussetzungen, unter welchen sich die materielle
Rechtskraft eines Urteils in einem späteren Prozess auswirkt: dies sind
die Identität der Parteien und die Identität des Streitgegenstandes.
9. Die
Identität der Parteien bezieht sich darauf, dass im zweiten Prozess die
gleichen Parteien wie im ersten Prozess beteiligt sind
(Stähelin/Sutter, Zivilprozessrecht, § 18 N 15). Der Grundsatz der
Identität der Parteien wird nur ausnahmsweise so erweitert, dass auch
Dritte, welche am Vorprozess nicht beteiligt waren, sich auf die
materielle Rechtskraft im Sinne einer res iudicata berufen können oder
diese gegen sich gelten lassen müssen (Stähelin/Sutter § 18 N 15 ff.).
10. Die
Identität des Streitgegenstandes bedingt nicht die grammatikalische
Übereinstimmung der Rechtsbegehren sondern ergibt sich, wenn die beiden
Ansprüche auf den gleichen Gegenstand hinzielen und sich aus dem
gleichen Lebensvorgang ergeben (Stähelin/Sutter § 18 N 20 ff.).
11. Die
Klage vom 22. Mai 2008 im Verfahren Nr. 1 richtete sich gegen den
damaligen Vermieter A. Die vorliegend zu beurteilende Klage vom 15. Juli
2009 richtet sich gegen B. Mit dem von beiden Parteien unbestrittenen
Eigentümerwechsel ging das Mietverhältnis mit der Klägerin mit allen
Rechten und Pflichten an die neue Eigentümerin und heutige Beklagte
über. Der Mietvertrag wurde nach dem Übergang des Mietverhältnisses
gemäss Art. 261 Abs. 1 OR von beiden Vertragsparteien weiterhin
ordentlich erfüllt und die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin des
vormaligen Prozessgegners der Klägerin an jenes Urteil gebunden. Es ist
daher vorliegend von einer ausnahmsweisen Erweiterung des Grundsatzes
der Identität der Parteien auszugehen und die Rechtskraft des Urteils im
Verfahren Nr. 1 wirkt sich auch auf die heutigen Prozessparteien aus.
12. Im
ersten Verfahren machte die Klägerin als Rechtsbegehren geltend, dass
mit Ausnahme der Heizkosten sämtliche übrigen anfallenden Nebenkosten im
Nettomietzins inbegriffen und nicht zusätzlich geschuldet sind. Sie
beantragte des weitern, der damalige Beklagte sei zur Rückzahlung zu
viel bezahlter Heiz- und Nebenkosten zu verurteilen und verlangte die
Herabsetzung der monatlichen Akontobeiträge an die jährliche
Heizkostenabrechnung für die Wohnung und den Bastelraum. Der diesem
Verfahren zugrunde liegende Mietvertrag wurde im ersten Verfahren für
richtig und gültig erkannt. Die Klägerin hat gegen das Urteil im
Verfahren Nr. 1 nicht appelliert. Im vorliegenden Verfahren fordert die
Klägerin erneut und aus demselben Rechtsgrund, dass die Beklagte zur
Rückzahlung von zu viel bezahlten Heiz- und Nebenkosten zu verurteilen
sei und die monatlichen Akontobeiträge für die Wohnung und für den
Bastelraum herabzusetzen seien. Die Rechtsbegehren stützen sich in
tatsächlicher Hinsicht auf den gleichen Lebenssachverhalt, weshalb die
Identität des Streitgegenstandes gegeben ist.
13. Da vorliegend
sowohl die Identität der Parteien wie auch die Identität des
Streitgegenstandes gegeben sind, liegt somit eine res iudicata, eine
abgeurteilte Sache vor, und auf die Klage ist daher nicht einzutreten.
Décision
49/4 - Res iudicata