Parteientschädigung
Base légale
- Art. 274d al. 2 CO
- Art. 113 al. 1 CPC
Nom du tribunal
Bezirksgericht Hinterrhein
Date
25.05.2011
Résumé
Sowohl Artikel 274d Absatz 2 aOR wie auch die neue Schweizerische Zivilprozessordnung sehen ein Verbot von Parteientschädigungen im Schlichtungsverfahren vor. Bei der Festlegung der Parteientschädigung im gerichtlichen Verfahren dürfen deshalb alle Aufwendungen des Rechtsvertreters im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren nicht berücksichtigt werden.
Exposé des faits
Die Parteien haben per 1. Oktober 2008 einen Mietvertrag für ein Haus
abgeschlossen und einen Mietzins von Fr. 2‘500.- exkl. Nebenkosten
vereinbart.
Der Mietvertrag konnte mit einer Kündigungsfrist von
sechs Monaten frühestens in zehn Jahren gekündigt werden. Am 15.
September 2009 kündigten die Mieter das Mietverhältnis aus privaten
Gründen per 31. März 2010.
In der Folge machte der Kläger gegenüber
den Beklagten ausstehende Mietzinse, den Ersatz diverser Rechnungen
sowie Mietzinsdifferenzen in Bezug auf den Nachfolgemieter geltend.
Am
12. April 2010 gelangte der Kläger in dieser Angelegenheit an die
Schlichtungsbehörde. An der Schlichtungsverhandlung konnte keine
Einigung erzielt werden.
Am 15. September 2010 reichte der
Vermieter Klage ein, zog diese jedoch nach einem Schriftenwechsel und
Zeugeneinvernahmen zurück. Im Folgenden geht es um die Honorarnote des
Rechtsvertreters der Beklagten.
Der Kläger wies darauf hin, dass
gemäss Art. 274d Abs. 2 OR das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde
kostenlos sei. Dies betreffe auch die Parteientschädigungen.
Zugesprochen werden könnten somit allerhöchstens die Kosten, welche nach
Einleitung der Klage vom 15. September 2010 entstanden seien.
Considérations
Die altrechtliche - am 1. Januar 2011 ausser Kraft getretene -
Bestimmung von Art. 274d Abs. 2 aOR, welche im vorliegenden Verfahren
indes noch massgebend ist, sah die Kostenlosigkeit im
Schlichtungsverfahren fraglos vor, was wesensgemäss auch das Verbot von
Parteientschädigungen beinhaltet (vgl. Weber, Basler Kommentar,
Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, Basel/Bern/Zürich 2007, N 3 zu Art.
274d OR). Die Schweizerische Zivilprozessordnung sieht dieses Verbot der
Parteientschädigung nun für sämtliche Schlichtungsverfahren vor (Art.
113 Abs. 1 ZPO), so dass jede Partei ihre diesbezüglichen Kosten selber
zu tragen hat. Diese Regelung wurde vom Gesetzgeber als im Interesse
beider Parteien beurteilt, weil mit der Schlichtung zwischen den
Parteien eine gütliche Einigung und damit die Vermeidung des drohenden
Prozesses angestrebt wird (Botschaft zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006 [BBI 2006 S. 7294]). Die
Bestimmungen betreffend das Verbot der Parteientschädigungen würden nun
aber ihres Bedeutungsinhalts entleert, wenn die Entschädigung im Rahmen
des Gerichtsverfahrens „nachgefordert“ werden könnte. Parteikosten,
welche hinsichtlich des Schlichtungsverfahrens anfallen, sind demnach in
Anwendung von Art. 274d Abs. 2 aOR respektive bei Geltung der
Schweizerischen Zivilprozessordnung wie die übrigen vorprozessualen
Vertretungskosten bei der Festsetzung der Parteientschädigung nicht zu
berücksichtigen. Die Abgrenzung zwischen prozessualen Vertretungskosten,
die im Kostenentscheid zu entschädigen sind, und vorprozessualen oder
aussergerichtlich entstandenen Vertretungskosten, die im Kostenentscheid
nicht vergütet werden, kann im Einzelfall schwierig sein. Die
gerichtliche Parteientschädigung umfasst alle - anwaltlichen -
Aufwendungen, die üblicherweise und unmittelbar mit der Vertretung der
Partei im gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang stehen. Dazu gehören
namentlich die Instruktion, das Studium der Akten und der Rechtsfragen,
soweit sie für die Interessenwahrung im betreffenden Prozess notwendig
oder nützlich waren (Rüegg, Basler Kommentar, Schweizerische
Zivilprozessordnung, Zürich/Chur 2010, N 20 zu Art. 95 ZPO).
Hiervor
Dargelegtes bedeutet für vorliegendes Verfahren, dass sämtliche
Aufwendungen, welche der Rechtsvertreter der Beklagten im Zusammenhang
mit dem Schlichtungsverfahren in seiner Honorarnote aufgeführt hat, bei
der Festlegung der Parteientschädigung nicht berücksichtigt werden
können. Insbesondere gilt dies für das „Studium Schlichtungsgesuch“, die
„Vernehmlassung zum Schlichtungsgesuch“, die Position „Plädoyer /
Vorbereitung Schlichtungsverfahren“ sowie die „Schlichtungsverhandlung
in Z. (inkl. Weg)“, was einem Total von 5.4 Stunden entspricht. Welche
Positionen in der Honorarrechnung von Rechtsanwalt X. darüber hinaus
unberücksichtigt bleiben müssen, ist wesensgemäss nicht leicht zu
entscheiden und kann letztlich nur nach Ermessen beurteilt werden.
Unzutreffend ist jedenfalls die Auffassung des Klägers, wonach dies für
sämtliche Positionen, welche vor Einleitung der Klage am 15. September
2010 entstanden sind, der Fall sein müsse, da - wie hiervor dargelegt -
etwa die Instruktion oder das Studium der Akten und der Rechtsfragen
sehr wohl als Teil einer zuzusprechenden Parteientschädigung gelten
können. Eine Analyse der Honorarrechung von Rechtsanwalt X. ergibt,
dass neben den hiervor ausgeschiedenen Positionen für das
Schlichtungsverfahren bis zum 15. September 2010 insgesamt 5.93
Anwaltsstunden aufgewendet wurden. Insbesondere diejenigen Positionen,
welche zeitlich sehr nahe an den bereits Ausgeschiedenen liegen, sind
vermutungshalber ebenfalls als für das Schlichtungsverfahren entstanden
zu taxieren. Dies gilt namentlich für sämtliche Positionen vom 14. April
2010 bis zum 18. August 2010, mithin damit für weitere 2.93
Anwaltsstunden. Alle weiteren Positionen in der Honorarrechung von
Rechtsanwalt X. erscheinen dem Gerichtspräsidenten dagegen prozessual
bedingt respektive für die Interessenwahrung im vorliegenden Verfahren
zumindest nützlich und überdies in ihrem Umfang angemessen. Bei der
Festlegung der Parteientschädigung nicht zu berücksichtigen sind damit
insgesamt 8.33 Anwaltsstunden.
Décision
50/10 - Parteientschädigung