Nebenkostenabrechnung
Base légale
Nom du tribunal
Kreisgericht St. Gallen
Date
11.01.2008
Résumé
In der Region St. Gallen beträgt der übliche Verwaltungskostenansatz für die Erstellung der Heiz- und Betriebskostenabrechnung 3 %. Für die Anwendung eines höheren Satzes besteht kein Anlass. Die gestiegenen Heizölpreise bewirken bei einem fixen Satz von 3 %, dass die Entschädigung für dieselben Verwaltungsaufgaben dadurch bereits höher ausfällt.
Exposé des faits
Die Kläger sind Mieter einer 3½-Zimmerwohnung in St.Gallen. Sie fechten
die Höhe der Verwaltungskostenpauschale an, welche ihnen die Beklagte
für die Erstellung der Heiz- und Betriebskostenabrechnung der Periode
1.7.2005 - 30.6.2006 mit 4,8 % in Rechnung stellte. Die Kläger erachten
eine Verwaltungskostenpauschale von lediglich 3 % als angemessen.
Nachdem
das Schlichtungsverfahren unvermittelt geblieben war, setzte die
Schlichtungsstelle des Gerichtskreises St.Gallen den Mietern die
30-tägige Frist gemäss Art. 274f Abs. l OR zur gerichtlichen Klage bis
zum 16.3.2007 an. Die Kläger haben die Klage vom 9.3.2007 am 13.3.2007
(Poststempel) fristgerecht eingereicht.
Considérations
3. Die Parteien haben die separate Abrechnung der Nebenkosten vereinbart
(vgl. Mietvertrag vom 14.2.1997, Beilage l der Schlichtungsakten). Die
Beklagte ist deshalb berechtigt, den Klägern die tatsächlich anfallenden
Aufwendungen als Nebenkosten zu verrechnen (Art. 257b Abs. l OR). Zu
diesen Aufwendungen gehört auch der Verwaltungsaufwand der Beklagten,
welcher für die Erstellung der Heiz- und Nebenkostenabrechnung
erforderlich ist (Thomas Oberle, Nebenkosten/Heizkosten, 3. Aufl., S.
67). Gemäss Art. 4 Abs. 3 VMWG dürfen dabei die Verwaltungskosten nach
Aufwand oder im Rahmen der üblichen Ansätze angerechnet werden.
Die
Beklagte hat ihre tatsächlichen Kosten nicht ausgewiesen. Sie stellte
den Klägern für die Erstellung der Heiz- und Betriebskosten-Abrechnung
der Periode 1.7.2005 - 30.6.2006 den Verwaltungsaufwand pauschal mit 4,8
% der Heiz- und übrigen Betriebskosten in Rechnung. Es bestehen keine
Belege, dass der tatsächliche Aufwand der Beklagten im Bereich von 4,8 %
der Nebenkosten liegt. Der Verwaltungsaufwand der Beklagten ist daher
im Rahmen der "üblichen Ansätze" zu bestimmen.
Da der Vermieter dem
Mieter grundsätzlich nur die tatsächlichen Kosten belasten darf, hat
sich die Höhe des Verwaltungsaufwandes auch bei der pauschalen
Festsetzung letztlich an den tatsächlichen Aufwendungen des Vermieters
zu orientieren (vgl. Thomas Oberle, a.a.O., S. 98f.). Bei der
Beurteilung, welcher pauschale Ansatz vorliegend als "üblich" zu gelten
hat, sind folgende Umstände relevant:
3.1. Auch wenn der Gesetzgeber
in Art. 4 Abs. 3 VMWG nicht von „ortsüblichen Ansätzen" spricht, so
ergibt die Auslegung des Gesetzes, dass sich die Pauschale nach der
Ortsüblichkeit zu richten hat. Die Kostenfaktoren (Personalkosten,
Mieten, Infrastrukturkosten etc.) der Vermieter bzw. Verwaltungen sind
schweizweit unterschiedlich hoch. Diese Kostenunterschiede haben
Auswirkungen auf die Höhe der Verwaltungspauschalen. Auch Lehre und
Rechtsprechung gehen von regional unterschiedlichen Pauschalansätzen
aus: Es wird den Vermietern empfohlen, "sich bei der Bestimmung der Höhe
der Verwaltungspauschale an den ortsüblichen Ansätzen zu orientieren"
(Thomas Oberle, a.a.O., S. 98). Tatsächlich würde es Sinn und Zweck der
im Mietrecht geltenden Missbrauchsgesetzgebung widersprechen, wenn die
Ortsüblichkeit ausser Acht gelassen würde und die Mieter sich bei der
Nebenkostenabrechnung Ansätze zu gefallen lassen hätten, welche in ihrer
Region nicht üblich sind.
In der Lehre und Rechtsprechung finden
sich keine ausdrücklichen Hinweise zur Höhe des in St.Gallen üblichen
Ansatzes. Der Grossteil der Literatur führt lediglich die Bandbreiten
auf, innerhalb welcher sich die üblichen Ansätze schweizweit bewegen.
Als Bandbreiten werden genannt: 3 % - 4 % (Thomas Oberle, a.a.O, S. 98;
unzutreffend zitiert in SVIT-Kommentar Mietrecht, 3. Aufl., N 26 zu Art.
257-257b), 3 % - 4,5 % (Merkblatt "Die Heiz- und Nebenkostenabrechnung"
des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz; act. 12/1, S. 4),
3,5 % - 5 % (MRA 1996, S. 143, in: Lachat/Stoll/Brunner, Mietrecht, S.
223, Fn 45) und 2 % - 3 % (mp 1988 S. 18 [unter dem bis 1.8.1996
geltenden aArt. 4 Abs. 3 VMWG]). Die von Cipriano Alvarez genannte
Bandbreite von 5,5 % - 6 % (mp 1996 S. 134) dagegen ist vorliegend
unbeachtlich, bezieht sie sich doch - entgegen der Ansicht der Beklagten
- offensichtlich nicht auf die Erstellung der Nebenkostenabrechnung,
sondern auf die gesamte Verwaltungstätigkeit über die Liegenschaft
(Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 223, Fn 45). Für die beiden Regionen
Aargau und Genf ist bekannt, dass dort ein Ansatz von 4 % üblich ist
(Thomas Oberle, a.a.O., S. 98). Da die Ostschweiz zu den Regionen mit
tiefen Lohn- und Infrastrukturkosten gehört (zum stark
unterdurchschnittlichen Lohnniveau vgl. Bundesamt für Statistik BFS,
Schweizerische Lohnstrukturerhebung 2006), ist der für die Ostschweiz
übliche Ansatz im unteren Bereich der genannten Bandbreiten anzusiedeln
und hat tiefer als die Ansätze der Kantone Aargau und Genf zu liegen.
Das
Gericht und auch die Parteien klärten bei verschiedenen
Liegenschaftsverwaltungen ab, welche Ansätze in St.Gallen tatsächlich
verrechnet werden. Dabei zeigte sich, dass die ortsansässigen
Liegenschaftsverwaltungen, welche hauptsächlich in der Region St.Gallen
tätig sind, für die Verwaltung der Nebenkosten ausschliesslich einen
Ansatz von 3 % verwenden. In der Region St.Gallen ist somit zur Zeit ein
Ansatz von 3 % üblich, auch wenn einige überregional tätige
Verwaltungen zum Teil höhere Ansätze verwenden. Auffallend ist, dass
selbst die überregional tätige L. AG, welche für die Beklagte die
Nebenkostenabrechnungen besorgt, bis ins Jahr 2001 ebenfalls den hier
üblichen Satz von 3 % verwendete, und diesen erst in den Jahren
2002/2003 auf 4 % und 2005 auf 4,5 % erhöhte. Für St.Gallen muss somit
ein Nebenkostenverwaltungsansatz von 3 % als üblich bezeichnet werden.
3.2. Der
Ansatz von 3 % für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung
berücksichtigt die derzeit geltenden Kostenbedingungen. Ein höherer
Ansatz als 3 % ist umso weniger gerechtfertigt, als dieser Satz in
St.Gallen bereits seit Jahren üblich ist (vgl. SVIT-Kommentar Mietrecht,
2. Auflage, Art. 257-257b, N 26, laut welchem auch für das
Erscheinungsjahr 1998 von einem in der Ostschweiz üblichen Satz von 3 %
auszugehen ist). Bei den in der Zwischenzeit überdurchschnittlich stark
gestiegenen Heizölpreisen führt der fixe Satz von 3 % dazu, dass die
Verwaltungsfirmen für dieselben Verwaltungsaufgaben eine immer höhere
Entschädigung erhalten. Wenn von Seiten der Verwaltungsfirmen angeführt
wird, steigende Heizölpreise hätten auch höhere Aufwendungen für
Mieterberatungen, Inkassoprobleme und Vertragsanpassungen zur Folge, so
ist dem entgegenzuhalten, dass die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen -
wozu auch Vertragsanpassungen und Inkassobemühungen gehören -
grundsätzlich mit dem geschuldeten Mietzins abgegolten sind. Sie gehören
nicht zu den für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung geschuldeten
Verwaltungskosten und rechtfertigen keine Anhebung des entsprechenden
Ansatzes. Im Übrigen werden die zusätzlichen Aufwände zumindest
teilweise auch durch die proportional zu den Heizkosten steigenden
Verwaltungsentschädigungen kompensiert. Es besteht deshalb keine
Veranlassung, den besagten üblichen Kostensatz von 3 % aus diesem Grund
zu erhöhen.
3.3 Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich der in
der Region St.Gallen übliche Verwaltungskostenansatz für die Erstellung
der Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 1.7.2005 - 30.6.2006 auf 3 %
beläuft. Hinzu kommt die auf diesen Verwaltungskosten entfallende
Mehrwertsteuer. Die Beklagte wird daher verpflichtet, den Klägern die
genannte Heiz- und Betriebskostenabrechnung mit 3 % Verwaltungskosten
(zuzüglich Mehrwertsteuer) neu zu erstellen.
Décision
44/9 - Nebenkostenabrechnung