Für die Frage, ob Immissionen einen Herabsetzungsanspruch des Mietzinses begründen, kann nicht auf einen Entscheid des Baudepartements abgestellt werden, da bei diesem eine Beurteilung nach öffentlichen Interessen stattgefunden hat. Herabsetzung im Umfang von 15% infolge Störungen des Schlafes.
Die Klägerinnen haben am 05.11.1999 mit der Beklagten einen Mietvertrag
per 01.03.2000 abgeschlossen. Im Oktober 2001 sind die Klägerinnen
wieder ausgezogen. Mit Eingabe vom 24.07.2001 stellen sie das Begehren,
die Beklagte sei zu verpflichten, ihnen den Betrag von Fr. 4'609.50
zuzüglich Zins zu 5% seit Klageeinleitung zu bezahlen.
Zur Begründung
führen sie an, sie hätten bei der Besichtigung der Wohnung nachgefragt,
ob es sich um eine ruhige Mietliegenschaft handle, nachdem die Klägerin
1 damals Nachtwache geleistet habe. Die Frage sei bejaht worden. Nach
der Unterzeichnung des Mietvertrages seien sie von Beklagtenseite her
orientiert worden, dass man bezüglich Lärmbeeinträchtigung mit der Firma
T. im Streit liege. Sie hätten dann bald festgestellt, dass massive
Lärmimmissionen das Bewohnen der Mietliegenschaft beeinträchtige. Die
Beklagte habe sich erst im Frühling 1999 des Problems angenommen, obwohl
sie dieses bereits seit April 1997 gekannt habe. Brieflich habe sich
die Beklagte gegenüber der Firma T. beklagt. Die Beklagte habe auch
gegenüber dem Gemeinderat auf die berechtigten Reklamationen der
Mieterinnen hingewiesen. Seit Ende September 2000 seien die Immissionen
erträglich. Der Mietzins sei somit seit Kenntnisnahme des Mangels durch
die Beklagte unter Berücksichtigung der erheblichen Beeinträchtigung zu
reduzieren. Nachdem die Lärmimmissionen sämtliche Räume der Liegenschaft
betroffen hätten, rechtfertigte sich eine Reduktion des Mietzinses von
30%.
Die Beklagte führte an, es könne keinesfalls von einer massiven
Beeinträchtigung durch Lärm ausgegangen werden. Das Baudepartement des
Kantons Aargau habe den Sachverhalt anlässlich eines Augenscheins am
03.10.1999 festgestellt und dieser Sachverhalt sei dem Entscheid in
vorliegender Streitsache zugrundezulegen. Das Baudepartement habe als
neutraler sachverständiger Dritter festgestellt, dass keine
Überschreitung der massgebenden Belastungsgrenzwerte zu erwarten sei,
was ebenfalls für die Abgase gelte; in Anbetracht der geringen
Bewegungsfrequenz könnten sowohl erhebliche Emissionen wie auch
übermässige Immissionen ausgeschlossen werden. Somit gäbe es keinen
Anspruch auf Mietzinsherabsetzung.
3.d) Entgegen der Meinung der Beklagten kann jedoch der Entscheid des
Baudepartements vom 23.10.2000 nicht übernommen werden zur Beantwortung
der Frage, ob die Immissionen einen Herabsetzungsanspruch des Mietzinses
begründen oder nicht. Der Massstab des Baudepartements ergab sich aus
der Luftreinhalteverordnung, der Lärmschutzverordnung, dem
Umweltschutzgesetz und der Bau- und Nutzungsordnung, wobei eine
Beurteilung nach öffentlich-rechtlichen Interessen stattfand.
4.a) Streitig
ist im vorliegenden Fall das private Interesse, ob die Immissionen,
welche die Klägerinnen geltend machen, eine derartige Intensität
aufweisen, dass das Ungleichgewicht zwischen der vertraglich
festgelegten Sachleistung und dem Entgelt des Mieters durch eine
Mietzins-herabsetzung ausgeglichen werden müsste (Higi,
Obligationenrecht, Die Miete, B.1. V 2b, Zürich 1996, N. 11 zu Art. 259d
OR).
6.a) Sind die Klägerinnen nun aber grundsätzlich zu einer
Mietzinsherabsetzung berechtigt, so ist der Umfang der Herabsetzung
festzusetzen. Diesfalls hat der Richter die relative, d.h.
verhältnismässige, mithin rechnerische Methode unter Billigkeitsaspekten
anzuwenden, wobei die Gebrauchsbeeinträchtigung rechnerisch umgesetzt
werden soll (Higi, a.a.O., N. 14 zu Art. 259d OR).
Für das Mass der
Beeinträchtigung, welche objektiv zu beurteilen ist und somit den
Einzelfall berücksichtigen soll (Higi a.a.O., N. 14 zu Art. 259d OR),
wird als erstellt erachtet, dass durchschnittlich 2 Mal pro Woche der
Schlaf am frühen Morgen zwischen 4.00 und 6.00 Uhr gestört wurde. Die
Abende fallen nur sporadisch ins Gewicht, nachdem die Klägerinnen sich
vor allem über Störungen am Morgen und am Nachmittag beklagten.
b) Schlaf
ist zentral. Wenn man in einer Wohnung nie schlafen könnte, dann wäre
diese gänzlich untauglich, mithin nichts Wert im Sinne einer Reduktion
des Mietpreises von 100%. Auch andauernde beispielsweise stündliche
Schlafunterbrüche müssten als gesundheitsschädlich und demzufolge als
grösste Beeinträchtigung der Tauglichkeit betrachtet werden. Vorliegend
geht es um ständiges Erwachen während 2 Stunden gegen Morgen, dies 2 Mal
in der Woche.
Vergleichsweise können Beispiele aus der
Gerichtspraxis herangezogen werden, in welchen Lärm als Beeinträchtigung
einer Mietsache qualifiziert werden musste (s. Martin Züst, Die
Mängelrechte des Mieters von Wohn- und Geschäftsräumen, 2. Aufl. 1995;
ders.: Neues über Mängelrechte des Wohnungs- und Geschäftsmieters,
Mietrechtspraxis 4/1994 S. 159 ff.; Ergänzungen Mietrechtspraxis;
gefunden unter
www.mietrecht.ch/mp).
So führte der Lärm eines Orchesters, welches mehrmals pro Woche nachts
laut spielte, zu einer Mietzinsreduktion von 12.5%; ein lauter Warenlift
von 27-38 statt normalen 22 Dezibel ergab eine Mietzinsreduktion von
15%; Lärm eines Lifts hörbar in Schlafzimmer und Aufenthaltsraum eine
solche von 20%; Lärmimmissionen in einer Wohnung durch eine benachbarte
Metzgerei ergaben eine solche von 20%; schwerste Bauimmissionen von
einem Nachbargrundstück durch Presslufthämmer, Bulldozer, Staub und
mehrmals täglich Sprengungen führten zu einer Mietzinsreduktion von 35%;
eine trotz Zusage des Mieters fehlende Lärmschutzwand gegen eine
Autobahn ergab eine Mietzinsreduktion von 6%.
Genügender Schlaf,
jedoch mit Störungen wie von den Klägerinnen beschrieben unter
Berücksichtigung der definierten Tauglichkeit führt nun vorliegend unter
Berücksichtigung der Gerichtspraxis und unter pflichtgemässer Ausübung
des zustehenden Ermessens zu einer Reduktion von 15%. Dies auch
angesichts der Tatsache, dass die Klägerinnen alle Räume des Mietobjekts
als betroffen erachten und dabei den Antrag einer Mietzinsreduktion von
30% stellten.