Mietzinsausgleich
Base légale
Nom du tribunal
Obergericht des Kantons Luzern
Date
30.11.2011
Résumé
Nach einer umfassenden Sanierung ist es dem Vermietenden gestattet, sachlich nicht gerechtfertigte Mietzinsdifferenzen auszugleichen. Wesentlich ist, dass die gegenüber dem Mietenden ausgesprochene Mietzinserhöhung nicht missbräuchlich ist und es auch nicht dadurch wird, dass anderen Mietenden weniger überwälzt wurde als zulässig gewesenen wäre. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung der Mietenden besteht grundsätzlich nicht.
Exposé des faits
X. ist seit 1. September 1991 Mieter einer 4 ½-Zimmer-Wohnung. Im Jahr
2006/2007 wurden die Liegenschaft sowie die zwei benachbarten
Liegenschaften einer Sanierung unterzogen, welche insbesondere die
Storen/Lamellen, die Fassadendämmung, die Keller- und Estrichdämmung,
eine Balkonvergrösserung, die Balkonplättli, Umgebungsarbeiten, die
Haustüre, den Briefkasten, das Treppenhaus, die Fenster und die
Wohnungstüren sowie Betonsanierungen betraf. Mit Formular vom 9. April
2008 erhöhte die Vermieterin den Mietzins von X. per 1. August 2008 von
bisher Fr. 879.- um Fr. 171.- auf Fr. 1'050.-, wobei sie die Erhöhung
mit der Sanierung der Gebäudehülle und der Balkonerweiterung begründete.
X. focht die Mietzinserhöhung mit Klage vom 9. Mai 2008 bei der
Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht als missbräuchlich an. Im
Schlichtungsverfahren konnte keine Einigung erzielt werden.
Mit Klage
vom 10. März 2009 gelangte die Vermieterin an das Bezirksgericht
Luzern. Dieses stellte mit Urteil vom 8. März 2011 fest, dass die
fragliche Mietzinserhöhung nicht missbräuchlich sei und bestätigte den
neuen Mietzins von Fr. 1'050.- per 1. August 2008.
Gegen dieses
Urteil legte der Beklagte am 9. Mai 2011 Berufung ein. Er beantragte die
Aufhebung des Urteils des Bezirksgerichts Luzern vom 8. März 2011. Es
sei die Missbräuchlichkeit, eventuell die Nichtigkeit der
Mietzinserhöhung von Fr. 879.- um Fr. 171.- monatlich auf Fr. 1'050.-
per 1. August 2008 festzustellen.
Considérations
4.4 Schliesslich ist streitig, ob die angefochtene Mietzinserhöhung aus
dem Grund missbräuchlich ist, weil sie beim Beklagten höher ausgefallen
ist, als bei anderen Mietern der betroffenen Liegenschaft.
Die
Vorinstanz kam zum Schluss, dass es richtig erscheine, dem Vermieter im
Rahmen einer Mietzinserhöhung aufgrund einer umfassenden Überholung zu
gestatten, durch unterschiedliche Anwendung des überwälzbaren Anteils
innerhalb der Bandbreite von 50 bis 70 % sachlich nicht gerechtfertigte
Mietzinsunterschiede auszugleichen, weshalb die angefochtene
Mietzinserhöhung zulässig sei, obschon sie höher ausgefallen sei, als
bei den anderen Mietern.
Der Beklagte macht geltend, es sei
aktenkundig und unbestritten, dass er einen höheren Mietzinsaufschlag
erhalten habe, als die übrigen Mieter, nämlich Fr. 171.- statt Fr.
127.-. Es werde bestritten, dass im Rahmen der Überwälzung der Kosten
bei umfassenden Sanierungen mittels unterschiedlicher Erhöhungen eine
Angleichung der Mieten vorgenommen werden dürfe. Dies sei lediglich der
Fall, wenn bei den Wohnungen in der Gesamterneuerung ein ungleicher
Aufwand angefallen sei, was vorliegend nicht zutreffe. Soweit das
Bezirksgericht sodann sinngemäss auf den Erhöhungsgrund der
Ortsüblichkeit verweise, verletze es die Verhandlungs- und
Dispositionsmaxime sowie den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 8 BV.
Insgesamt liege deshalb unrichtige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz
vor.
Die Klägerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, dass der
Beklagte zugebe, einen tieferen Mietzins als die übrigen Mieter zu
haben. Einen Gleichbehandlungsgrundsatz gebe es im Mietrecht nicht. Wie
die Vor-instanz zutreffend festgestellt habe, sei eine ungleiche
Anwendung des Verteilungsschlüssels möglich. Bei älteren Wohnungen wäre
ein Überwälzungssatz von 65 bis 70 % ohne weiteres zulässig. Da die
Gebäudehülle seit 50 Jahren unverändert sei, wie dies auch der Beklagte
selber behaupte, hätte sie sogar einen noch höheren Überwälzungssatz
wählen können.
Gemäss den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz ist
von einem überwälzbaren Pauschalanteil von 60 % auszugehen. Daraus
ergibt sich für die Wohnung des Beklagten eine zulässige Erhöhung von
Fr. 177.20 (vgl. oben E. 4.3.4; BG Urteil E. 3.9.3 S. 13). Bis zu diesem
Anteil ist somit eine Erhöhung des Mietzinses durch die Mehrleistungen
infolge der umfassenden Überholung gerechtfertigt, womit die
angefochtene Mietzinserhöhung von Fr. 171.- offensichtlich nicht
missbräuchlich ist. Es steht dem Vermieter allerdings wie bei jedem
vermögensrechtlichen Anspruch des Zivilrechts frei, bis zu welcher Höhe
er seinen Anspruch einfordern will. Es ist somit sein Recht, innerhalb
des im Einzelfall zulässigen Rahmens seinen Mietzinserhöhungsanspruch
nicht bei allen Mietern voll auszuschöpfen. Wenn die Klägerin mit dem
Ziel einer Mietzinsangleichung die Mietzinse der anderen Mieter im
Gegensatz zum Beklagten offenbar nicht bis zum maximal möglichen Betrag
erhöht bzw. den maximal zulässigen Überwälzungssatz von 60 % bei diesen
nicht voll ausgeschöpft hat, verstösst sie damit nicht gegen die
Bestimmungen über missbräuchliche Mietzinse.
Inwiefern die Vorinstanz
sinngemäss auf den Erhöhungsgrund der Ortsüblichkeit verwiesen haben
soll, ist nicht ersichtlich. Ihre Ausführungen betreffen die
Ausgleichung von Mietzinsunterschieden innerhalb eines Mietobjekts.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt die Vermutung, die
bisherigen Mietzinse entsprächen in ihrem gegenseitigen Verhältnis den
Wertunterschieden der einzelnen Objekte (SVIT-Komm., a.a.O., Art. 269a
OR N 83, mit Hinweisen). Der Beklagte bezahlte mit Fr. 879.- während
Jahren monatlich immerhin zwischen Fr. 219.- und Fr. 301.- weniger
Mietzins als die übrigen Mieter von 4 ½-Zimmer-Wohnungen mit gleicher
Fläche in der besagten Liegenschaft. Inwiefern dieser beträchtliche
Mietzinsunterschied für gleiche Wohnungen sachlich gerechtfertigt sein
sollte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Das Bedürfnis des
Vermieters, derartige sachlich nicht (mehr) gerechtfertigte
Mietzinsunterschiede auszugleichen, ist legitim. Die Auffassung der
Vorinstanz, wonach es nach einer umfassenden Sanierung, die bewirke,
dass alle gleichartigen Wohnungen einen identischen Qualitätsgrad
aufweisen, richtig erscheine, dem Vermieter zu gestatten, sachlich nicht
(mehr) gerechtfertigte Mietzinsdifferenzen auszugleichen, da eine
lineare Überwälzung der Mietzinserhöhung die Unterschiede noch
zusätzlich verstärken würde, ist deshalb nicht zu beanstanden (BG Urteil
E. 4.3 S. 14; vgl. SVIT-Komm., a.a.O., Art. 269a OR N 84).
Ob eine
solche legitime Ausgleichung dadurch erfolgt, dass der Vermieter den
überwälzbaren Anteil innerhalb der Bandbreite von 50 bis 70 %
unterschiedlich anwendet (vgl. dazu SVIT-Komm., a.a.O., Art. 269a OR N
85), oder durch ein unterschiedliches Ausschöpfen des maximal zulässigen
Überwälzungssatzes bei den einzelnen Mietern gleicher Wohnungen (hier
teilweise Fr. 127.- und teilweise Fr. 171.20 der zulässigen Fr. 177.-),
ist nicht entscheidend. Wesentlich ist, dass die gegenüber dem Beklagten
ausgesprochene Mietzinserhöhung nicht missbräuchlich ist (E. 4.3) und
auch dadurch nicht wird, dass vor dem Hintergrund der Ausgleichung
sachlich nicht mehr gerechtfertigter Mietzinsunterschiede den anderen
Mietern gleicher Wohnungen noch weniger überwälzt wurde als zulässig
gewesen wäre. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung der Mieter besteht
grundsätzlich nicht. Dies räumte der Beklagte im Rahmen seiner Eingabe
vom 14. Dezember 2010 vor der Vorinstanz explizit ein. Im Übrigen ist
der Mietzins des Beklagten auch nach der vorliegend zu beurteilenden
Erhöhung unbestrittenermassen noch immer erheblich tiefer als diejenigen
der übrigen Mieter gleicher Wohnungen in der besagten Liegenschaft.
Nach
dem Gesagten steht fest, dass der Umstand, dass die Mietzinserhöhung
beim Beklagten höher ausgefallen ist, als bei den anderen Mietern, nicht
deren Missbräuchlichkeit zur Folge hat.
Décision
51/8 - Mietzinsausgleich