Meldepflicht bei Mängeln
Base légale
Nom du tribunal
Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh.
Date
16.08.2002
Résumé
Erfolgt nach Austrocknung eines Wasserschadens und Ersatz der Bodenbeläge keine Meldung der Mieterschaft betreffend Mängel, wird bei späteren Feuchtigkeitsschäden davon ausgegangen, dass diese nicht Folge der Überschwemmung sind, sondern durch unsachgemässe Benutzung seitens der Mieterschaft entstanden sind.
Exposé des faits
Die Beklagten waren vom 1. März 1998 bis Ende Oktober 2000 Mieter einer
Wohnung im Parterre des dem Kläger gehörenden Blockes in H. Bei der
Übernahme zu Beginn des Mietverhältnisses war die Wohnung in Ordnung.
Anlässlich der Wohnungsabgabe am 20. Oktober 2000 befand sie sich in
einem schlechten Zustand. Die Wände waren gelblich gefärbt und zum Teil
mit Schimmel befallen. Nach dem Auszug der Beklagten liess der Kläger
die Wohnung renovieren. Ein Teil der Renovationskosten wurde von der
Haftpflichtversicherung der Mieter übernommen. Die Malerrechnung im
Betrage von Fr. 6'605.05 wurde von der Versicherung hingegen nicht
bezahlt. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagten nach einer
Mietdauer von lediglich gut 2 ½ Jahren 60% der Malerrechnung, d.h. Fr.
3'963.05 zu übernehmen haben. Der Kläger hat den Beklagten zudem die
Kosten für die Nachreinigung der Wohnung im Betrage von Fr. 250.-- in
Rechnung gestellt. Diese beiden Beträge zusammen ergeben die eingeklagte
Summe von Fr. 4'213.05.
Am 3./4. Juli 1998 kam es in H. nach starken
Regenfällen zu Überschwemmungen. Davon war auch die damals von den
Beklagten bewohnte Wohnung betroffen. Die Wohnung wurde teilweise
überflutet. Nach dieser Überschwemmung liess der Kläger
Entfeuchtungsmaschinen zur Austrocknung der Wohnung montieren. Während
der Zeit, als diese Maschinen in Betrieb waren, wohnten die Beklagten
teilweise bei Bekannten. Ab Ende August/Anfang September 1998 haben die
Beklagten bis zum Ende des Mietverhältnisses per Ende Oktober 2000
weiter in der gemieteten Wohnung gewohnt und regelmässig den
vertraglichen Mietzins von Fr. 1'530.-- brutto bezahlt.
Zwischen den
Parteien ist umstritten, ob die bei der Wohnungsübergabe Ende Oktober
2000 festgestellten Mängel auf die Überschwemmung von Juli 1998
zurückzuführen oder durch die Beklagten verursacht worden sind.
Der
Vermieter macht geltend, die Mieter hätten ihm bis zum gerichtlichen
Verfahren nie mitgeteilt, dass die Wohnung seinerzeit zu wenig
ausgetrocknet worden sei. Hätten die Beklagten die mangelhafte
Austrocknung rechtzeitig gerügt, hätte der Kläger auf die Firma K.
Rückgriff nehmen können. Es sei allerdings davon auszugehen, dass die
Wohnung einwandfrei ausgetrocknet worden sei.
Considérations
1. Am Ende eines Mietverhältnisses muss der Mieter die Sache nach Art.
267 Abs. 1 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR, SR 220) in dem
Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt.
Im vorliegenden Falle ist es unbestritten, dass das Mietverhältnis der
Parteien auf den 31. Oktober 2000 aufgelöst worden war, dass am 20.
Oktober 2000 die Wohnungsabnahme unter Beizug eines Vertreters des
Hauseigentümerverbandes stattgefunden hat, dass anlässlich der
Wohnungsabgabe festgestellt worden war, dass sich die Wohnung in einem
sehr schlechten Zustand befunden hatte und dass die Wohnung gut zwei
Jahre vorher am 3./4. Juli 1998 überschwemmt worden war. Die Parteien
sind sich sodann einig, dass die Wohnung nach dem Auszug der Beklagten
neu gestrichen werden musste. Das haben die Beklagten insbesondere in
Ziff. III/1 der Appellationsantwort ausdrücklich anerkannt. Eingeklagt
hat der Kläger einzig 60% dieser Malerarbeiten zuzüglich Fr. 250.-- für
die notwendige Nachreinigung. Die übrigen Renovationskosten sind nicht
Gegenstand dieses Prozesses. Nicht umstritten ist sodann das Ausmass
einer allfälligen Haftbarkeit der Beklagten von 60%. Umstritten ist
einzig die Frage, ob die Ursache der in der damaligen Wohnung der
Beklagten festgestellten Feuchtigkeitsschäden in der Überschwemmung vom
3./4. Juli 1998 oder in der unsachgemässen Behandlung der Mietsache
durch die Beklagten zu suchen ist.
2. Die Vorinstanz hat zu Recht
entschieden, dass die Beklagten für allfällige Überschwemmungsschäden
nicht haften würden. Sie hat weiter zu Recht erwogen, dass die
Beweislast für den Nachweis für das Vorhandensein von Mängeln, die die
Beklagten zu vertreten hätten, den Kläger trifft. Die Vorinstanz hat zur
Beweislage ein umfangreiches Beweisverfahren durchgeführt. Bei der
Würdigung der entsprechenden Zeugenaussagen ist sie zum Schlusse
gelangt, dass dem Kläger der Beweis, dass die Mängel von den Beklagten
durch unsachgemässen Gebrauch der Mietsache verursacht worden sind,
nicht gelungen sei. Der Kläger rügte in seiner Appellationsschrift, die
Vorinstanz habe die von ihr selbst erhobenen Beweise willkürlich
gewürdigt. Wie es sich damit verhält, kann, wie weiter unten darzulegen
ist, offen bleiben.
3. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass
die ehemalige Wohnung der Beklagten schwer von den Überschwemmungen in
H. vom 3./4. Juli 1998 betroffen war. Es steht überdies fest, dass nach
der Überschwemmung die Böden ersetzt und die Wohnung mit
Trocknungsmaschinen ausgetrocknet werden mussten. Nach diesen Vorkehren
haben die Beklagten auf Ende August 1998 bis zum Ende des
Mietverhältnisses im Oktober 2000 wieder in der Wohnung gewohnt und
regelmässig den vertraglichen Mietzins bezahlt. Aus diesen Tatsachen
folgert der Kläger, dass die Beklagten ihre Meldepflicht verletzt haben,
wenn sie heute behaupten, die im Oktober 2000 festgestellten
Feuchtigkeitsschäden seien durch die Überschwemmung 1998 verursacht
worden. Nach Art. 257g OR muss der Mieter Mängel, die er nicht selber zu
beseitigen hat, dem Vermieter melden. Diese Meldepflicht bezieht sich
auf während des Mietverhältnisses entstehende Mängel. Die Unterlassung
der Mängelmeldung stellt eine Vertragsverletzung dar (Peter Higi,
Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht, Zürich
1994, Art. 257g N. 19, 32). Unterlässt der Mieter die Meldung , so
haftet er nach Art. 257g Abs. 2 OR für den Schaden, der dem Vermieter
daraus entsteht.
Bezüglich einer allfälligen Verletzung der
Meldepflicht gemäss Art. 257g OR durch die Beklagten wird deren
Vertragstreue vermutet. Das bedeutet, dass davon auszugehen ist, dass
die Beklagten ihrer Meldepflicht korrekt nachgekommen wären, wenn ein
nach Art. 257g OR meldepflichtiger Schaden während der Mietdauer
entstanden wäre. Nach dem Wasserschaden vom 3./4. Juli 1998 wurden die
Bodenbeläge ersetzt und die Wohnung mit Austrocknungsgeräten getrocknet.
Nach Abschluss dieser Arbeiten und nachdem die Beklagten aus ihren
Ferien zurückgekehrt waren, sind sie, wie die Vorinstanz in
Übereinstimmung mit den Parteien angenommen hat, Ende August in die
Wohnung zurückgekehrt. Wären damals die Folgen des Wasserschadens nicht
behoben gewesen, wären die Beklagten verpflichtet gewesen, die noch zu
behebenden Schäden dem Vermieter zu melden. Eine solche Meldung hätte
zudem die Mängelrechte der Beklagten gemäss Art. 259a – i OR ausgelöst.
Dass und wann die Beklagten die gravierenden Schäden dem Kläger
mitgeteilt hätten, wurde von den Beklagten nie behauptet. In der
Klageantwort vom 26. November 2001 wurde lediglich ausgeführt, dass die
Vermieter Feuchtigkeitsschäden den Mietern anzulasten pflegen mit der
Begründung, es würde zu wenig gelüftet. Erst in der Appellationsantwort
haben die Beklagten behauptet, sie seien ihrer Meldepflicht
nachgekommen. Sie führten dazu aus, dass die Mängelmeldung an keine Form
gebunden sei und auch mündlich erfolgen könne. Der Zeuge D. R. habe
klar erwähnt, dass der Kläger mehrmals darauf aufmerksam gemacht worden
sei, dass in der Wohnung Schimmel auftrete, dass Feuchtigkeitsprobleme
bestünden und dass der Vermieter sich dies sogar selbst angeschaut habe.
Die
Mängelmeldung ist eine empfangsbedürftige Mitteilung, die an keine Form
gebunden ist. Es genügt die mündliche Meldung, ausser der Mieter
beabsichtigte eine Hinterlegung der Mietzinse (Higi, a.a.O. Art. 257g N.
28). Vorliegend haben die Beklagten erstmals in der Appellationsantwort
behauptet, sie hätten ihre Meldepflicht durch mündliche Mitteilung dem
Kläger gegenüber erfüllt. Einziges Beweismittel für diese Behauptung ist
die Zeugenaussage des Sohnes der Beklagten bei der Vorinstanz. Nachdem
es sich beim Zeugen um den Sohn der Beklagten handelt, ist bei der
Würdigung seiner Aussage Zurückhaltung am Platze. Zurückhaltung scheint
auch deshalb als geboten, weil die Aussagen von D. R. recht vage sind
und er verschiedene Fragen gar nicht beantworten konnte. Insbesondere
die Aussagen auf die Frage des Gerichts, ob der Vermieter informiert
worden sei, sind unpräzis. Es geht aus der Antwort des Zeugen nicht
hervor, ob die Information des Vermieters unmittelbar nach dem
Wassereinbruch oder nach der Austrocknung der Wohnung erfolgt sein soll.
Wären nach der Austrocknung der Wohnung und der Rückkehr der Beklagten
aus den Ferien gravierende Feuchtigkeitsprobleme in der Wohnung der
Beklagten aufgetreten, für die der Vermieter Abhilfe hätte schaffen
sollen, wären die als vertragstreu vermuteten Beklagten gehörig an den
Kläger gelangt und hätten ihn auf die Missstände aufmerksam gemacht.
Nach Einleitung der vorliegenden Klage hätten sie sodann von Anfang an
geltend gemacht, wann und über was sie den Vermieter (mündlich)
orientiert hatten. Das haben sie nicht getan. Nachdem die Beklagten bis
zur Appellationsantwort nichts über eine Mängelmeldung an den Vermieter
geltend gemacht hatten, können sie nachträglich auch nichts aus den
vagen Angaben ihres Sohnes ableiten. Der Zeuge erscheint aufgrund des
eigenen Prozessverhaltens der Beklagten als nicht glaubwürdig. Es ist
somit davon auszugehen, dass die Wohnung nach der Austrocknung des
Wasserschadens wieder instand gestellt war, ansonst die Beklagten die
fortdauernde Mangelhaftigkeit gemeldet hätten. Die im Oktober 2000
festgestellten Feuchtigkeitsschäden sind deshalb durch unsachgemässe
Benutzung der Wohnung durch die Beklagten entstanden, weshalb sie für
die Kosten der Malerarbeiten im nicht angefochtenen Ausmass von 60%
aufzukommen haben.
Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem
Augenschein vom 15. August 2002. Die Wohnung wurde nach dem Auszug der
Beklagten frisch gestrichen und ist seither wieder bewohnt. Nirgends in
der Wohnung sind heute Feuchtigkeitssymptome sichtbar. Das stimmt mit
dem (zwar zu Prozesszwecken erstellten) Schreiben der heutigen Mieter
der Wohnung an den Anwalt des Klägers vom 13. Februar 2002 überein. Wäre
die Isolation mangelhaft, würden die Wände in der ehemaligen Wohnung
der Beklagten heute wieder Feuchtigkeitsspuren aufgewiesen haben.
Décision
37/3 - Meldepflicht bei Mängeln