Kündigung wegen Zahlungsrückstand
Base légale
Nom du tribunal
Kantonsgericht des Kantons Zug
Date
01.09.2008
Résumé
Die Kündigung ist unwirksam, da der Mietende vor Ablauf der ihm nach Artikel 257d OR gegebenen Zahlungsfrist eine Verrechnungserklärung abgegeben hat.
Exposé des faits
Am 10. Mai 2005 schlossen die X. AG (nachfolgend als Klägerin
bezeichnet) und die Y. AG (nachfolgend als Beklagte bezeichnet) einen
befristeten Mietvertrag mit Mietbeginn am 1. Juni 2005 und Mietende am
31. Mai 2010 über einen Büroraum.
Am 1. Juni 2005 trat die
Vormieterin, die Z. AG, der Beklagten Ansprüche gegenüber der Klägerin
aus Reinigungsarbeiten über Fr. 19´840.- ab.
Am 26. Februar 2008
mahnte die Klägerin die Beklagte wegen einem Mietzinsausstand von Fr.
18´519.50.- und forderte sie auf, diesen innert 30 Tagen zu begleichen.
Am 10. April 2008 kündigte die Klägerin der Beklagten gestützt auf Art. 257d OR auf den 31. Mai 2008.
Mit Eingabe vom 12. Mai 2008 focht die Beklagte die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde in Mietsachen an.
Mit Eingabe vom 11. Juli 2008 beantragte die Klägerin die sofortige Ausweisung der Beklagten.
Mit
Eingabe vom 28. Juli 2008 beantragte die Beklagte die kostenfällige
Abweisung des Ausweisungsgesuchs und die Übernahme des hängigen
Verfahrens von der Schlichtungsbehörde in Mietsachen. Zur Begründung
machte sie im Wesentlichen geltend, die Z. AG habe ihr – der Beklagten –
eine Forderung gegenüber der Klägerin über Fr. 19´840.- aus
Reinigungsarbeiten abgetreten, welche von der Klägerin damals nicht
ausgeführt worden seien und daher einem Dritten hätten in Auftrag
gegeben werden müssen. Aufgrund dieser Abtretungsforderung hätten sich
die Parteien im Februar 2007 darauf geeinigt, dass die geschuldeten
Mietzinse bis mindestens Ende Mai 2008 verrechnet würden. Die Kündigung
sei daher nicht gültig erfolgt, und eine Ausweisung komme nicht in
Frage.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2008 überwies die
Schlichtungsbehörde in Mietsachen dem Kantonsgericht Zug, Einzelrichter
im summarischen Verfahren, gestützt auf Art. 274g OR die Akten betreffen
Anfechtung der Kündigung.
Considérations
2. Die Klägerin kündigte aufgrund von Art. 257d OR das Mietverhältnis am
10. April 2008 mit amtlichem Formular gemäss Art. 266l Abs. 2 OR auf
den 31. Mai 2008. Diese Kündigung erfolgte ausserordentlich, da sie
nicht auf einen der vereinbarten Kündigungstermine erfolgte. Nachfolgend
ist zu prüfen, ob das Mietverhältnis mit dieser Kündigung rechtsgültig
beendet wurde.
Ist der Mieter nach der Übernahme der Mietsache mit
der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann
ihm der Vermieter gemäss Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine
Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der
Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt bei Wohn-
und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage. Bezahlt der Mieter innert der
gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und
Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines
Monats kündigen (vgl. Art. 257d Abs. 2 OR). Die Kündigung ist unwirksam,
wenn eine Kündigungsvoraussetzung wie Zahlungsrückstand nicht gegeben
ist. Eine derartige unwirksame Kündigung kann nicht in eine ordentliche
Kündigung umgedeutet werden (Lachat/Stoll/Brunner, Mietrecht für die
Praxis, 6.A., Zürich 2005, S. 471 und 522 f.).
Die Mietzinsschuld
kann durch Verrechnung mit einer eigenen Forderung des Mieters gegenüber
dem Vermieter getilgt werden. Eine Verrechnung tritt insofern ein, als
der Mieter dem Vermieter zu erkennen gibt, dass er von seinem Recht der
Verrechnung Gebrauch machen wolle (Art. 124 Abs. 1 OR). Die
Tilgungswirkung tritt aber nicht automatisch ein, sondern erfordert eine
Gestaltungserklärung des verrechnungswilligen Mieters. Übt der Mieter
sein Verrechnungsrecht durch Erklärung aus, bewirkt dies den Untergang
sowohl der Verrechnungs- wie der Mietzinsschuld bis zur Höhe des
niedrigeren Forderungsbetrags (Art. 124 Abs. 2 OR). Damit allerdings der
Mieter nicht in Zahlungsrückstand gerät, muss die Verrechnungserklärung
rechtzeitig, d. h. vor Ablauf der dem Mieter gesetzten Zahlungsfrist
nach Art. 257d OR abgegeben werden (vgl. BGE 4C.248/2002, E. 5.2 [publ.
In MRA 2003, S. 69 ff.]. Erfolgt eine Verrechnungserklärung rechtzeitig,
ist zu prüfen, ob und wieweit ein Verrechnungsanspruch besteht. Für die
Verrechnung gilt, dass die Gegenforderung in Bestand und Höhe
ausgewiesen sein muss, sie im Zeitpunkt der Verrechnung fällig ist und
kein gesetzliches oder vertragliches Verrechnungsverbot sie
ausschliesst. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, befindet sich
der Mieter trotz Abgabe der Verrechnungserklärung bei Fristablauf
weiterhin in Verzug, und die vom Vermieter ausgesprochene Kündigung
bleibt wirksam (vgl. MRA 2003, S. 72 f.).
Mit Schreiben vom 11. März
2008 bestätigte die Beklagte den Erhalt des Schreibens der Klägerin vom
26. Februar 2008 betr. „Letzte Mahnung/Kündigungsandrohung“ und hielt
unter Verweis auf die bisherige Korrespondenz und die Abrechnung vom 2.
Februar 2007 – woraus sich klar ergibt, dass die Beklagte der Ansicht
ist, eine Verrechnungsforderung gegenüber der Klägerin zu haben – fest,
dass die Mietzinsen und Nebenkosten für das Mietobjekt bis Ende Mai 2008
bezahlt seien. Damit hat die Beklagte eine fristgerechte – die
Zahlungsfrist dürfte vom 28. Februar bis 28. März gedauert haben – und
rechtsgenügende „Verrechnungserklärung“ abgegeben.
Die Beklagte
beruft sich für ihren Verrechnungsanspruch für eine ihr von der Z. AG
abgetretene Forderung über Fr. 19´840.- für Reinigungen. Die Klägerin
wendet ein, dass als Schuldner aus dem besprochenen Mietverhältnis für
sie ganz klar nur die Beklagte als Vertragspartnerin entscheidend sei.
Zu Recht (vlg. Art. 164 Abs. 1 und 165 Abs. 1 OR) macht sie jedoch nicht
geltend, es liege keine gültige Abtretung vor. Ihr Einwand ist daher
nicht zu hören. Gleiches gilt nach Erwägung 2.2 auch für ihren Einwand,
wonach eine Verrechnungsforderung mietrechtlich nicht relevant sei. Was
die Verrechnungsforderung anbelangt, macht die Klägerin aktenwidrig
geltend, eine Verrechnung mit etwelchen Forderungen sei für das
vorliegende Mietverhältnis nicht bekannt. Sie bestreitet substanziiert
jedoch weder den Bestand, die Höhe, die Fälligkeit der geltend gemachten
Verrechnungsforderung noch die geltend gemachte Ausübung der
Verrechnung mit den Mietzinszahlungen resp. die vereinbarte Verrechnung
bis Ende Mai 2008 und wendet auch nicht ein, es liege ein
Verrechnungsverbot vor. Demzufolge hat die Verrechnungsforderung als
ausgewiesen zu gelten, und die Kündigung vom 10. April 2008 erfolgte zu
Unrecht. In diesem Zusammenhang ist schliesslich darauf hinzuweisen,
dass die Vertreterin der Klägerin als professionelle
Liegenschaftsverwalterin – wenn keine Verrechnung gegeben wäre – wohl
kaum mit der Kündigung bis April 2008 zugewartet hätte, wenn die letzte
„Mietzinszahlung“ der Beklagten mit Valuta 1. Februar 2006 erfolgt wäre.
Was die Klägerin mit dem Einwand bezweckt, wonach sie der Beklagten
bereits fünf mietzinsfreie Monate gewährt habe, ist nicht klar und daher
nicht zu hören.
Wie bereits erwähnt (vgl. Erwägung 2.2) liegt eine
unwirksame Kündigung vor, wenn sie ausgesprochen wird, ohne dass die
gesetzlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kündigungsgrundes
gegeben sind. Dies ist vorliegend der Fall. Wurde das Mietverhältnis
durch die Kündigung vom 10. April 2008 nicht rechtsgültig beendet, ist
auch dem Ausweisungsbegehren die Grundlage entzogen. Das
Ausweisungsbegehren ist daher abzuweisen und die Unwirksamkeit der
Kündigung ist festzustellen. Damit obsiegt die Beklagte vollumfänglich.
Décision
46/1 - Kündigung wegen Zahlungsrückstand