Kündigung infolge Gesamtsanierung
Base légale
Nom du tribunal
Obergericht des Kantons Zürich
Date
23.07.2008
Résumé
Wenn eine umfassende Renovation vorgesehen ist, sind Kündigungen in der Regel als zulässig zu erachten. Im konkreten Fall hatte die Kündigung auch nicht zum Ziel, den Mietenden eine einseitige Vertragsänderung aufzudrängen. Beim Angebot, die Mietsache nach dem Umbau zu einem höheren Preis wieder mieten zu können, handelte es sich vielmehr um ein Entgegenkommen der Vermietenden.
Exposé des faits
Die Kläger sind seit 1. April 1996 Mieter einer 5 ½-Zimerwohnung und
einer Garage. In der Folge mieteten sie noch einen Abstellraum sowie
einen Einstellplatz hinzu. Mit zwei amtlichen Formularen vom 10. Januar
2007 kündigten die Beklagten sämtliche mit den Klägern abgeschlossene
Mietverhältnisse auf den 31. August 2007 mit der Begründung „Umfassende
Gesamtsanierung“. Im Begleitschreiben dazu wurde ausgeführt, dass
angesichts der geplanten Sanierungsmassnahmen (vollständige Auswechslung
der Küchen, Bäder und sämtlicher Leitungsinstallationen, Veränderungen
der Wohnungsgrundrisse und Erneuerung der Wand- und Bodenbeläge) ein
Wohnen während den Sanierungsarbeiten im Mietobjekt absolut unzumutbar
sei. Im Anschluss an die Kündigung unterbreiteten die Beklagten den
Mietern eine Offerte zum Abschluss eines neuen Mietvertrages nach
erfolgter Gesamtsanierung. Die Kläger fochten die Kündigung rechtzeitig
bei der Schlichtungsbehörde an. Mit Beschluss vom 27. April 2007 stellte
die Schlichtungsbehörde die Gültigkeit der am 10. Januar 2007 per 31.
August 2007 ausgesprochenen Kündigung fest und wies das
Erstreckungsbegehren der Kläger ab. Die Kläger gelangten daraufhin mit
Eingabe vom 27. Juni 2007 an das Mietgericht. Die Hauptverhandlung fand
am 24. September 2007 statt. Mit gleichentags ergangenem Urteil stellte
das Mietgericht die Gültigkeit der Kündigung vom 10. Januar 2007 per 31.
August 2007 fest. Es erstreckte die Mietverhältnisse einmalig um fünf
Monate, d.h. bis zum 31. Januar 2008.
Gegen diesen am 29. Februar 2008 zugestellten Entscheid erhoben die Kläger mit Zuschrift vom 10. März 2008 rechtzeitig Berufung.
Considérations
Wie die Kläger zu Recht geltend machen, ist es nicht Sache des
Vermieters, die Mieter durch eine Kündigung gegen deren Willen vor
eventuell störenden Umbauarbeiten zu verschonen. Art. 260 Abs. 1 OR ist
lediglich als relativ zwingend zugunsten des Mieters aufzufassen, und es
sind Änderungen und Erneuerungen der Mietsache daher stets dann als
zulässig zu betrachten, wenn der Mieter ihnen - in Kenntnis aller
wesentlichen Umstände – ausdrücklich zustimmt oder sie sogar wünscht
(Higi, N 6 zu Art. 260 OR). Die Frage der Zumutbarkeit der
Sanierungsarbeiten für die Kläger stellt sich somit nicht mehr.
Hinzuweisen ist indessen darauf, dass die Gestaltung des
Sanierungsprogramms ausschliesslich Sache des Vermieters ist; dieser
kann die Kündigung einer längerdauernden Renovationsphase mit
Mietzinsreduktionen über Monate zugunsten der Mieter vorziehen, um die
(eingreifenden) Arbeiten rasch und günstig zu erledigen. Im Licht von
Treu und Glauben kann ihm eine solche Wahl nicht vorgeworfen werden
(Higi, N 87 zu Art. 271 OR unter Hinweis auf BGE 120 II 105 ff.). Wenn
eine umfassende Renovation vorgesehen ist, sind Kündigungen in der Regel
als zulässig zu erachten (SVIT-Kommentar Mietrecht, N 32 zu Art. 271
OR). Es kann daher offenbleiben, ob die Behauptung der Kläger,
Sanierungsprojekte würden in der Regel in ungekündigtem Mietverhältnis
durchgeführt, zutreffend ist, da ein Vermieter jedenfalls nicht
verpflichtet ist, auf diese Weise vorzugehen. Im vorliegenden Fall ist
unbestrittenermassen eine umfassende Sanierung der Liegenschaft geplant,
was die Kündigung nicht als gegen Treu und Glauben verstossend
erscheinen lässt. Entgegen der Auffassung der Kläger brauchen die
Beklagten dazu nicht noch den Nachweis zu erbringen, dass die Sanierung
in Anwesenheit der Mieter für sie einen unverhältnismässigen Mehraufwand
zur Folge hätte. Dass die Beklagten bisher die Sanierungsarbeiten noch
nicht in Angriff genommen haben und die Baufreigabe erst am 10. April
2008 erfolgte, lässt entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf
schliessen, dass die Sanierung nicht dringlich ist. Solange noch
Kündigungsanfechtungsverfahren hängig sind und nicht abgeschätzt werden
kann, wann die betreffenden Mieter ausziehen, erscheint es auch nicht
zweckmässig, mit den Renovationsarbeiten zu beginnen. Entgegen der
Darstellung in der Berufungsbegründung hat das Mietgericht dazu Stellung
genommen, weshalb die Kündigung bei vier von insgesamt 45 Mietern nicht
notwendig war, nämlich, weil in diesen Wohnungen bereits eine
Teilsanierung durchgeführt worden sei und nur noch geringfügigere
Arbeiten als beim Mietobjekt der Kläger anstünden. Die Kläger gehen
selber davon aus, dass in diesen vier Wohnungen bereits Arbeiten
ausgeführt wurden. Sie bezeichnen diese zwar als „nachgeholte
Unterhaltsarbeiten“. Unbestrittenermassen wurden in diesen vier
Wohnungen Bad und Küche saniert. Dies kann nicht als blosser Unterhalt
qualifiziert werden.
Die Kläger vertreten auch im Berufungsverfahren
die Auffassung, die Kündigung mit dem gleichzeitigen Angebot, die
Mietsache nach dem Umbau zu einem Mietzins von Fr. 4'000.- monatlich
sowie einem verkleinerten Kellerabteil wieder mieten zu können, sei die
Durchsetzung einer Vertragsänderung. Dieser Auffassung kann nicht
gefolgt werden. In der den Klägern unterbreiteten Vereinbarung
verpflichtete sich die Vermieterin, ihnen nach erfolgter Gesamtsanierung
vorrangig und exklusiv die von ihr bisher bewohnte 5.5-Zimmerwohnung
zur Miete anzubieten, wobei der massgebende Bruttomietzins zum Zeitpunkt
der Vertragsunterzeichnung den Betrag von Fr. 4'000.- nicht übersteigen
dürfe. Den Klägern wurde eine Bedenkfrist von 20 Tagen zur Annahme der
Offerte zum Abschluss eines Mietvertrages eingeräumt und es wurde darauf
hingewiesen, dass sich die Mieterschaft erst mit der rechtsgültigen
Unterzeichnung des Mietvertrages für das neue Mietobjekt verpflichte.
Der Einwand der Kläger, die Bedenkfrist sei zu kurz gewesen, weil sie
noch Abklärungen hätten treffen müssen, geht fehl. Die zwanzigtägige
Frist bezog sich nicht auf die Unterzeichnung der Vereinbarung, sondern
auf die Annahme der im Anschluss an die Sanierung zu unterbreitenden
Offerte zum Abschluss eines Mietvertrages. Zur Beseitigung allfälliger
Unklarheiten bezüglich der Beschaffenheit und des Aussehens der Wohnung
nach dem Umbau hätte somit noch Zeit bis zur Unterzeichnung des
Mietvertrages zur Verfügung gestanden. Um die Feststellung der
Ungültigkeit der Kündigung zu erreichen, muss der Mieter einen direkten
Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Willen des Vermieters, ihm
seine Forderung aufzuzwingen, nachweisen (Mietrechtspraxis 1996 S. 105
ff. mit Zitaten = act. 9/22). Der vorliegende Fall unterscheidet sich
indessen in wesentlichen Punkten von dem jenem Entscheid zugrunde
liegenden Sachverhalt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass eine
Regelung für den vorzeitigen Auszug getroffen wurde. Gemäss dieser
Bestimmung ist die Mieterschaft, wenn sie nicht mehr an der Anmietung
eines Mietobjektes der Überbauung … interessiert sein sollte,
berechtigt, ab sofort auszuziehen, sofern sie dies der Vermieterin
mindestens zwei Wochen im Voraus mit eingeschrieben zugestelltem Brief
anzeigt. Für diesen Fall verpflichtete sich die Vermieterin, sich je
nach Wohnungsgrösse mit Fr. 1'500.- bis Fr. 3'000.- an den Umzugskosten
zu beteiligen. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass die
Kündigung nicht zum Ziel hatte, den Klägern eine einseitige
Vertragsänderung aufzudrängen. Die Beklagten hatten offensichtlich kein
Interesse daran, die Kläger zum Abschluss eines neuen Mietvertrages mit
einem erhöhten Mietzins zu bewegen, sondern ihre Offerte an die Mieter
zum Abschluss eines neuen Mietvertrages über die bisher bewohnte Wohnung
stellte ein Entgegenkommen ihrerseits dar.
Décision
45/5 - Kündigung infolge Gesamtsanierung