Obergericht Zürich
07.09.2005
Eine Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt eines Missverhältnisses hat zwar auch schon bei der Kündigung ihren Platz, darf aber nicht im Sinne des Erstreckungsrechts ausfallen, da dieses sonst reine Makulatur bliebe.
2. [Zusammenfassung: Umstritten ist die Frage einer allfällig vereinbarten Mindestmietvertragsdauer. Das Obergericht hält fest, dass aufgrund des Beweisverfahrens vorliegend von einer vereinbarten Mindestmietvertragsdauer von fünf Jahren auszugehen ist.]
3.a) Ist das Mietverhältnis auf fünf Jahre befristet, so ist gemäss dem hier anwendbaren Art. 266a Abs. 2 OR die Kündigung per 30. September 2005 gültig, es sei denn, die Kündigung erweise sich als missbräuchlich im Sinne von Art. 271 ff. OR. [...]
b)aa) Die Vorinstanz hat die Kündigung wegen Bestehens eines erheblichen Missverhältnisses der Interessen als missbräuchlich erklärt und hat die Interessen der Beklagten gegenüber denjenigen des Klägers höher gewichtet. So würde die Kündigung für die Beklagte einen existenzgefährdenden Nachteil wegen schwieriger Suche nach Ersatzräumlichkeiten und wegen fehlender Amortisation der getätigten Investitionen bedeuten. Demgegenüber erwiesen sich die Interessen des Klägers als geringfügiger, da dieser finanziell nicht auf den beabsichtigten Handelsbetrieb angewiesen sei bzw. vielmehr lediglich einem Hobby nachzugehen gedenke. Auch liege ein widersprüchliches Verhalten des Klägers bei Vertragsabschluss vor, welches die Kündigung wiederum missbräuchlich erscheinen lasse, habe sich doch der Kläger so verhalten, dass die Beklagte von einem langandauernden Mietverhältnis ausgehen durfte (vgl. zum Ganzen bezüglich treuwidrigem Verhalten ZK-Higi, N 55 zu Art. 271 ZGB).
bb) Im Gegensatz zur Vorinstanz, welche die Missbräuchlichkeit der
Kündigung ausgehend vom in der Kündigung angegebenen Termin vom 31. März
2003 beurteilt hatte, ist diesbezüglich vorliegend vom 30. September
2005 auszugehen. So ist für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der
Kündigung die Wirkung derselben und nicht der vom Vermieter angegebene
Termin ausschlaggebend.
Eine Interessenabwägung unter dem
Gesichtspunkt eines Missverhältnisses hat zwar auch schon bei der
Kündigung ihren Platz, doch darf sie nicht im Sinne des
Erstreckungsrechts gemäss Art. 272 OR ausfallen, da dieses ansonsten
reine Makulatur bliebe. Eine Treuwidrigkeit aufgrund eines
Missverhältnisses der Inte¬ressen ist denn auch nur in krassen Fällen
bzw. bei einem erheblichen Missverhältnis anzunehmen (vgl. ZK-Higi,
N
79 f. zu Art. 271 OR; Weber, in: Basler Kommentar, N 6 zu Art. 271/271a
OR), so z.B. bei einer ordentlichen Kündigung des Vermieters wegen
einer kleinen Vertragsverletzung des Mieters (z.B. Wäsche wurde einmal
in der Waschmaschine liegen gelassen) bzw. weil der Mieter ausnahmsweise
und bloss um zwei Tage im Verzug war oder die Kündigung des Vermieters
kurz nach der Vermietung von Zusatzräumlichkeiten zum Zwecke der
Betriebsvergrösserung (ZK-Higi, N 81 zu Art. 271 OR; Basler-Kommentar, N
5 zu Art. 271/271 a OR). Der vorliegende Fall, wo die Beklagte fünf
Jahre in den Mieträumlichkeiten bleiben konnte, ist in keiner Weise mit
diesen Beispielen vergleichbar. Vielmehr sind die Interessen der
Parteien und deren allenfalls stossendes Verhalten bei Vertragsabschluss
bzw. während des Mietverhältnisses unter dem Aspekt des
Erstreckungsrechts zu beurteilen. Das Gleiche gilt für die von der
Vorinstanz angenommene Missbräuchlichkeit der Kündigung aufgrund
angeblich widersprüchlichen Verhaltens des Klägers. Aus dem Verhalten
des Klägers bei Vertragsabschluss sowie auch der Mithilfe seines Sohnes
beim Einrichten der Bäckerei können keine weiteren Zusagen herausgelesen
werden, als dass das Mietverhältnis mindestens fünf Jahre dauere. Zum
Schutz vor einer entsprechend verfrühten Kündigung dient wiederum Art.
266a OR.
c) Die Kündigung erweist sich demnach als gültig.