Kündigung durch einen gewillkürten Stellvertreter

Base légale

Nom du tribunal

Mietgericht des Sense- und Seebezirks

Date

28.04.2015

Résumé

Das nachfolgend zitierte Urteil setzt sich mit der Frage auseinander, ob eine durch eine gewillkürte Stellvertretung unterzeichnete Kündigung rechtliche Wirkungen entfaltet. Zudem werden die Anfechtbarkeit einer Kündigung im Falle eines allfälligen Verstosses gegen Treu und Glauben im Sinne der Artikel 271 und 271a OR thematisiert und die Voraussetzungen, die zu einer Erstreckung eines geschäftlichen Mietverhältnisses führen können, aufgeführt.

Exposé des faits

Die Mieterin (Klägerin) hatte die Geschäftsräumlichkeiten mindestens seit Juli 1986 gemietet.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 kündigten die Vermieter (Beklagten), eine Erbengemeinschaft, das Mietverhältnis auf den nächsten ordentlichen Termin am 30. Juni 2016. Das hierfür verwendete amtliche Formular war von Seiten der Vermieter jedoch nur von einem Mitglied der Erbengemeinschaft unterzeichnet worden.

Am 23. Juli 2013 gelangte die Mieterin an die Schlichtungskommission für Mietverhältnisse. Sie machte einerseits geltend, dass auf der Kündigung die Unterschrift aller Vermieter fehle und die Kündigung gegen Treu und Glauben verstosse. Subsidiär wurde um Erstreckung des Mietverhältnisses um sechs Jahre ersucht. Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 26. August 2013 konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden.

Mit Eingabe vom 24. September 2013 gelangte die Klägerin ans Mietgericht. An der Sitzung vom 6. Februar 2014 wurden Vergleichsverhandlungen geführt, worauf das Verfahren auf gemeinsamen Antrag der Parteien bis zum 30. April 2014 sistiert wurde. Die Sistierung wurde in der Folge verlängert, bis die Vermieter am 13. Oktober 2014 mitteilten, zwischen den Parteien habe keine Einigung erzielt werden können und das Verfahren sei wieder aufzunehmen.

An der Sitzung vom 3. Februar 2015 wurde die Sache vor dem Mietgericht vorgetragen. Hierbei liess die Mieterin davon ab, die Ungültigkeit der Kündigung wegen fehlender Unterschrift aller Vermieter weiter vorzubringen. Das Gericht hielt am 28. April 2015 die Beratung ab und fällte den vorliegenden Entscheid:




Considérations

4.2 Das Gericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO), so dass zu prüfen ist, ob die Kündigung gültig unterschrieben ist.

Wer ein Mietverhältnis durch Kündigung beenden will, muss dazu berechtigt sein.

So muss unter anderem der Kündigende (oder der, für den durch einen Stellvertreter gekündigt wird) (handlungsfähige) Partei dieses Mietverhältnisses sein. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, bleibt die Kündigung wirkungslos (vgl. Higi, Zürcher Kommentar, Zürich 1995, N 52, 54 Vorbem. zu Art. 266–266o OR).

Die Kündigung durch einen gewillkürten Stellvertreter ist wie jede Handlung bzw. Erklärung, die ein Stellvertreter für den Vertretenen ausübt bzw. abgibt, dem Vertretenen anzurechnen und zeitigt grundsätzlich die gleichen Wirkungen, die eintreten würden, wenn der Vertretene die Kündigung selbst abgegeben hätte. Da Kündigungen klare Verhältnisse voraussetzen und schaffen sollen, ist bei der gewillkürten Stellvertretung immerhin zu verlangen, dass für die gekündigte Partei – nach den Grundsätzen des Vertrauensprinzips – aus der Kündigung bzw. aus weiteren Umständen dazu (Art. 32 Abs. 2 OR, wie z.B. Vertragsurkunde, vom Vermieter versandte Zirkulare oder Formulare) im Zeitpunkt des Empfangs der Kündigung klar ersichtlich ist (und somit sein muss), dass der Kündigende als ermächtigter Vertreter des Vertragspartners handelt. Denn die Kündigung eines dazu nicht ermächtigten Stellvertreters ist eine bedingt (unter Vorbehalt der Genehmigung) ausgesprochene Kündigung. Geht weder aus der Kündigung selbst noch aus den weiteren Umständen zur Kündigung – im Lichte des Vertrauensprinzips – für den Gekündigten eine Stellvertretung erkennbar hervor, so darf der Gekündigte die Kündigung als solche eines Nichtberechtigten (Nichtvertragspartners) auffassen, was der Vertretene (im Falle der Ermächtigung des Vertreters) hinwieder gegen sich gelten lassen muss. Da die Kündigung eines Nichtberechtigten ex tunc wirkungslos bleibt, hat dieselbe Wirkungslosigkeit bei Kündigungen einzutreten, die nicht erkennbar von einem ermächtigen Stellvertreter des Mietvertragspartners ausgesprochen wurden. Ermächtigungslos ausgesprochene Kündigungen des Stellvertreters sind als unzulässige bedingte Kündigungen ex tunc wirkungslos. Das schliesst eine nachträgliche Genehmigung der Kündigung des nichtermächtigten Stellvertreters durch den Vertretenen von vorherein aus; ein Nichts kann nicht durch eine Genehmigung etwas werden (siehe Higi, a.a.O., N 69 ff. Vorbemerkungen zu Art. 266–266o OR).

Vorliegend war für die gekündigte Klägerin nach den Grundsätzen des Vertrauensprinzips klar, dass die Unterzeichnende von der Erbengemeinschaft ermächtigt war. So schrieb die Klägerin am 19. Dezember 2012 an die Adresse von Frau P.R., sprach aber offensichtlich auch die übrigen Erben an: „Sehr geehrte Damen und Herren“. Das Kündigungsbegleitschreiben vom 24. Juni 2013 wurde zwar – gleich wie das Kündigungsformular – nur von P.R. unterzeichnet. Aus dem Briefkopf ist jedoch ersichtlich, dass P.R. und die Erbengemeinschaft R. Absender des Briefes sind. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin aus den Umständen schliessen (und hat dies auch getan), dass P.R. die Kündigung nicht nur für sich selber, sondern auch für die Erbengemeinschaft aussprach und dass sie zu deren Vertretung befugt war (vgl. Art. 32 Abs. 2 OR). Eine entsprechende, vom 21. Juni 2013 datierte Vollmacht liegt im Übrigen in den Akten.

4.3.1 Die Anfechtbarkeit einer Kündigung wegen Verstosses gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist in den Art. 271 und 271a OR geregelt. Die erste Bestimmung enthält den allgemeinen Grundsatz, wonach eine Kündigung, die gegen Treu und Glauben verstösst, anfechtbar ist. Die zweite Bestimmung umschreibt die Tatbestände, bei deren Erfüllung die Vermieterkündigung anfechtbar ist. Nach der Generalklausel von Art. 271 Abs. 1 OR ist eine Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Art. 271a OR stellt eine lex specialis zum Grundtatbestand der Anfechtung treuwidriger Kündigung dar. Ist keiner der in Art. 271a OR aufgezählten besonderen Tatbestände missbräuchlicher Kündigung erfüllt, kann die Kündigung nach dem allgemeinen Grundsatz von Art. 271 OR anfechtbar sein. Unter Art. 271 OR fällt jede Kündigung, die sich auf keinerlei schutzwürdiges Interesse stützt, die aus reiner Schikane erfolgt, ein unlauteres, illoyales Verhalten darstellt, die zu einem offenkundigen Missverhältnis der auf dem Spiel stehenden Interessen führt oder deren Begründung offensichtlich ein Vorwand ist. Die Besonderheit gegenüber Art. 2 ZGB liegt darin, dass Art. 271 OR keinen offensichtlichen Rechtsmissbrauch verlangt, damit eine Kündigung angefochten werden kann. In Anlehnung an die Materialien, den vor Art. 271a OR ausdrücklich erfassten Fällen und den im Zusammenhang mit Art. 2 ZGB entwickelten Grundsätzen können die anfechtbaren Kündigungen in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Trotzdem erfordert Art. 271 Abs. 1 OR eine fallbezogene Prüfung; massgeblich sind jeweils die Vorgeschichte des Falls, seine Besonderheiten und natürlich die angeführten Gründe für die Kündigung:

  • Kündigungen, welche ohne schutzwürdiges Interesse ausgesprochen werden oder gegen das Gebot der schonungsvollen Rechtsausübung verstossen;
  • Kündigungen, welche als illoyales, widersprüchliches Verhalten erscheinen;
  • Kündigungen, welche ein krasses Missverhältnis der Interessen begründen;
  • zweckwidrige Ausübung des Kündigungsrechts (vgl. Lachat et al., Mietrecht für die Praxis, 8.A. 2009, Kap. 29/4.5, S. 606 ff. mit Beispielen).

4.3.3 Gemäss Klägerin liegt der Verstoss gegen Treu und Glauben darin, dass die Beklagten mit der Kündigung bezweckten, von ihr einen höheren Mietzins zu bekommen. Indessen ist der Klägerin der Nachweis nicht gelungen, dass die Beklagten die Kündigung aus diesem Grund ausgesprochen haben. Die Beklagten haben in der Kündigung keine Begründung angegeben. Die Klägerin scheint, abgesehen vom erwähnten Gespräch, von den Beklagten keine und namentlich keine schriftliche Begründung der Kündigung verlangt zu haben. Auch in der Notiz der Klägerin findet sich diesbezüglich nichts. Von Seiten der Beklagten liegt somit keine Verweigerung der Begründung vor, die ein Indiz für eine missbräuchliche Kündigung sein könnte (siehe Lachat, a.a.O., Kap. 29/3.4., S. 602). Die Beklagte sagte an der Sitzung von 3. Februar 2015 aus, gegenüber der Klägerin sei besprochen worden, die Klägerin könne einen Vorschlag machen, um die ganze Liegenschaft zu kaufen, und die Beklagten hätten sich einen Verkauf überlegt, wenn das Angebot gut gewesen wäre. Der Vermerk auf der Notiz der Klägerin vom 11. Juli 2013: „Neuer Vertrag folgt. Vorschlag unsererseits!“ deutet zwar darauf hin, dass von einem Angebot für einen Mietzins die Rede gewesen sein könnte, vermag aber für sich allein den Beweis dafür nicht zu erbringen. Immerhin war die Miete auf den 1. März 2012 erhöht worden, so dass die Beklagten nicht ernsthaft vorbringen konnten, die Miete sei seit langem nicht erhöht worden, wie die Klägerin behauptet. Die Vorbringen der Beklagten, es gehe ihnen um die Nachfolgeregelung, wofür der Mietvertrag für die Apotheke eine Belastung darstelle, ist plausibel. Daran ändert nichts, dass noch keine konkreten Absichten bestehen. Dies kann gerade auch am Bestand dieses Vertrages liegen und an der Ungewissheit, wie lange er noch dauern wird. Es ist nachvollziehbar, dass die Beklagten die Auflösung der Erbengemeinschaft anstreben und in diesem Zusammenhang auch die Änderung der Nutzung der Liegenschaft in Betracht ziehen. Ebenso ist es offensichtlich, dass es schwieriger ist, eine Lösung zu finden, wenn die Liegenschaft mit einem langjährigen Mietvertrag belastet ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich in der Liegenschaft neben der Apotheke ein Restaurant sowie eine Wohnung befinden, die von Mitgliedern der Erbengemeinschaft genutzt werden. Die Klägerin ist die einzige Nutzerin der Liegenschaft, die nicht zur Erbengemeinschaft gehört. Die Situation der Beklagten ist also mit jener, welche in BGE 140 III 496 (Pra 2015, S. 102) geschildert wird, nicht vergleichbar. In diesem Entscheid ging es um mögliche Renovationen an zwei Wohnblöcken mit zehn resp. fünfzehn Wohnungen, welche die Vermieter nicht selber bewohnten.

Von der Notiz der Klägerin abgesehen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es den Beklagten bei der Kündigung darum gegangen ist, in Zukunft von der Klägerin einen höheren Mietzins zu erhalten, oder dass die Kündigung aus anderen Gründen treuwidrig sein könnte, und die Klägerin hat entsprechende Tatsachen auch nicht behauptet. Die Kündigung war somit nicht rechtsmissbräuchlich und demnach gültig. Die Klage ist in diesem Punkt abzuweisen.

5.2 Löst die Kündigung des Vermieters eine Härte aus, kann der Mieter eine Erstreckung des Mietverhältnisses erwirken. Das gilt auch, wenn die Härte durch Ablauf der befristeten Vertragsdauer ausgelöst wird. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Härte durch die Vermieterinteressen nicht zu rechtfertigen ist. Die Erstreckung soll die nachteiligen Folgen der Kündigung oder des Vertragsablaufs mildern und dem Mieter für die Suche nach einer Ersatzlösung mehr Zeit geben (Lachat et al., a.a.O., Kap. 30/1.1, S. 636).

Entsprechend dem Zweck der Erstreckung können für den Mieter nur Umstände eine Härte begründen, welche die Suche nach einem geeigneten Ersatzobjekt in der zur Verfügung stehenden Zeit erschweren oder verunmöglichen. Ob derartige Umstände einen Anspruch auf Erstreckung begründen, bemisst sich in Abwägung mit den Vermieterinteressen (Lachat et al., a.a.O., Kap. 30/5.1, S. 641). Bei Geschäftsmieten liegt die Härte grundsätzlich in der Gefährdung des Unternehmens oder darin, dass der Umzug innert der ordentlichen Kündigungsfrist nicht möglich ist, weil zeitraubende Anpassungsarbeiten im neuen Mietobjekt nötig werden, für die unter Umständen gar behördliche Bewilligungen vorliegen müssen (Lachat et al.; a.a.O.; Kap. 30/5.2, S. 641).

Bei der Geschäftsraummiete kann von einer sozialen Notlage nach der Praxis nur gesprochen werden, wenn die Existenz des ganzen Unternehmens in Frage gestellt ist. Ist von der Kündigung nur eine Filiale betroffen, kann es an dieser Voraussetzung bereits fehlen. Eine erhebliche Härte besteht andererseits etwa, wenn die Fortführung des Betriebes an einem anderen Ort einer behördlichen Bewilligung bedarf und der Mieter zudem Bedarf nach besonders ausgestalteten Räumen hat (vgl. BGE 128 III 83 = 4C. 240/2001 vom 26.11.2001), denn hier ist die Ersatzbeschaffung schwierig und beansprucht naturgemäss viel Zeit (Weber, Basler Kommentar, 2011, 5A., N 3a zu Art. 272 OR). Massgeblich sind stets die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erstreckungsentscheides, denn anders als bei der Überprüfung der Kündigung selber hat die Erstreckung die Milderung der Kündigungswirkungen und damit letztlich eine Zukunftsprognose zum Gegenstand (Weber, a.a.O., N 3c zu Art. 272 OR). Keine Berücksichtigung findet die Härte für einen Dritten. Dies erweist sich bisweilen als stossend. Das Bundesgericht berücksichtigt daher in neuerer Zeit für die Beurteilung der Härte auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen (BGer 23.12.2004, 4C.343/2004, E. 4 = mp 2005, S. 100 ff.; BGer 13.03.2010, 4A. 62/2010, E.6.1.1).

Die Erstreckungsdauer kann reduziert oder die Erstreckung gar verweigert werden, wenn die Mieterin keine genügenden ernsthaften Suchbemühungen nachweisen kann, um auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses einen anderen Geschäftsraum zu finden (Urteil 4C.365/2006 vom 16. Januar 2007, E. 4.1 und Urteil 4C.155/2003 vom 3. November 2003, E. 4.1). Nach geltender Praxis wird vorausgesetzt, dass der Mieter sich sofort nach Erhalt einer Kündigung ernsthaft um andere Räume zu bemühen hat, wobei im Erstreckungsverfahren weniger hohe Anforderungen an die Suchbemühungen gestellt werden als im Zweiterstreckungsverfahren. Die Ersthaftigkeit betriebener Suchbemühungen bestimmt sich grundsätzlich nach objektiven Kriterien. Als elementare Voraussetzung dafür, dass man von ersthaften Suchbemühungen sprechen kann, ist zu fordern, dass mindestens die Inserate in den Tageszeitungen und die Angebote im Internet beobachtet werden und dass sich ein Mieter auf geeignete Objekte auch meldet. Der allgemeine Hinweis, man rechne sich bezüglich konkret zur Vermietung angebotener Objekte von vorherein keine Chancen aus, weshalb entsprechende konkrete Aktivitäten unterblieben seien, vermöchte eine Härte zufolge der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt in keinem Fall zu begründen. Beweispflichtig für die unternommenen Suchbemühungen ist im Übrigen der Mieter (SVIT-Kommentar, 3. A., Zürich 2008, N 34 zu Art. 272 OR). Da bei der Beurteilung der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Geschäftsräumlichkeiten eine dem „Leerwohnungsbestand“ entsprechende Statistik nicht existiert und daher schlechterdings nicht zu erkennen ist, gestützt auf welche Grundlagen ein Mitglied einer Schlichtungsbehörde oder eines Mietgerichts in der Lage sein soll, Vorstellungen über die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt zu besitzen, können daher die entsprechenden Verhältnisse nur gestützt auf die vom Mieter konkret nachgewiesenen Suchbemühungen und deren Resultat beurteilt werden können (SVIT-Kommentar, a.a.O., N 41 zu Art. 272 OR). Mieterseits erbrachte Investitionen stellen keinen Härtegrund dar (SVIT-Kommentar, a.a.O., N 43 zu Art. 272 OR).

Handelt es sich um einen Geschäftsbetrieb, der vorab auf eine grössere Stammkundschaft zählt, dürften in der Regel auch weiträumigere Standortverlegungen zuzumuten sein (SVIT-Kommentar, 3. A., Zürich 2008, N 44 zu Art. 272 OR).

Das Vermieterinteresse ergibt sich aus dem Grund, den der Vermieter für seine Kündigung angibt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind die persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der „Parteien“, also auch des Vermieters, zu berücksichtigen (Art. 272 Abs. 2 lit. c OR). Dabei spielen auf Seiten des Vermieters ebenfalls Alter, Gesundheitszustand, finanzielle Verhältnisse eine Rolle oder die Tatsache, dass er noch über andere Wohnungen verfügt. Die familiäre Situation kann ebenfalls von Belang sein. Wichtig werden all diese Faktoren insbesondere, wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend macht. Allgemein fallen die persönlichen Verhältnisse eines privaten Vermieters mit ein oder zwei Liegenschaften schwerer ins Gewicht als die Verhältnisse eines professionellen Vermieters (Lachat et al., a.a.O., Kap. 30/7.1 f., S. 649).

5.4 Aufgrund der Aussagen der Klägerin steht für das Gericht fest, dass die Klägerin keine ersthaften Suchbemühungen unternommen hat. Belege, die auf Suchbemühungen hinweisen würden, liegen keine vor und der Nachweis, dass keine geeignete Liegenschaft zur Verfügung steht, obliegt nicht dem Gericht, sondern der Klägerin. Die Klägerin gibt zwar an, sie habe etwa drei Apotheken weiter „im Tal hinten“ aufgesucht, um abzuklären, ob Verkaufsinteresse bestehe; aufgrund der Bevölkerungsdichte mache es keinen Sinn, weiter hinten im Tal eine weitere Apotheke zu eröffnen. Die Klägerin hat also allenfalls Kaufbemühungen und nicht Mietbemühungen unternommen.

Auch der Umstand, dass es sich bei der Apotheke in G. um eine Filiale handelt, spricht gegen eine Erstreckung.

Unter diesen Umständen wird das Unternehmen der Klägerin als Ganzes durch die Kündigung nicht gefährdet und es besteht auch kein erhebliches öffentliches Interesse, dass die Gemeinde G. Standort einer Apotheke bleibt. Das Interesse der Beklagten an einer Kündigung ist wie dargelegt nachvollziehbar. Bei den Beklagten handelt es sich um eine Erbengemeinschaft, bestehend aus der überlebenden Ehegattin und vier Nachkommen, welche für diese Liegenschaft eine Lösung für die Zukunft sucht. Es ist offensichtlich, dass es einfacher ist, für die Liegenschaft eine Lösung zu finden, wenn das fragliche Geschäftslokal nicht längerfristig vermietet bleibt.

Demnach kommt das Gericht zum Schluss, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für die Klägerin keine Härte zur Folge hat, die durch die Interessen der Beklagten nicht zu rechtfertigen wäre. Die Voraussetzungen für eine Erstreckung des Mietverhältnisses sind daher nicht gegeben. Die Klage ist folglich auch in diesem Punkt abzuweisen.




Décision

56/7 - Kündigung durch einen gewillkürten Stellvertreter

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