Kündigung aus wichtigen Gründen
Base légale
Nom du tribunal
Bezirksgericht Schwyz
Date
12.04.2001
Résumé
Als wichtige Gründe kommen nur im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannte und nicht voraussehbare Umstände in Betracht. Ist der Gesundheitszustand der Mieterschaft bereits bei Vertragsabschluss beeinträchtigt, muss klar belegt sein, dass eine deutliche Verschlechterung eingetreten ist.
Exposé des faits
Mit Vertrag vom 4.6.1997 mieteten die Beklagten von der Klägerin das
Gasthaus M. für die Mietdauer vom 1.8.1997 bis 31.7.2000. Der monatliche
Mietzins wurde für die Zeit vom 1. August bis November 1997 auf Fr.
1‘500.-- und ab 1. Dezember 1997 auf Fr. 3‘500.-- festgelegt. Im
Weiteren wurde eine Kaution von Fr. 10‘500.-- vereinbart. Mit Schreiben
vom 26.8.1998 teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass ihnen zufolge
der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beklagten 1 die
Bewirtschaftung des Gasthauses M. nicht mehr möglich resp. die weitere
Vertragserfüllung unzumutbar geworden sei. Das Mietverhältnis müsse per
sofort beendet werden.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht:
Das
Gasthaus M. sei von Anfang an schlecht gelaufen. Die Beklagten hätten
mehrmals erfolglos um eine Mietzinsreduktion ersucht. Der Beklagte 2 sei
gezwungen gewesen, eine Anstellung aufzunehmen. Am 22.7.1998 habe die
Beklagte 1 eine Streifung und einen massiven Nervenzusammenbruch
erlitten. An eine Weiterführung des Gastbetriebes sei nicht mehr zu
denken gewesen. Der Beklagte 2 hätte seine Arbeitsstelle aufgeben und
ausserdem hätte jemand mit den nötigen Fachkenntnissen angestellt werden
müssen.
Die Klägerin akzeptierte die sofortige Beendung des
Mietvertrages nicht. Sie fordert die Bezahlung des Mietzinses und der
Nebenkosten.
Considérations
1.) Die Parteien haben einen Mietvertrag für die feste Vertragsdauer vom
1.8.1997 bis 31.1.2000 abgeschlossen. Hauptstreitpunkt ist die Frage,
ob die Beklagten gestützt auf Art. 226 g Abs. 1 OR das Mietverhältnis
aus wichtigen Gründen vorzeitig auflösen konnten.
a.) Gemäss Art.
266 g Abs. 1 OR können die Parteien ein Mietverhältnis aus wichtigen
Gründen mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt hin
kündigen. Als wichtige Gründe gelten Umstände, die eine
Vertragserfüllung unzumutbar machen. Die Unzumutbarkeit der Erfüllung
eines Mietvertrages kann nur bejaht werden, wenn die angerufenen
Umstände bei Vertragsabschluss weder bekannt noch voraussehbar waren und
nicht auf ein Verschulden der kündigenden Partei zurückzuführen sind
(BGE 122 III 265 f. mit Verweisen). Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist
nach Art. 4 ZGB nach Recht und Billigkeit zu entscheiden, wobei die
Interessen der anderen Vertragspartei, die Grundsätze der
Verbindlichkeit von Verträgen und der Rechtssicherheit gegeneinander
abgewogen werden müssen. Gleichgültig ist, ob die veränderten Umstände
in der Person der Kündigenden oder anderswo liegen (SVIT-Kommentar
Mietrecht II, N 10 und 11 zu Art. 266g mit Verweisen). Ob die
angerufenen wichtigen Gründe die Fortführung des Mietverhältnisses
unzumutbar machen, ist aufgrund einer objektiven Würdigung der Situation
zu entscheiden. Es ist zu beurteilen, ob die Fortsetzung des
Mietverhältnisses nach allgemeinem, sich an einem durchschnittlichen
Empfinden orientierenden Verständnis verlangt werden kann. Die
subjektiven Gründe müssen objektiv wesentlich sein. Die Prüfung ist nach
Billigkeitskriterien und fallbezogen vorzunehmen (Lachat/Stoll/Brunner,
Mietrecht für die Praxis, S. 511). Die Kündigung aus wichtigem Grund
hat eine Persönlichkeitsschutzfunktion, indem sie übermässige Bindungen
im Sinne von Art. 27 ZGB auf ein erträgliches Mass reduziert. Es genügt
ein wichtiger Grund in der Person nur eines der gekündigten
Rechtsgemeinschafter für eine ausserordentliche Kündigung im Sinne von
Art. 266 g OR. Wo ein solcher Grund in der Person eines Mitgliedes der
kündigenden Partei liegt, muss sich die Gegenseite die Kündigung
grundsätzlich gefallen lassen. Es gilt jedoch die Einschränkung, dass
vorerst im Innenverhältnis versucht werden kann, dem wichtigen Grund
durch Ausscheiden des Betroffenen Rechnung zu tragen. Wenn bei Auflösung
des Innenverhältnisses die Kündigung als einziger Ausweg erscheint,
können sich die Kündigenden auf einen wichtigen Grund berufen (Roger
Weber, Der gemeinsame Mietvertrag, Zürich 1993, S. 177). Die
Unzumutbarkeit der Vertragserfüllung durch den Kündigenden ist auch im
langjährigen Mietverhältnis nicht leichthin anzunehmen. Als wichtige
Gründe kommen ausschliesslich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
unbekannte und nicht voraussehbare Umstände in Betracht. Ist ein
wichtiger Grund gegeben, so kann das Mietverhältnis mit der gesetzlichen
Frist im Sinne der Art. 226 b ff. OR auf einen beliebigen Zeitpunkt
gekündigt werden. Besteht kein wichtiger Grund, so ist die Kündigung
nichtig und das Mietverhältnis dauert fort (OR-Roger Weber/ Peter
Zihlmann, N 5 – 7 zu Art. 226 g OR).
b.) Die Beklagten führen als
Kündigungsgrund den schlechten Gesundheitszustand der Beklagten 1 an.
Bereits bei Vertragsabschluss bestand eine 50%-ige Invalidität der
Beklagten 1, was sich aus der Verfügung der IV-Stelle der
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich vom 30.5.1996 ergibt. Aus
der nämlichen Verfügung ist auch ersichtlich, dass die Beklagte 1 eine
Erwerbstätigkeit von 50% im Gastgewerbe ausüben kann. Somit stand
bereits im Moment des Vertragsabschlusses fest, dass die Beklagte 1 aus
gesundheitlichen Gründen nur zu 50% arbeitsfähig ist. Soweit die
Beklagten nunmehr die Unzumutbarkeit der Vertragserfüllung zufolge
Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beklagten 1 geltend
machen, muss sich ihr Gesundheitszustand derart verschlimmert haben,
dass sie nicht mehr in der Lage war, eine 50%-ige Tätigkeit auszuüben.
Bezüglich des Gesundheitszustandes der Beklagten 1 liegen mehrere
Arztzeugnisse im Recht. (...)
Jedenfalls ist für den Richter
erstellt, dass mit den im Recht liegenden Arztzeugnissen der Herren Dr.
med. W.B. und Dr. med. U.B. sowie deren Zeugenaussagen und mit dem
Arztzeugnis von Dr. med. G. sowie dem Arztbericht von Dr. med. W. nicht
rechtsgenüglich bewiesen ist, dass der Gesundheitszustand der Beklagten 1
im Zeitpunkt der ausserordentlichen Kündigung derart war, dass ihr eine
50%-ige Arbeitstätigkeit nicht weiter zumutbar war. Die Beklagten
können somit zur Begründung der ausserordentlichen Kündigung nicht den
beeinträchtigten Gesundheitszustand der Beklagten 1 anführen.
Es ist
auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten den Mietvertrag in Kenntnis
darüber abschlossen, dass die Beklagte 1 gesundheitlich beeinträchtigt
und nur zu 50% arbeitsfähig war. Ihnen war somit bewusst, dass die
Beklagte 1 nicht in der Lage war, den Gastwirtschaftsbetrieb alleine,
vor allem nicht in der Saison, zu führen. Es war ihnen somit von Beginn
des Mietverhältnisses weg klar, dass die Beklagte 1 der Unterstützung
durch den Beklagten 2 oder allenfalls einer Drittperson bedurfte. Die
Beklagten können sich somit auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte
2 zufolge der Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit nicht mehr in der
Lage war, die Beklagte 1 bei der Führung des Gastwirtschaftsbetriebes zu
unterstützen und dass deswegen die weitere Vertragserfüllung unzumutbar
wurde. Es war jedenfalls voraussehbar, dass eine Weiterführung des
Gastwirtschaftsbetriebes durch die Beklagte 1 alleine ausgeschlossen
war. Bei der Aufnahme einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit musste sich
der Beklagte 2 darüber im klaren sein, dass der Ausfall seiner
Arbeitskraft anderweitig kompensiert werden muss. Es war für die
Beklagten auch voraussehbar, dass der Beklagte 2 allenfalls eine volle
oder teilweise Erwerbstätigkeit aufnehmen muss, falls der
Gastwirtschaftsbetrieb nicht den erwarteten finanziellen Erfolg bringen
würde. Sie mussten sich auch bewusst sein, dass in einem solchen Falle
eine Drittperson angestellt und entlöhnt werden muss. Die Beklagten
können sich daher nicht darauf berufen, dass die Anstellung einer
Drittperson aus finanziellen Gründen nicht tragbar sei. Die Beklagten
wollten denn auch eine Geschäftsführerin anstellen, welche indessen
gemäss ihren eigenen Vorbringen aus gesundheitlichen Gründen die Stelle
nicht antrat. Es wäre an den Beklagten gelegen, jemand anderen zu
suchen. Dies umso mehr, als sie wussten, dass die Beklagte 1 den Betrieb
nicht alleine führen konnte. Es ist nicht dargetan worden, dass die
Anstellung einer anderen Person aus objektiven Gründen nicht möglich
war. Schliesslich hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass der
Beklagte 2 seine Erwerbstätigkeit aufgibt oder reduziert, um der
Beklagten 1 wiederum seine notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
Jedenfalls geht es nicht an, dass der Beklagte 2 eine volle
Erwerbstätigkeit aufnahm, keinen Ersatz für seine wegfallende
Unterstützung suchte und die Beklagten sich nunmehr darauf berufen, dass
die Weiterführung des Mietverhältnisses unzumutbar sei, weil die
Beklagte 1 wegen ihres angeblich verschlechterten Gesundheitszustandes
die alleinige Führung des Gastwirtschaftsbetriebes nicht bewältigen
könne. Es hätte vielmehr die Möglichkeit bestanden, dass jemand zur
Mithilfe eingestellt worden wäre und für die Beklagte 1 dadurch die
Weiterführung des Gastwirtschaftsbetriebes ermöglicht worden wäre. Dass
die Einstellung einer Drittperson mit grossen Kosten verbunden ist, war
für die Beklagten voraussehbar. Sie können sich daher auch nicht darauf
berufen, dass eine solche Einstellung aus finanziellen Gründen nicht
verkraftbar gewesen sei.
Zusammenfassend ergibt sich, dass keine
wichtigen, bei Vertragsabschluss nicht bestandenen oder voraussehbaren
Gründe vorliegen, welche zur ausserordentlichen Kündigung des
Mietverhältnisses gemäss Art. 266 g Abs. 1 OR berechtigen. Die Kündigung
durch die Beklagten ist daher nichtig und das Mietverhältnis dauert
fort bis zum Ablauf der festen Mietdauer am 31.7.2000.
Décision
35/5 - Kündigung aus wichtigen Gründen