Interne Schlichtungsverhandlung?

Base légale

Nom du tribunal

Bezirksgerichtspräsidium Prättigau/Davos

Date

11.03.2010

Résumé

Auch wenn im Mietvertrag vereinbart ist, dass vorab eine verbandsinterne Schlichtung stattzufinden habe, kann die mietende Partei gültig direkt an die Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse gelangen.

Exposé des faits

Die Kläger mieteten ab dem 19. Mai 2007 das Gasthaus X. zu einem monatlichen Mietzins von Fr. 3'000.-, wobei die Nebenkosten (Heizung, Warmwasser, Wasser und Abwasser, Kehricht etc.) Sache der Mieter war. Der Mietvertrag konnte ordentlich frühestens auf den 30. April 2010 aufgelöst werden, sofern eine Partei mindestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit kündigte. Mit Schreiben vom 17. Juli 2008 kündigten die Mieter den Mietvertrag auf den 30. September 2008. Sie führten hierfür zur Hauptsache wirtschaftliche Gründe an. Die Mieter schlossen die Kündigung mit dem Hinweis, sie seien ab sofort sehr bemüht, einen Mietnachfolger zu finden. Mit Schreiben vom 30. Juli 2008 bestätigte die Vermieterin den Erhalt der Kündigung. Mit E-Mail vom 26. August 2008 teilte die Vermieterin den Mietern mit, sie hätten per 1. Oktober 2008 ein neues Pächter-Ehepaar für das Gasthaus gefunden, der laufende Pachtvertrag könne somit gemäss Kündigung der Mieter per 30. September 2008 beendet werden. Die Mieter sind dann auf diesen Termin aus-, die neuen Pächter auf Mitte Oktober 2008 eingezogen. In der Folge erstellte die Vermieterin eine Abrechnung, die in einigen Punkten von den Mietern nicht akzeptiert wurde.
Da die Vermieterin an der Korrektheit ihrer Abrechnung festhielt, wurde sie von den Mietern im Februar 2009 auf den Geldbetrag von Fr. 2'716.65 betrieben. Die Vermieterin erhob auf den ihr am 20. Februar 2009 zugestellten Zahlungsbefehl indes Rechtsvorschlag.
In der Folge gelangten die Mieter mit Eingabe vom 6. Mai 2009 an die Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse des Bezirks Prättigau/Davos. Anlässlich der Verhandlung vor Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse des Bezirks Prättigau/Davos am 28. August 2009, zu der die Vermieterin nicht erschienen war, konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden. Alsdann gelangten die Mieter mit Eingabe vom 11. Oktober 2009 an das Bezirksgerichtspräsidium Prättigau/Davos.

Considérations

1. Gemäss BGE 118 II 307 ff. ist bei allen Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen zwingend zuerst ein Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde im Sinne von Art. 274a OR durchzuführen (PKG 1993 Nr. 17; mp 1/93, S. 44 ff.). Vorliegend ist unbestritten und offensichtlich, dass die hier interessierende Liegenschaft einen Wohn- resp. Geschäftsraum im Sinne von Art. 274d Abs.1 OR darstellt, weshalb das Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde des Bezirks Prättigau/Davos durchzuführen war. Soweit sind sich die Parteien einig. Die Beklagte stellt nun aber zur Debatte, ob die Mietvertragsparteien dem vorausgehend nicht hätten eine interne Schlichtungsverhandlung durchlaufen müssen. Denn gemäss Art. 35 des Mietvertrags unterbreiten die Mietvertragsparteien alle Streitigkeiten, die aus dem Mietvertrag entstehen, dem Rechtsdienst von Gastrosuisse. Dieser oder eine von ihm beauftragte Person setzt dann zur Bereinigung der Differenzen eine Vergleichsverhandlung an. Kann eine Einigung auf dem Vergleichsweg nicht zustande kommen, werden die Parteien auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen. Obwohl es sich bei dieser Vertragsbestimmung um keine "Schiedsgerichtsvereinbarung" handelt (anders: Entscheid der Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse des Bezirks Prättigau/Davos vom 28. August 2009, S. 2, Ziff. 3) - denn damit wird weder eine bestehende Streitigkeit einem Schiedsgericht, nämlich dem Rechtsdienst von Gastrosuisse, zur Beurteilung übertragen (= Schiedsvertrag) noch wird eine künftige Streitigkeit einem Schiedsgericht, dem Rechtsdienst von Gastrosuisse, zur mit einem Schiedsurteil endenden Beurteilung unterstellt (= Schiedsklausel; PKG 2007 Nr. 5, S. 26; Oscar Vogel, Grundriss des Zivilprozessrechts und des internationalen Zivilprozessrechts der Schweiz, 6. Aufl., Bern 1999, S. 409 Nr. 27 f.) -, steht die Frage im Raum, ob denn die Kläger nicht zuerst hätten an den Rechtsdienst von Gastrosuisse gelangen müssen (im Übrigen wurde mit Art. 35 des Mietvertrags auch kein Schiedsgutachter bestimmt, also eine Person, die Tatsachen verbindlich feststellt, nicht aber urteilt [PKG 2007 Nr. 5, S. 27; PKG 1985 Nr. 23, S. 78; Art. 4 Abs. 2 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (BR 320.060)]).

1.1 Eine Vergleichsverhandlung vor Gastrosuisse hat vorliegend nicht stattgefunden. Aus den Prozessakten muss geschlossen werden, die Mieter haben den Rechtsdienst von Gastrosuisse gar nicht erst angerufen. Sie haben stattdessen direkt den ordentlichen Prozessweg beschritten, wie er in Art. 35 des Mietvertrags im Nachgang an das Scheitern von Vergleichsverhandlungen vor Gastrosuisse vorgesehen ist. Das Verhalten der Mieter, ihr Anliegen nicht zuerst dem Rechtsdienst von Gastrosuisse zu unterbreiten, bedeutet wohl eine Verletzung des Mietvertrags, de facto indes, dass eine Einigung auf dem (aussergerichtlichen) Vergleichsweg nicht zustande gekommen ist. So oder anders war es den Klägern unbenommen, unter Umgehung des verbandsinternen Schlichtungsverfahrens direkt an die Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse zu gelangen und zwar gültig.

1.2 Selbst wenn Art. 35 des Mietvertrags eine Schiedsklausel enthielte und somit also eine künftige Streitigkeit einem Schiedsgericht, nämlich dem Rechtsdienst von Gastrosuisse, zur Beurteilung unterstellen würde, hätte die Beklagte nichts gewonnen. Denn Schiedsklauseln sind in Streitsachen im Sinne von Art. 21 ff. GestG, worunter mietvertragliche Auseinandersetzungen fallen, nicht zulässig (Dominik Infanger, in: Kommentar zum Schweizerischen Zivilprozessrecht, Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen [GestG] mit Kommentierung von Art. 30 Abs. 2 BV [Hrsg. Karl Spühler / Luca Tenchio / Dominik Infanger], Basel / Genf / München 2001, N 29 zu Art. 2 GestG).

Décision

47/10 - Interne Schlichtungsverhandlung?

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