Obergericht des Kantons Luzern
11.07.2011
Die Installation einer Satellitenanlage auf einem Betonsockel im Garten stellt eine Änderung an der Mietsache im Sinne von Artikel 260a OR dar und bedarf somit der Zustimmung des Vermieters. Die Verweigerung der Zustimmung wird nicht als rechtsmissbräuchlich erachtet. Die Kläger haben es unterlassen, substanziierte Vorbringen betreffend Notwendigkeit der Satellitenanlage zu liefern.
3.2.
Der Mieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur
vornehmen, wenn der Vermieter schriftlich zugestimmt hat (Art. 260a Abs.
1 OR; vgl. auch Ziff. 2.1.1 des Mietvertrags). Der Vermieter kann
Änderungen an der Mietsache ohne Begründung verweigern
(Lachat/Wyttenbach, Mietrecht für die Praxis, 8. Aufl., Zürich 2009, S.
695, Rz 32/2.2). Erneuerungen und Änderungen sind Eingriffe in die -
nicht nur bauliche - Substanz der Mietsache. Zur Mietsache gehört gemäss
Mietvertrag auch der Gartensitzplatz. Die Kläger führen selber aus,
dass für den Betonsockel ein Loch ausgegraben wurde, und sie bestreiten
nicht, dass sich der Sockel nicht heben sondern nur wenig hin und her
bewegen lässt. Sie geben zu, dass das Loch mit Erde ausgefüllt und Gras
bepflanzt werden muss, um den ursprünglichen Zustand des Rasens
wiederherzustellen. Dabei ist irrelevant, innert welcher Zeit die
Änderung rückgängig gemacht werden kann oder ob die Konstruktion hinter
einem Busch verborgen ist. Der Beklagte als Eigentümer muss sich
Änderungen an der in seinem Eigentum stehenden Wohnung mit
Gartensitzplatz nicht gefallen lassen. Der Vergleich mit Gartenmöbeln
oder grösseren Topfpflanzen greift nicht, weil es sich dabei um frei
bewegliche Gegenstände handelt, die nicht mit der Mietsache verbunden
sind. Das für den Sockel - wohl zwecks Stabilität - ausgegrabene Loch
stellt hingegen einen Eingriff in die Substanz des Mietobjekts dar.
Daher bedarf es für die Installation der Satellitenanlage der Zustimmung
des Beklagten.
…
6.
Das Amtsgericht prüft sodann, ob zwischen den Interessen der
Prozessparteien ein krasses Missverhältnis bestehe, das den
Beseitigungsanspruch des Beklagten als rechtsmissbräuchlich erscheinen
lasse. Als Zwischenfazit stufte es das Interesse der aus Ägypten und
Japan stammenden Kläger (und ihrer Kinder) an der Satellitenschüssel
höher ein als dasjenige des Beklagten an ihrer Beseitigung. Das Beharren
des Beklagten auf Beseitigung der Anlage erscheine rechtsmissbräuchlich
im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB, sofern die Kläger zum Empfang der
gewünschten TV-Programme tatsächlich auf die strittige Antenne
angewiesen seien (AG Urteil S. 8-10 E. 4.5). Bei der Prüfung der
technischen Alternativen kam das Amtsgericht jedoch zum Schluss, die
Kläger hätten den Sachverhalt betreffend das Vorbringen, sie seien auf
die Satellitenschüssel angewiesen, um Sendungen aus ihren Heimatländern
empfangen zu können, nicht hinreichend behauptet. Es erscheine
offensichtlich, dass die Kläger zu keinem Zeitpunkt konkret geklärt
hätten, ob die gewünschten Programme auch mit anderen technischen
Mitteln empfangen werden könnten und welche Kosten diesfalls anfallen
würden. Der Beklagte habe bereits vor der Schlichtungsbehörde auf die
entsprechenden technischen Alternativen hingewiesen (Swisscom, Cablecom,
oder Internet). Es wäre Sache der Kläger gewesen, die alternativen
Möglichkeiten und die entsprechenden Kostenfolgen mindestens zu prüfen,
um vor Gericht diesbezüglich hinreichend konkrete Behauptungen
aufstellen zu können. Ihre Behauptungen blieben allgemein. So werde
weder konkret dargelegt, welche der gewünschten Sender mit der
strittigen Antenne kostenfrei genutzt werden könnten, noch werde
aufgezeigt, welche dieser Sender mit anderen technischen Hilfsmitteln
nicht oder nur in schlechter Qualität oder zu unzumutbaren Kosten
genutzt werden könnten. Da die Behauptungen der Kläger unzureichend
seien, sei zu diesem Thema auch keine Expertise anzuordnen (AG Urteil S.
10 ff. E. 4.6).
6.1.
Die Kläger rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil
die Vorinstanz trotz ausdrücklicher Anträge keine Expertise abgenommen
habe. Vorab ist festzuhalten, dass die Kläger nur bezüglich ihres
eigenen (abgewiesenen) Beweisantrags zur Rüge legitimiert sind.
Bevor Beweise zu erheben sind, müssen die entsprechenden rechtsgenügenden, d.h. substanziierten Behauptungen vorliegen. Das bedeutet, dass die Parteien die rechtserheblichen Tatsachen nicht nur in den Grundzügen sondern so umfassend und klar wie möglich darzulegen haben, sodass darüber Beweis abgenommen werden kann (Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts und des internationalen Zivilprozessrechts der Schweiz, 8. Aufl., Bern 2006, 10 N 5). Die Parteien haben alle Tatsachen zu behaupten, die geeignet sind, die Grundlage der richterlichen Schlussfolgerung zu bilden (Jürgen Brönnimann, Die Behauptungs- und Substanzierungslast im schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Bern 1989, S. 141 ff.). Mangelnde Substanziierung führt wie ein gescheiterter Beweis zur Klageabweisung (Frank/Stäuli/Messmer, Komm. zur zürcherischen Zivilprozessordnung, Zürich 1997, §113 ZPO N 1a; ZR 101 [2002] Nr. 55). Mit Beweisanträgen können fehlende Substanziierungen nicht nachgeholt werden, da Beweiserhebungen schlüssige Vorbringen voraussetzen (Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner Zivilprozess, §70 ZPO N 4; LGVE 2004 I Nr. 38 E. 5.3). An der Pflicht der Parteien, bei der Feststellung des wesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken, ändert auch die im Mietrecht herrschende (soziale) Untersuchungsmaxime nichts (vgl. BGE 125 III 231 E. 4a S. 238 f.; Lachat/Püntener, a.a.O., S. 83 f., Rz 5/2.5.6). Aus der Untersuchungsmaxime resultiert aber gegebenenfalls eine richterliche Fragepflicht. Sind die Vorbringen einer Partei unklar, unbestimmt oder offensichtlich unvollständig, hat das Gericht sie darauf hinzuweisen, damit nach Möglichkeit ein der wahren Sachlage entsprechender Entscheid gewährleistet werden kann (Vogel/Spühler, a.a.O., 6 N 38; Studer/Rüegg/Eiholzer, a.a.O., §59 ZPO N 1; vgl. auch Martin Sarbach, Die richterliche Aufklärungs- und Fragepflicht im schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Bern 2003, S. 97 ff.). Die richterliche Initiative geht aber nicht über eine Aufforderung der Parteien hinaus. Angefügt sei zudem, dass das kantonale Prozessrecht die Untersuchungsmaxime im Rechtsmittelverfahren einschränken kann, was im Kanton Luzern der Fall ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_32/2007 vom 16.05.2007 E. 4.1).
Die Vorinstanz forderte die Kläger am 3. August 2010 auf, zur Behauptung des Beklagten im letzten Satz auf Seite 6 der Klageantwort Stellung zu nehmen, wonach die gewünschten TV-Programme mit alternativen technischen Vorrichtungen empfangen werden könnten. Trotz dieser Aufforderung reichten die Kläger am 31. August 2010 keine Substanziierung ihrer Vorbringen ein, sondern bestritten bloss pauschal, dass die ägyptischen und japanischen Fernsehprogramme auch ohne Satellitenschüssel empfangen werden könnten; allenfalls würden die Kosten das Mehrfache eines Empfangs mit Parabolantenne betragen. Selbst nachdem der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 14. September 2010 ganz konkret alternative Empfangsmöglichkeiten aufgeführt hatte, blieben die Kläger in der Folge inhaltlich oberflächlich und setzten sich mit den genannten Alternativen so gut wie gar nicht auseinander. Zusammengefasst hatte die Vorinstanz die Kläger einerseits auf die zu substanziierenden Vorbringen ausdrücklich hingewiesen und zur Stellungnahme aufgefordert. Andererseits kamen die Kläger ihren prozessualen Obliegenheiten vor Amtsgericht nicht nach, obwohl sie mehrmals die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz zu Recht auf eine Expertise verzichtet. Eine Gehörsverletzung liegt nicht vor.
6.2.
Trotz des deutlichen Hinweises der Vorinstanz auf die
mangelnden Behauptungen der Kläger (AG Urteil S. 11 f. E. 4.6.3), holten
diese ihr Unterlassen auch in der Appellationsbegründung nicht nach...
Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Kläger während des
gesamten Prozesses nicht ein einziges Mal konkret zu den vom Beklagten
vorgebrachten Alternativen (Cablecom, Swisscom, Internet) geäussert
resp. aufgezeigt haben, weshalb genau diese Empfangsmöglichkeiten ihr
Informationsinteresse nicht zu decken vermögen. Selbst wenn sie die
Notwendigkeit einer Satellitenschüssel vorgängig nicht im Detail
abgeklärt haben sollten, so hätten sie ihren Standpunkt vor Gericht
wenigstens rechtsgenüglich und für das Gericht überzeugend behaupten
müssen. Eine Expertise muss folglich auch vor Obergericht unterbleiben.
…
Die Appellation wird abgewiesen.