Frist zur Anrufung des Gerichts
Base légale
Nom du tribunal
Landgerichtspräsidium Uri
Date
09.01.2012
Résumé
Kommt es anlässlich der Schlichtungsverhandlung zu keiner Einigung, erteilt die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung. Diese ist zwingend in Schriftform zu eröffnen. Massgebend für den Beginn der Klagefrist ist nicht das Datum der Klagebewilligung. Die Frist zur Anrufung des Gerichts beginnt vielmehr mit der Zustellung oder der direkten Aushändigung der Klagebewilligung.
Exposé des faits
Zwischen den Parteien bestand seit dem 1. Oktober 2009 ein
Mietverhältnis über eine 41/2-Zimmerwohnung. Der Mietzins betrug
monatlich CHF 1‘400.– für die Wohnung, CHF 110.– für den
Garageneinstellplatz und CHF 55.– für den Abstellplatz. Zudem waren
Akontozahlungen an die Heiz- und Warmwasserkosten in der Höhe von CHF
440.– im Monat geschuldet. Mit Schreiben vom 26. November 2009 kündigte
die Beklagte wegen fehlender Beheizung das Mietverhältnis per sofort auf
den 30. November 2009. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 teilte die
Klägerin der Beklagten mit, dass die Kündigung in Beachtung der
Kündigungsfrist auf den 28. Februar 2010 wirksam werde.
Mit Eingabe
vom 22. Juni 2011 reichte die Klägerin eine Klage ein. Zur Begründung
führte sie im Wesentlichen aus, die Beklagte mache zu Unrecht einen
Mangel in der Mietwohnung geltend. Das Mietverhältnis habe am 28.
Februar 2010 geendet. Bereits für November 2009 habe die Beklagte keine
Miete mehr bezahlt. Mit der vorliegenden Klage fordere sie die noch
ausstehenden Mietzinse und Nebenkosten von November 2009 bis Februar
2010 ein.
Mit Eingabe vom 15. September 2011 reichte die Beklagte
innert erstreckter Frist ihre Klageantwort ein. Zur Begründung führte
sie unter anderem aus, die Klagebewilligung sei der Klägerin bereits im
Anschluss an die Schlichtungsverhandlung vom 19. Mai 2011 mündlich
erteilt worden, weshalb die Frist von 30 Tagen mit Eingabe vom 22. Juni
2011 nicht eingehalten worden sei.
Considérations
1.3 Schlichtungsverhandlung und Frist zur Anrufung des Gerichts
Kommt
es anlässlich der Schlichtungsverhandlung zu keiner Einigung, erteilt
die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung (Art. 209 Abs. 1 ZPO). Nach
Eröffnung berechtigt die Klagebewilligung bei Streitigkeiten aus Miete
während 30 Tagen zur Einreichung der Klage beim Gericht (Art. 209 Abs. 3
und 4 ZPO). Die Klagefrist beginnt mit der Eröffnung der
Klagebewilligung zu laufen, das heisst mit der Zustellung oder direkten
Aushändigung der Klagebewilligung an die klagende Partei und nicht mit
dem Datum der Klagebewilligung (vgl. Urs Egli in: Alexander
Brunner/Dominik Gasser/Ivo Schwander [Hrsg.], Schweizerische
Zivilprozessordnung, Kommentar, Zürich/St. Gallen 2011, N 17 zu Art.
209; Alexander Wyss in: Baker & McKenzie, Schweizerische
Zivilprozessordnung, Bern 2010, N 5 zu Art. 209). Nach einer
abweichenden Lehrmeinung beginnt die Klagefrist nicht mit der Zustellung
oder Aushändigung der Klagebewilligung zu laufen, sondern bereits mit
dem Datum der Klagebewilligung (vgl. Urs Gloor/Barbara Umbricht Lukas
in: Paul Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, Basel 2010, N 8 zu Art.
209). Diese Lehrmeinung widerspricht jedoch dem Gesetzestext, wonach die
Klagefrist mit „Eröffnung“ der Klagebewilligung zu laufen beginnt und
nicht mit dem Datum der Klagebewilligung (Art. 209 Abs. 3 ZPO). Im
vorliegenden Fall datiert die Klagebewilligung vom 24. Mai 2011. Sie
wurde der Klägerin am 25. Mai 2011 zugestellt und damit auch eröffnet,
womit die Klagefrist gemäss Art. 209 Abs. 3 und 4 ZPO am 25. Mai 2011 zu
laufen begann. Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, die
Klagefrist habe bereits am 19. Mai 2011 zu laufen begonnen. Die
Schlichtungsbehörde habe den Parteien die Klagebewilligung bereits im
Anschluss an die Schlichtungsverhandlung vom 19. Mai 2011 mündlich
eröffnet. Selbst wenn das zutreffen sollte, kann dies nicht als
fristauslösende Eröffnung gelten, da die Klagebewilligung zwingend in
Schriftform zu eröffnen und zu unterzeichnen ist (vgl. insbesondere Art.
209 Abs. 2 lit. f ZPO; Jörg Honegger in: Thomas Sutter-Somm/Franz
Hasenböhler/Christoph Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, Zürich/Basel/Genf 2010, N 7 zu Art. 209). Dass der
Klägerin bereits am 19. Mai 2011 eine von der Schlichtungsbehörde
unterzeichnete Klagebewilligung ausgehändigt worden wäre, macht die
Beklagte nicht geltend. Mit Klage vom 22. Juni 2011 ist die Klagefrist
offensichtlich eingehalten. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn
man der abweichenden Lehrmeinung von Gloor/Umbricht Lukas folgen und
davon ausgehen würde, dass die Klagefrist mit Datum der Klagebewilligung
vom 24. Mai 2011 zu laufen begonnen hätte. Die Ansicht der Beklagten,
dass die Klagebewilligung auch mündlich eröffnet werden könne, findet in
der Lehre, insbesondere auch nicht bei Gloor/Umbricht Lukas, keinerlei
Stütze. Auf die Klage ist deshalb einzutreten.
Décision
52/8 - Frist zur Anrufung des Gerichts