Fehlende Unterschrift

Base légale

Nom du tribunal

Amtsgericht Hochdorf

Date

05.08.2008

Résumé

Eine fehlende Unterschrift auf dem Mietzinsänderungsformular kann nicht durch ein unterzeichnetes Begleitschreiben ersetzt werden. Die entsprechende Mietzinserhöhung ist nichtig. Nur das Rechtsmissbrauchsverbot setzt der Einrede der Nichtigkeit Schranken. Ein Rechtsmissbrauchsverbot ist jedoch nur zurückhaltend anzunehmen.

Exposé des faits

Am 22. Juni 1999 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über ein Haus mit einem monatlichen Mietzins von Fr. 1'000.-. Später mietete der Kläger die dazugehörige Garage des Beklagten zu einem monatlichen Mietzins von Fr. 90.-. Mit zwei separaten Formularen, beide vom 19. Januar 2005, erhöhte der Beklagte den Mietzins für das Haus auf Fr. 1'150.- und den Mietzins für die Garage auf Fr. 100.-. Am 11. März 2007 kündigte der Kläger die Mietverträge für das Haus und die Garage ausserterminlich per Ende Mai 2007.
Vorliegend fordert der Kläger die Rückerstattung bereits geleisteter Mietzinse aufgrund vorzeitiger Entlassung aus dem Mietverhältnis im Umfang von Fr. 675.-. Ausserdem macht er geltend, die Mietzinserhöhung für das Haus sei nichtig und verlangt die Rückerstattung der vom 1. Juli 2005 bis 15. Mai 2007 geleisteten Mietzinsdifferenz von monatlich Fr. 150.- bzw. insgesamt Fr. 3'375.-.
Am 14. November 2007 fand der Einigungsversuch vor der kantonalen Schlichtungsbehörde für die Miete und Pacht statt. Die Verhandlung endete unvermittelt. Die Frist zur Einreichung der Klage wurde gewahrt.

Considérations

7. Wie bereits ausgeführt, hat der Beklagte im Laufe des Mietverhältnisses die Mietzinse für das Haus und die Garage von anfänglich Fr. 1000.- bzw. Fr. 90.- mit zwei separaten Formularen, beide vom 19. Januar 2005, auf Fr. 1'150.- bzw. Fr. 100.- erhöht. Der Erhalt der beiden Formulare wird vom Kläger nicht bestritten. Die zur Mitteilung der Mietzinserhöhung verwendeten Formulare wurden am 18. April 2001 von der kantonalen Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht genehmigt. Ebenfalls nicht streitig ist, dass der Kläger die Mietzinserhöhung innert der Verwirkungsfrist von 30 Tagen (Art. 270b Abs. 1 OR) nicht angefochten hat. Insofern wäre im vorliegenden Verfahren auf die Vorbringen der Parteien zur Begründung der Mietzinserhöhungen bzw. zum Mehrwert des Mietobjekts infolge Investitionen und Installationen nicht einzugehen. Schliesslich ist unstreitig, dass der Kläger vorerst trotz der unangefochtenen Mietzinsänderungen den erhöhten Mietzins nicht bezahlte und der Beklagte ihn am 4. Januar 2006 unter Androhung der Kündigung für die Mietzinsdifferenz mahnte.
8.a. Nach Art. 269d Abs. 2 lit. a OR ist die Mietzinserhöhung u.a. nichtig, wenn der Vermieter sie nicht mit dem vorgeschriebenen Formular mitteilt. Das Formular für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen muss gemäss Art. 19 Abs. 1 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) bestimmte Angaben enthalten. Die eigenhändige Unterschrift des Vermieters ist in dieser Verordnungsnorm nicht aufgeführt.
8.b. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bildet die Unterschrift in verschiedenen Bereichen der Rechtsordnung Bestandteil der für einen bestimmten Vorgang geforderten Schriftlichkeit. Mit der Unterschrift wird sowohl die Person des Erklärenden identifiziert, als auch der auf einem dauerhaften Erklärungsträger festgehaltene Inhalt der Erklärung anerkannt. Soweit mit dem in Art. 269d OR vorgeschriebenen Formular für Mietzinserhöhungen eine Erklärung in Schriftform verlangt wird, bildet daher die Unterschrift der erklärenden Person Teil dieser Form. Die Formularpflicht wird als qualifizierte Schriftform verstanden, für deren Wahrung die Unterschrift des Erklärenden erforderlich ist. Die Nichteinhaltung dieser Formvorschrift hat die Nichtigkeit der Erklärung zur Folge (Urteil des Bundesgerichts vom 8.7.2003 (4C. 110/2003) E. 3, m.w.H.;Urteil des Bundesgerichts vom 14.1.2008 (4A_409/2007)E. 1.2 und 3; Urteil des Zivilgerichtspräsidenten Basel-Stadt vom 5.4.2004, in: mp 2004 S. 161 f.; Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 27.1.5005, in: mp 2005 S. 96 f.: Weber, Basler Komm., N 2 zu Art. 269d OR; Heinrich, a.a.O., N 3 zu Art. 269d OR). Der gegenteiligen Ansicht des Obergerichts des Kantons Zürich in seinem Urteil vom 3.5.2001 (publiziert in: MRA 2001 S. 137 ff.) ist das Bundesgericht ausdrücklich nicht gefolgt (Urteil des Bundesgerichts vom 8.7.2003 (4C 110/2003) E 3.6. Die Nichtigkeit der Mitteilung hat auch diejenige der Mietzinserhöhung zur Folge (Urteil des Bundesgerichts vom 20.6.2005 (4C.96/2005) E. 1.2.2). Eine fehlende Unterschrift auf dem Mietzinsänderungsformular kann nicht durch ein unterzeichnetes Begleitschreiben ersetzt werden (Urteil des Zivilgerichtspräsidenten Basel-Stadt vom 4.5.2004, in: mp 2004 S. 161 f.).
8.c. Vorliegend wurde das Formular für die Mietzinserhöhung des Hauses vom Beklagten nicht unterzeichnet. Das Formular zur Mitteilung der Mietzinsänderung bezüglich des Hauses ist somit nichtig. Folglich ist auch die Mietzinserhöhung betreffend das Haus nichtig. Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte behauptet, neben den beiden Formularen zur Mitteilung einer Mietzinserhöhung ein Begleitschreiben in den Briefkasten des Klägers gelegt zu haben, was vom Kläger jedoch bestritten wird. Selbst wenn der Beklagte ein solches Begleitschreiben mit den beiden Mietzinsänderungsformularen in den Briefkasten gelegt hätte, wäre die Mietzinserhöhung gemäss den vorstehenden Ausführungen nichtig.

10. Die Nichtigkeit nach Art. 269d Abs. 2 OR ist wie eine Nichtigkeit im Sinne von Art. 20 OR unheilbar. Sie ist von Amtes wegen festzustellen und kann daher durch den Mieter jederzeit geltend gemacht werden. Der Einrede der Nichtigkeit wird nur durch das Rechtsmissbrauchsverbot Schranken gesetzt. Die Berufung auf Formmängel ist vor allem dann rechtsmissbräuchlich, wenn das frühere Verhalten des Mieters beim Vermieter ein schutzwürdiges Vertrauen begründet und diesen zu Handlungen veranlasst hat, die ihm angesichts der neuen Situation zu Schaden gereichen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Mieter in Kenntnis der Formvorschriften bewusst auf deren Einhaltung verzichtet und die getroffene Vereinbarung freiwillig erfüllt hat, um allenfalls später davon zu profitieren; oder wenn der Mieter in Bezug auf das Mietrecht als geschäftserfahren erscheint. Gleichzeitig muss jeglicher Kündigungsdruck ausgeschlossen werden können (Higi, a.a.O., N 222 und 226 zu Art. 269d OR; Urteil des Bundesgerichts vom 20.6.2005 (4C.96/2005) E. 1.2.2; Urteil des Bundesgerichts vom 14.1.2008 (4A.409/2007) E. 3; BGE 123 III 70, E. 3). Im Übrigen sind bei der Beurteilung der Frage, ob die Berufung auf Formnichtigkeit rechtsmissbräuchlich ist, sowohl die näheren Umstände als auch die Art und Weise der formungültigen Mietzinserhöhung zu berücksichtigen (BGE 113 II 187 E. 1a. = Pra 77 (1988) Nr. 171; Urteil des Bundesgerichts vom 20.6.2005 (4C.96/2005) E. 1.2.2). Der Vermieter hat nach Art. 8 ZGB zu beweisen, dass der Mieter Kenntnis der einzuhaltenden Formvorschriften und des Formmangels hatte. Die Kenntnis der Rechtsfolge dagegen ist unerheblich. Ein Rechtsmissbrauch ist jedoch nur zurückhaltend anzunehmen (Urteil des Bundesgerichts vom 26.5.2003 (4C.59/2003) E. 7.1; Urteil des Bundesgerichts vom 18.10.2001 (4C. 134/2001, in: mp 2002 S. 55 ff.).
11. Der Beklagte weist nicht nach, dass der Kläger den Formfehler der Mietzinserhöhung erkannt hat. Allein aus den Umständen, dass er das Änderungsformular zusammen mit dem formgültig unterzeichneten Formular für die Garage in den Briefkasten legte, die Parteien zudem ein Gespräch führten und der Kläger den erhöhten Mietzins während längerer Zeit bezahlte, kann der Beklagte nichts für sich ableiten. Der Beklagte macht weder geltend noch beweist er, dass die einzuhaltenden Formvorschriften anlässlich dieses Gesprächs thematisiert worden wären und der Kläger somit Kenntnis vom Formfehler bezüglich der Mietzinserhöhung für das Haus hatte. Der Kläger dagegen macht geltend, erst später – im Zusammenhang mit dem Wohnungsauszug – von einer Kollegin auf den Formfehler der Mietzinsänderung hingewiesen worden zu sein und daraufhin vom Beklagten die zuviel bezahlten Mietzinse zurückverlangt zu haben. Da dieser nicht auf seine Forderung eingegangen sei, habe er am 11. September 2007 bei der kantonalen Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht das entsprechende Begehren eingereicht. Der Kläger legt dazu die Korrespondenz zwischen den Parteien von Mai bis August 2007 auf. Daraus geht hervor, dass der Kläger vom Beklagten mit zwei Schreiben vom 28. Mai 2007 und vom 30. Juli 2007 den Betrag von Fr. 675.- (1 Monatsmiete Garage Fr. 100.- / ½ Monatsmiete Haus Fr. 575.-) zurückgefordert hat. Der Beklagte bestritt die geltend gemachte Forderung des Klägers mit Schreiben vom 31. Juli 2007. Im Schreiben des Klägers vom 3. August 2007 fordert er nebst dem Betrag von Fr. 675.- zusätzlich die Rückzahlung zuviel bezahlter Mietzinse im Umfang von Fr. 3'375.- wegen der nichtigen Mietzinsanpassung vom 19. Januar 2005. Diese Schreiben stehen im Einklang mit der klägerischen Darstellung, er sei erst im Zusammenhang mit einer Beratung betreffend Wohnungsauszug auf den Formmangel der Mietzinserhöhung hingewiesen worden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Beklagte nicht nachzuweisen vermag, dass der Kläger in Kenntnis der Formschriften bewusst auf deren Einhaltung verzichtet hat. Ausserdem hat der Kläger den erhöhten Mietzins unbestrittenermassen erst nach erfolgter Mahnung mit Kündigungsandrohung vom 4. Januar 2006 bezahlt. Die vom Beklagten geltend gemachte Erstreckungsmöglichkeit ist bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzug ausgeschlossen (Art. 272a Abs. 1 lit. a OR). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist eine rechtsmissbräuchliche Berufung des Klägers auf den Formmangel nicht nachgewiesen.

Der Kläger kann die zuviel bezahlten Mietzinse im Umfang von Fr. 3'375.- gestützt auf Art. 62 Abs. 1 OR zurückverlangen und der Antrag des Klägers, der Beklagte habe ihm den Betrag von Fr. 3'375.- zu bezahlen, wird gutgeheissen.

Décision

45/4 - Fehlende Unterschrift

Retour