Einseitige Mietvertragsänderung

Base légale

Nom du tribunal

Amtsgericht Luzern-Stadt

Date

08.06.2000

Résumé

Der Entzug einer Teilfläche des Gartens stellt keine Kündigung des Untermietvertrages dar, sondern ist als einseitige Mietvertragsänderung gemäss Artikel 269d Absatz 3 OR zu qualifizieren, da die betreffende Leistungsverminderung sich weder objektiv noch subjektiv wesentlich auswirkt.

Exposé des faits

Mit Untermietvertrag vom 13. Mai 1994 wurde das Mietobjekt an die Wohngruppe I. vermietet.
Am 22. Juni 1998 kündigte der Kläger den Untermietvertrag.
Die Beklagten fochten die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht an. Anlässlich der Einigungsverhandlung vom 9. September 1998 zog der Kläger die Kündigung zurück.
Mit Mietvertragsänderung gemäss Art. 269d OR vom 9. April 1999 hob der Kläger das Benutzungsrecht der Beklagten gemäss Untermietvertrag vom 13. Mai 1994 für den Garten im Innenhof auf. Zukünftig werde er die betreffende Teilfläche des Gartens allein benutzen. In der Beilage begründete er die Mietvertragsänderung damit, dass die Benutzung des Gartens im Hof für den weiteren Betrieb der Gassenküche unabdingbar sei. Die Stadtpolizei Luzern habe ihn schon mehrfach ersucht, die Rampe vor der Gassenküche zu räumen, um strafbare Handlungen (Drogenhandel) zu verhindern. Sie wünsche ausdrücklich, dass sich die Benutzerinnen und Benutzer der Gassenküche nicht mehr auf der Rampe sondern im Garten aufhalten würden, wo eine Überwachung durch das Personal der Gassenküche möglich sei.
Die Beklagten fochten die einseitige Mietvertragsänderung innert der 30-tägigen Frist seit Empfang der Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht an. Die Einigungsverhandlung verlief ergebnislos.
Der Kläger reichte am 27. August 1999 fristgemäss beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage ein und beantragte, es sei festzustellen, dass die den Beklagten mit amtlichem Formular vom 9. April 1999 mitgeteilte einseitige Vertragsänderung gültig sei.

Considérations

Der Kläger beantragt in der Klage, es sei festzustellen, dass die mit amtlichem Formular vom 9. April 1999 mitgeteilte einseitige Vertragsänderung gültig sei. Die Beklagten stellten den Antrag, die Klage sei abzuweisen und machten zunächst geltend, die einseitige Mietvertragsänderung vom 9. April 1999 verstosse gegen den Kündigungsschutz gemäss Art. 271a Abs. 1 lit. e Ziff. 2 OR. Weil nach Entzug des Gartens das Leben im betreffenden Wohnobjekt unzumutbar sei, komme die einseitige Mietvertragsänderung einer Teilkündigung gleich. Gemäss Art. 271a Abs. 1 lit. e Ziff. 2 OR sei aber eine Kündigung vor Ablauf von drei Jahren seit Abschluss des mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungsverfahrens, in dem der Kläger seine Klage zurückgezogen habe, anfechtbar.
An der richterlichen Feststellung über die Gültigkeit der einseitigen Mietvertragsänderung hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse (vgl. Higi, Zürcher Kommentar, N 127 zu Vorbemerkung zu Art. 269 – 270e OR). Weil die einseitige Mietvertragsänderung Wohnräume der Beklagten betrifft, gelten die Bestimmungen über die Wohn- und Geschäftsräume gemäss Art. 269 – 270e OR (vgl. Higi, a.a.O., N 13 ff. zu Vorbemerkung zu Art. 269 – 270e OR, N 3 ff. zu Art. 269 OR, N 3 zu Art. 269d OR). Nachfolgend ist daher zu prüfen, ob die Leistungsverminderung des Klägers als einseitige Mietvertragsänderung gemäss Art. 269d Abs. 3 OR oder als Kündigung des Untermietvertrages vom 13. Mai 1994 zu qualifizieren ist. Weil das Mietobjekt ein einheitliches Ganzes bildet, ist eine Kündigung nur des Gartens nicht möglich (vgl. Lachat/Stoll/Brunner, Das Mietrecht für die Praxis, 4. Auflage, Zürich 1999, S. 455 Rz 9.1).
Als einseitige Mietvertragsänderung gemäss Art. 269d Abs. 3 OR gilt eine Leistungsverminderung des Vermieters, wenn sie sich auf den Bestand der Mietsache und des Mietverhältnisses weder objektiv noch subjektiv wesentlich auswirkt, wie z.B. der Entzug des Benutzungsrechts für allgemein zugängliche Flächen (Waschküche, Velokeller), für individuell gemietete Nebenräume (Estrichabteil, Keller, Garage) oder für einen Teil des Gartens, soweit sich die Flächen zum Aufenthalt oder zu einer ganz bestimmten, dem Mieter eingeräumten Nutzung eignen, z.B. für den Betrieb eines Hundezwingers, für Gartenspiele oder als Liegewiese. Die einseitige Leistungsverminderung darf dabei nicht so weit gehen, dass sie als teilweise oder gesamthafte Vertragsaufhebung anzusehen ist, welche den Bestimmungen über die Kündigung unterliegt, (vgl. Lachat/Stoll/ Brunner, a.a.O., S. 402 Rz 3.4, SVIT-Kommentar Mietrecht II, 2. Auflage, Zürich 1998, N 57 ff. zu Art. 269d OR, BGE 125 III 234 E. 3a).
Mit der einseitigen Mietvertragsänderung vom 9. April 1999 verminderte der Kläger seine Leistung gemäss Untermietvertrag vom 13. Mai 1994, indem er den Beklagten das Benutzungsrecht für eine Teilfläche des Gartens bzw. Innenhofs entzog. Die vom Kläger für die alleinige Benutzung beanspruchte Teilfläche des Gartens ist im Grundbuchplan vom 16. Februar 1998 mit Bleistift schraffiert. Sie befindet sich unmittelbar unter den Fenstern der Gassenküche und setzt sich aus einem betonierten Vorplatz, einem Teil des asphaltierten Weges, des Kräutergartens und der Grünfläche zusammen. Anlässlich des Augenscheins vom 21. Januar 2000 standen auf dem betonierten Vorplatz (Decke des Kellers) ein Tisch und ein Stuhl. Am linken und rechten Rand des Vorplatzes waren Blumentöpfe mit Kräutern und anderen Pflanzen aufgestellt. Fest installiert waren Eisenstangen mit 5 gespannten Wäscheleinen. Anschliessend an den Vorplatz befanden sich auf der linken Seite des Weges eine Fläche, die mit verschiedenen Pflanzen bedeckt war. Von den Beklagten wurde diese als Kräutergarten bezeichnet. Die vom Kläger zur alleinigen Benutzung beanspruchte Teilfläche des Gartens wird von den Beklagten somit für den Aufenthalt im Freien, für das Trocknen der Wäsche, den Anbau und das Ziehen von Kräutern und Pflanzen benutzt.
Für den Aufenthalt im Freien ist der Aussenbereich der Liegenschaft nur beschränkt geeignet. Seit Mai 1994 sind die Räumlichkeiten im Parterre des Gebäudes an den Kläger bzw. an dessen Vorgänger, den Verein C., vermietet. Vom Kläger wird in diesen Räumlichkeiten eine Gassenküche betrieben. Dieser Betrieb ist zwangsläufig mit gewissen Immissionen im Aussenbereich verbunden. Zudem ist der Innenhof wegen angrenzender Bauten wenig besonnt. Gemäss den Beklagten hat es nur auf der Fläche des benachbarten Garagendaches, das ihnen offenbar zur Nutzung und zur Verfügung steht, während längerer Zeit Sonne. Diese ist von den Beklagten über eine Treppe erreichbar und misst ca. 4 auf 3 Meter. Wegen der erhöhten Lage ist sie vom Innenhof her nicht einsehbar. Inwiefern ihre Benutzung als Sonnenterrasse unmöglich sein soll, legten die Beklagten nicht dar. Von den Beklagten wird der Innenhof auch als Abstellfläche für Holz, Kisten und Velos benutzt, was die Attraktivität für den Aufenthalt beeinträchtigt. Gemäss Kläger hat die Stadt Luzern nichts dagegen, dass der Kräutergarten in den heute nicht genutzten Teil des Innenhofs zwischen den Bretterwänden verlegt wird. Gegen diese Verlegung des Kräutergartens bringen die Beklagten vor, der Teil des Innenhofs zwischen den Bretterwänden liege vollkommen im Schatten. Weil aber der ganze Innenhof wenig besonnt ist und der Bereich zwischen den Bretterwänden südöstliche Lage hat, erscheint eine Verlegung des Kräutergartens zumutbar. Sie ist mit geringem Aufwand möglich. Auch die Aufhängevorrichtungen für das Trocknen der Wäsche können relativ einfach in einen anderen Teil des Innenhofs verlegt werden. Der Kläger ist zudem bereit, den Beklagten einen Wäschetrockner zur Verfügung zu stellen. Neben der vom Kläger beanspruchten Teilfläche des Gartens wird ein Durchgang frei bleiben, so dass die Beklagten weiterhin den Wareneingang, der sich rechts des Gassenkücheneingangs befindet, gebrauchen können, um in ihre Räumlichkeiten im ehemaligen Rossstall gelangen zu können. Zudem verfügen die Beklagten über einen zusätzlichen Personeneingang, der sich zwischen dem Gebäude und dem ehemaligen Rossstall befindet. Zwar bringt der Entzug des Benutzungsrechts für die vom Kläger beanspruchte Teilfläche des Gartens eine Verschlechterung für die Beklagten mit sich, zumal es sich wahrscheinlich um den sonnigsten Platz des Innenhofs handelt. Andererseits verbleibt den Beklagten nach wie vor ein grosser Teil des Innenhofs zur Benutzung. Zudem sind sie, laut Aussagen des Klägers, künftig auch berechtigt, das zwischen den Bretterwänden liegende Teilstück als Kräutergarten zu nutzen. Angesichts der ihnen gesamthaft im Freien zur Benutzung zur Verfügung stehenden Fläche ist der Wegfall des betonierten Vorplatzes als Aufenthaltsort weder objektiv noch subjektiv wesentlich, insbesondere weil der Unterstand/Schopf im hinteren Bereich der Liegenschaft von den Beklagten weiterhin als gedeckter Sitzplatz genutzt werden kann. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Benutzungsrecht an der vom Kläger beanspruchten Teilfläche des Gartens für die Beklagten weder subjektiv noch objektiv wesentlich ist. Dafür spricht auch, dass die Beklagten die Nutzung des Gartens in ihrem Schreiben an den Stadtpräsidenten von Luzern vom 27. März 1994 nicht erwähnten. Der Entzug des Benutzungsrechts für die vom Kläger beanspruchte Teilfläche stellt somit keine Kündigung des Untermietvertrages vom 13. Mai 1994 dar, sondern ist als einseitige Mietvertragsänderung gemäss Art. 269d Abs. 3 OR zu qualifizieren.

Décision

35/8 - Einseitige Mietvertragsänderung

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