Einfaches und rasches Verfahren
Base légale
Nom du tribunal
Obergericht des Kantons Zürich
Date
08.12.2008
Résumé
Zureichende Gründe für die Verschiebung einer Hauptverhandlung. Das einfache und rasche Verfahren gebietet Zurückhaltung bei der Berücksichtigung von Verschiebungsgründen; begründete Verschiebungen müssen jedoch möglich bleiben. Eine Hochzeit im engsten Familienkreis im Ausland stellt einen zureichenden Grund dar.
Exposé des faits
Die Beklagten waren Mieter eines Doppeleinfamilienhauses mit
sechseinhalb Zimmern. Die Vermieterschaft gelangte mit einer Forderung
aus Mietvertrag an die Schlichtungsbehörden. Im Schlichtungsverfahren
wurde keine Einigung erzielt, worauf die Vermieterschaft Klage beim
Mietgericht einreichte.
Am 11. September 2007 wurden die Parteien zur
Hauptverhandlung auf den 12. Oktober 2007 vorgeladen. Mit schriftlichem
Gesuch vom 16. September 2007 stellte der Beklagte den Antrag, die
Hauptverhandlung auf Anfang November 2007 zu verschieben. Der Beklagte
brachte vor, sie seien aufgrund einer Hochzeit im engsten Familienkreis
vom 12. bis voraussichtlich 20. Oktober 2007 im Ausland. Danach sei er
auf einer beruflichen Auslandreise, die nicht verschiebbar sei.
Mit
Beschluss vom 4. Oktober 2007 wies das Mietgericht das
Verschiebungsgesuch ab. Die Hauptverhandlung fand am 12. Oktober 2007 in
unentschuldigter Abwesenheit der beiden Beklagten statt.
Die
Beklagten legten in der Folge Berufung ein und verlangten, das Urteil
sei aufzuheben und die Sache sei ans Mietgericht zurückzuweisen.
Considérations
1. Die erstinstanzliche Hauptverhandlung vom 12. Oktober 2007 ist ohne
die Beklagten durchgeführt worden. Da die Beklagten unentschuldigt
ausblieben, waren in der Folge die besonderen Säumnisfolgen des
einfachen und raschen Verfahrens zu beachten. Nach § 129 Abs. 1 und Abs.
2 Ziff. 1 ZPO waren deshalb für die Beklagten die Anerkennung der
tatsächlichen Klagegründe und Verzicht auf Einreden anzunehmen. Aufgrund
der im Mietrecht geltenden sozialen Untersuchungsmaxime waren immerhin
die von den Beklagten im Vorfeld der Hauptverhandlung eingereichten
Unterlagen soweit zu berücksichtigen, als sich daraus wesentliche
Tatsachen ergeben haben, die von keiner Partei zur Grundlage ihres
Standpunktes erhoben wurden. Nach den Erwägungen des erstinstanzlichen
Urteils steht fest, dass sich die erwähnten Säumnisfolgen tatsächlich
auf den Entscheid der Vorinstanz ausgewirkt haben.
2.a. Gemäß § 195
Abs. 1 GVG werden die Verschiebung einer Verhandlung und die Erstreckung
einer richterlichen Frist nur aus zureichenden Gründen bewilligt. Nach
Ablauf der Frist gestellten Erstreckungsgesuchen wird jedoch nicht
entsprochen und Verschiebungsgesuche können abgelehnt werden, wenn sie
nicht sofort nach Kenntnis der Verhinderung gestellt worden sind (§ 195
Abs. 2 GVG).
2.b. Zu Recht hat die Vorinstanz die Ablehnung der
Verschiebung nicht mit einem zu späten Zeitpunkt der Stellung des
Gesuches begründet. Nachdem die Vorladung mit Datum vom 11. September
2007 erlassen und von den Beklagten am 12. September 2007
entgegengenommen wurde, stellte der Beklagte mit Schreiben vom 16.
September 2007, beim Mietgericht am 17. September 2007 eingegangen, das
Gesuch um Verschiebung der Hauptverhandlung. Damit hat der Beklagte dem
gesetzlichen Erfordernis des sofortigen Handelns genügt.
2.c. Das
zweite Erfordernis der zureichenden Gründe bedeutet nach der Praxis,
dass es sich um wichtige Gründe handeln muss. Dabei muss der Partei,
welche die Verschiebung einer Verhandlung beantragt, Gelegenheit gegeben
werden, das Vorliegen der von ihr geltend gemachten Gründe zu beweisen
(Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz,
Zürich 2002, N 8 zu § 195 GVG). Als zureichende Gründe sind in der
Praxis etwa folgende Umstände beurteilt worden (Hauser/Schweri, a.a.O., N
9 – 12 zu § 195 GVG, mit weiteren Hinweisen): die Unmöglichkeit
genügender Vorbereitung; die Verhandlung fällt auf einen staatlich nicht
anerkannten, etwa israelitischen Feiertag; zeitliches Zusammentreffen
von zwei Verhandlungen; Krankheit einer Partei und dadurch bedingte
Unfähigkeit im Prozess zu handeln; berufliche Inanspruchnahme kann nur
in Ausnahmefälle genügen, nämlich dann wenn der Gesuchsteller in
personeller und zeitlicher Hinsicht keinen Ausweg hat. Ist wegen des
einfachen und raschen Verfahrens die Verhandlung beschleunigt
anzusetzen, so muss bei der Bewilligung von Verschiebungsgesuchen
Zurückhaltung geübt werden (ZR 79 Nr. 46). Aus diesen Beispielen lässt
sich der Schluss ziehen, dass es sich um eine zwingende, nicht anders
als durch eine Verschiebung lösbare Verhinderung an der
Verhandlungsteilnahme handeln muss.
2.d. Nach dem Schreiben des
Beklagten vom 16. September 2007 ersuchte er um die Verschiebung der
Hauptverhandlung wegen einer Hochzeit im engsten Familienkreis und einem
damit verbundenen Auslandaufenthalt vom 12. bis voraussichtlich 20.
Oktober 2007 sowie wegen einer anschliessenden beruflichen Auslandreise.
Zu dieser Auslandreise führte der Beklagte in der Eingabe vom 28.
September 2007 – ohne Belege - lediglich weiter aus, er unterliege einer
Geheimhaltungsvereinbarung. Der zuständige Verwaltungspräsident sei zur
Zeit im Ausland, sodass er eine Freistellung von der Geheimhaltung
nicht besprechen könne. Soweit der Angeklagte das Verschiebungsgesuch
mit der beruflichen Auslandreise begründet hat, erweist es sich als
zutreffend, dass dieser Sachverhalt nicht als zureichender Grund gelten
kann. Denn in der Berufswelt sind die Anforderungen an eine zwingende
Verhinderung streng, weil es sich um eine personell und zeitlich
ausweglose Verhinderung handeln muss. Eine so geartete Verhinderung hat
der Beklagte nicht geltend gemacht und erst recht nicht belegt.
2.e Hinsichtlich
der Hochzeit im engsten Familienkreis führte der Beklagte in der
Eingabe vom 28. September 2008 weitere Einzelheiten an, nämlich dass die
telefonische Einladung anfangs September 2007 erfolgt sei und dass es
keine Hotelreservation gebe, weil er und die Familie bei seiner Tante
wohnen könnten. Diese Tante besitze das in der Einladung erwähnte
Gästehaus …. Wegen der herzkranken Tochter erfolge die Reise in Etappen.
Die Abreise sei geplant in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2007.
Im Fahrzeug müsse für die Tochter Sauerstoff transportiert werden. Der
mobile Sauerstofftank sei durch die Firma … und die Lungenliga
organisiert und bereitgestellt worden. Auf der Reise begleite sie eine
Kinderkrankenschwester der Kinderspitex … von …. Die Rückreise erfolge
in Etappen. Je nach Situation der Tochter würden sie zwischen dem 18.
und 19. Oktober wieder zu Hause eintreffen. Dieser Eingabe war eine
Kopie des Briefumschlags und die Kopie der Einladung zur Hochzeit
beigefügt. Aufgrund der Anrede mit Vornamen und des weiteren Wortlauts
ergibt sich aus dem Text eindeutig, dass es sich um eine persönliche
Einladung zu einer Trauung handelt.
Diese Sachumstände erfüllen die
Voraussetzungen eines zureichenden Grundes, wie sie sich aus der
vorstehenden Erwägung ergeben. Die Trauung ist ein einmaliger Anlass.
Der an die Trauung eingeladene Gast und Verwandte hat keine Möglichkeit,
den Anlass zu verschieben. Der Beklagte war somit an der
Verhandlungsteilnahme in einer Art verhindert, die sich nur durch
Verschiebung der Verhandlung lösen lies. Zur Begründung des die
Verhandlung ablehnenden Beschlusses ist festzuhalten, dass das einfache
und rasche Verfahren zwar Zurückhaltung bei der Bewilligung von
Verschiebungsgesuchen gebietet, dass aber begründete Verschiebungen
möglich bleiben müssen. Der Beklagte hat seine Verhinderung ausreichend
belegt. Die kopierte Einladung zusammen mit den weiteren
Detailinformationen lässt die theoretische Möglichkeit einer
vorgeschobenen, nicht zutreffenden Begründung als sehr unwahrscheinlich
erscheinen. Entgegen dem ablehnenden Entscheid der Vorinstanz hätte dem
Verschiebungsgesuch deshalb stattgegeben werden sollen. Soweit die
Kläger in der Berufungsantwort geltend gemacht haben, die Verhinderung
sei nicht bewiesen, erweist sich dieser Einwand ebenfalls nicht als
begründet.
3. Das abgelehnte Verschiebungsgesuch zusammen mit den
beschriebenen Säumnisfolgen und den Auswirkungen auf den
erstinstanzlichen Entscheid haben einen Mangel ergeben, der nur durch
die Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens behoben werden kann.
Folglich ist das Urteil des Mietgerichts des Bezirkes … vom 12. Oktober
2007 aufzuheben. Die Sache ist zur Wiederholung des erstinstanzlichen
Verfahrens und zu neuer Entscheidfällung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Décision
45/7 - Einfaches und rasches Verfahren