Gerichtspräsidium Aarau
16.05.2011
Mit der kollektiven Unterzeichnung des Mietvertrages durch die Konkubinatspartner entsteht zwischen den Mietenden eine einfache Gesellschaft. Diese wird nicht bereits durch das Eintreten eines Auflösungsgrundes beendet. Bei Auszug einer Partei besteht die einfache Gesellschaft weiter bis zur ordentlichen Auflösung des Mietverhältnisses. Es ist zu entscheiden, wer bis dahin die Mietkosten trägt.
Am 1. Dezember 2008 unterzeichneten die Parteien gemeinsam den Mietvertrag für das Mietobjekt. Am 14. Juni 2010 musste der Kläger das Mietobjekt aufgrund einer polizeilichen Wegweisung und Fernhaltung verlassen. Seit dem Vorfall Mitte Juni 2010 hat der Kläger die gemeinsame Wohnung der Parteien nicht mehr betreten. Mit Schreiben vom 21. Juni 2010 und 23. Juli 2010 an die Verwaltung, versuchte der Kläger wiederholt den Mietvertrag auf den erstmöglichen vertraglichen Kündigungstermin, den 30. September 2010, einseitig zu kündigen, beziehungsweise seine einseitige Entlassung aus dem Mietverhältnis zu erwirken. Mit Schreiben vom 27. Juli 2010 und 10. August 2010 teilte die Verwaltung dem Kläger mit, die Kündigung sei ohne die Unterschrift sämtlicher Mieter, folglich ohne die Unterschrift der Beklagten, nichtig. An einer Schlichtungsverhandlung konnte trotz Entgegenkommen der Vermieterin zwischen den Parteien keine einvernehmliche Lösung erzielt werden.
Mit Klage vom 4. Oktober 2010 beantragte der Kläger die Auflösung der einfachen Gesellschaft per sofort, beziehungsweise rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Auszuges Mitte Juni 2010 sowie die Feststellung des Innenverhältnisses zwischen den Parteien.
Anlässlich einer Verhandlung vom 18. April 2010 unterzeichneten die Parteien eine Teilvereinbarung, in der sie vereinbarten den Mietvertrag auf den 31.5.2011 und wenn dies nicht möglich sei, auf den 30.6.2011 zu kündigen.
2
2.1
Eine einfache Gesellschaft ist eine vertragliche
Verbindung von mehreren Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen
Zweckes mit gemeinsamen Mitteln. Sie ist eine vertragliche Verbindung,
die formfrei, auch durch konkludentes Verhalten, wobei den Personen
nicht bewusst sein muss, dass daraus eine einfache Gesellschaft
entsteht, eingegangen werden kann (BGE 108 II 204 E. 4; HANDSCHIN, in:
HONSELL/VOGT/WATTER (Hrsg.), Obligationenrecht II – Art. 530 – 1186 OR,
3. Auflage, Basel 2008, N 1 f. zu Art. 530; SCHMID, Der gemeinsame
Mietvertrag, in: SJZ 87 (1991), S. 351). Die Leistungen der
Gesellschafter können dabei sehr verschieden und müssen nicht im Voraus
festgelegt sein (BGE 108 II 204 E. 4; BGE 104 II 108 E. 2).
Die aus
mehreren Personen bestehende gemeinschaftliche Mieterschaft bildet in
der Regel ad hoc eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR
(LACHAT ET AL., Mietrecht für die Praxis, 8. Auflage Zürich 2009,
25/5.4). Mit dem kollektiven Vertragsschluss manifestiert sich der
animus societas der Personenmehrheit (SCHMID, a.a.O., S. 351). Die
vereint handelnden Mieter beschaffen sich auf dem Weg der gemeinsamen
Miete, Wohn- oder Geschäftsräume und handeln insofern unter sich als
Gesellschafter (SCHMID, a.a.O., S. 351). Mieten z.B. Freund und Freundin
zusammen eine Wohnung, so schliessen sie sich insoweit zur Gesellschaft
zusammen, auch wenn sich ihr Konkubinatsverhältnis insgesamt nicht zur
einfachen Gesellschaft verdichtet hat, dies gilt umso mehr, wenn sie
sich zu einer eigentlichen wirtschaftlichen Gemeinschaft mit gemeinsamer
Kasse zusammengefunden haben (SCHMID, a.a.O., S. 350).
Es ist
unbestritten, dass vorliegend die Parteien den Mietvertrag kollektiv
unterzeichnet haben. Aufgrund der Akten und der anlässlich der heutigen
Verhandlung zu Protokoll gegebenen Aussagen, lebten die Parteien seit
dem 4. November 2008 in einer umfassenden Lebensgemeinschaft, welche
sich auch wirtschaftlich nicht nur auf die Bedürfnisse des gemeinsamen
Haushaltes beschränkte, zusammen.
Mit der kollektiven Unterzeichnung
des Mietvertrages im November 2008 und der damit verbundenen Gründung
des gemeinsamen Haushaltes, entstand zwischen den Parteien eine einfache
Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR.
Der Kläger beantragt die
Auflösung der einfachen Gesellschaft, welche aus dem gemeinsamen
Mietvertrag entstanden ist. Die Beklagte beantragt sinngemäss die
Abweisung der Klage und die Feststellung der Verpflichtung des Klägers
zur alleinigen Tragung der Mietzinsen im Innenverhältnis bis zur
Auflösung der einfachen Gesellschaft.
Gestützt auf Art. 545 Abs. 1
Ziff. 1 OR wird eine einfache Gesellschaft aufgelöst, wenn der Zweck, zu
welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung
unmöglich geworden ist. Mit Eintritt des Auflösungsgrundes, hört die
Gesellschaft jedoch nicht per sofort auf zu existieren, sondern, besteht
mit dem einzigen Zweck weiter, die gemeinsamen Aktiven und Passiven
unter den Gesellschaftern aufzuteilen (STAEHELIN, BSK OR II, N 2 zu Art.
545/546). Folglich beendet nicht schon das Eintreten des
Auflösungsgrundes, sondern erst der Abschluss der Liquidation das
Gesellschaftsverhältnis, die Gesellschaft besteht als
Abwicklungsgesellschaft weiter (BGE 119 II 119 E. 2).
Aus den Akten
geht hervor, dass der Kläger infolge des Vorfalles vom 14. Juni 2010 die
Wohnung … definitiv verlassen hat. Der Kläger führt diesbezüglich aus,
dass für ihn mit der polizeilichen Ausweisung und Fernhaltung eine
Rückkehr in die Wohnung und damit die Wiederaufnahme der
Lebensgemeinschaft mit der Beklagten definitiv nicht mehr in Frage
komme. Der Auszug des Klägers Mitte Juni 2010 wird von der Beklagten
überdies nicht bestritten. Mit der Auflösung der Wohngemeinschaft der
Parteien und dem definitiven Entscheid, auf eine kollektive
Lebensführung zu verzichten, ist die Erreichung des Zweckes der
einfachen Gesellschaft, die gemeinsame Miete sowie Führung einer
Lebensgemeinschaft, unmöglich geworden.
Der Auflösungsgrund der
Unmöglichkeit der Erfüllung des Gesellschaftszweckes im Sinne von Art.
545 Abs. 1 Ziff. 1 OR ist eingetreten. Bis zur ordentlichen Auflösung
des Mietverhältnisses besteht die einfache Gesellschaft der Parteien
jedoch als Abwicklungsgesellschaft weiter. Infolge der mit Schreiben vom
21. April 2011 von der Verwaltung bestätigten Kündigung des
Mietverhältnisses per 30. Juni 2011 wird auch die einfache Gesellschaft
der Parteien auf das vorgenannte Datum aufgelöst, womit das
Gesellschaftsverhältnis zwischen den Parteien endet.
2.2
In casu beantragt die Beklagte sinngemäss, der Kläger sei zur
alleinigen Tragung der Mietzinskosten bis zur Kündigung des
Mietvertrages beziehungsweise bis zur Auflösung der einfachen
Gesellschaft zu verpflichten. Begründend führte sie aus, sie habe in
ihre persönliche und wirtschaftliche Zukunft mit dem Kläger vorab Fr.
12'330.00 von ihren eigenen Ersparnissen investiert und das Loft …,
welches ihr vor dem Zusammentreffen mit dem Kläger als Büro und Wohnraum
diente, als Geschäftsraum für die gemeinsame wirtschaftliche Tätigkeit
zur Verfügung gestellt.
Im gegenseitigen Einverständnis sei sodann
das Loft ausschliesslich als Büro von den Parteien genutzt worden.
Aufgrund der von ihr eingebrachten Leistung habe sie sich mit dem Kläger
mündlich geeinigt, dass er im Ausgleich die Miete für die gemeinsame
Wohnung an der … alleine trage.
Der Kläger bestätigte anlässlich der
Verhandlung die Aussage der Beklagten betreffend die Mietzinszahlungen.
Es sei korrekt, dass er die Miete für das Mietobjekt bis zu seiner
Ausweisung am 14. Juni 2010 alleine getragen habe. Nach dem besagten
Vorfall sei er jedoch mit der Beklagten übereingekommen, dass er die
Wohnung definitiv verlasse, was er auch getan habe. Mit Schreiben vom
21. Juni 2010 und 23. Juli 2010 habe er sodann wiederholt erfolglos
versucht, die Wohnung auf den erstmöglichen vertraglichen
Kündigungstermin, den 30. September 2010, zu kündigen. Seit Mitte Juni
2010 habe er sodann darauf verzichtet, die Mietzinsen für das Mietobjekt
weiter zu bezahlen. Die Schlüssel zum Mietobjekt seien seit seiner
Ausweisung nicht mehr in seinem Besitz gewesen, weshalb es ihm bisher
nicht möglich gewesen sei, die Wohnung zu betreten beziehungsweise seine
persönlichen Gegenstände aus der Wohnung abzuholen. Als seine
mehrfachen Kündigungsversuche von der Vermieterschaft nicht akzeptiert
wurden, habe er sich aktiv bemüht, eine Einigung zwischen den Parteien
herbeizuführen oder aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden.
Anlässlich
der Schlichtungsverhandlung vom 30. September 2010 räumte die
Verwaltung den Parteien die Möglichkeit ein, das Mietobjekt per sofort
(30. September 2010), per 31. Oktober 2010 oder per 30. November 2010 zu
verlassen. Die Beklagte zeigte sich jedoch diesbezüglich nicht
kooperativ und lehnte sämtliche Vorschläge der Vermieterschaft, mit
Begründung ihr sei ein Auszug infolge ihrer persönlichen Umstände in den
kommenden Monaten nicht möglich, ab. Der Kläger wertet dieses Verhalten
so, dass die Beklagte habe auf Zeit spielen und die Mietschulden
ansteigen lassen wollen, um ihm Schaden zuzufügen. Die Beklagte sei
weder auf das Mietobjekt angewiesen gewesen, noch habe sie dieses auch
tatsächlich nutzen wollen.
…
Der Kläger hat sich nachweislich um
eine rasche Erledigung der Angelegenheit bemüht und versucht, eine
Kündigung der Wohnung auf den erstmöglichen vertraglichen
Kündigungstermin, den 30. September 2010, oder eine Übernahme des
Mietvertrages durch die Beklagte beziehungsweise seine Entlassung aus
dem Mietverhältnis zu erwirken. Die mit Schreiben vom 21. Juni 2010
grundsätzlich rechtzeitig erfolgte Kündigung des Mietverhältnisses auf
den 30. September 2010, sowie die anlässlich der Schlichtungsverhandlung
vom 30. September 2010 angebotenen Kündigungstermine (per sofort, auf
den 30. Oktober 2010 und auf den 30. November 2010) wurden einzig durch
die renitente Haltung der Beklagten vereitelt.
…
Gestützt auf die
oben gemachten Erwägungen ist das Gerichtspräsidium der Auffassung, der
Beklagten wäre ein Auszug aus der Wohnung … per 30. September 2010
möglich und zumutbar gewesen, denn sie hatte die volle Unterstützung
ihrer Eltern und ihr stand mit dem Loft jederzeit eine sofort beziehbare
und auch geeignete Alternativwohnung zur Verfügung. So benützte sie die
Wohnung … auch gar nicht mehr. Das Gerichtspräsidium verpflichtet somit
den Kläger im Innenverhältnis zur alleinigen Tragung der drei
Monatsmieten bis zum ersten vertraglichen Kündigungstermin, dem 30.
September 2010. Für die Mietzinsen der Monate Juli 2010, August 2010 und
September 2010 muss er der Beklagten Fr. 4'110.00 nachbezahlen. Die
restlichen Mietzinskosten für die Zeitperiode vom 1. Oktober 2010 bis
zur Auflösung der einfachen Gesellschaft per 30. Juni 2010 werden im
Innenverhältnis der Beklagten auferlegt.