Abgrenzung Mietvertrag - Pachtvertrag
Base légale
Nom du tribunal
Amtsgericht Luzern-Land
Date
21.05.2002
Résumé
Von Amtes wegen ist zu prüfen, ob ein Vertrag betreffend Hotel, Restaurant, Wirtewohnung und Garten als Miete oder Pacht einzustufen ist. Im vorliegenden Fall steht die Tätigkeit des Unternehmers im Vordergrund. Zudem wurden vertraglich keine Geschäftsbeziehungen überlassen. Demzufolge liegt ein Mietvertrag vor. Die Bewirtschaftungspflicht allein spricht noch nicht für Pacht.
Exposé des faits
Die Parteien schlossen am 31.3.1995 einen Mietvertrag betreffend
Hotel/Restaurant S. inkl. Wirtewohnung und Garten. Sie vereinbarten,
dass dieser Vertrag frühestens auf den 31.3.2000 gekündigt werden könne,
lösten ihn aber in gegenseitigem Einvernehmen vorzeitig per Ende August
1999 auf. Streitig ist, ob dem Kläger aus diesem Vertragsverhältnis
noch diverse Forderungen gegenüber den Beklagten zustehen.
Considérations
3. Qualifikation des Vertragsverhältnisses: Die Parteien haben am
31.3.1995 einen Vertrag betreffend Hotel/Restaurant S. inkl.
Wirtewohnung und Garten abgeschlossen. Damit wurde das bereits seit 1990
bestehende Vertragsverhältnis der Parteien fortgesetzt. Soweit sind
sich die Parteien einig. Es stellt sich – von Amtes wegen – die Frage,
wie dieses Vertragsverhältnis zu qualifizieren ist bzw. welche
gesetzlichen Normen darauf anzuwenden sind (vgl. §99 Abs. 1 ZPO).
Einerseits
wurde der Vertrag vom 31.3.1995 als "Mietvertrag" betitelt und stützen
die Parteien ihre Ansprüche auf mietrechtliche Bestimmungen;
andererseits ist in den Rechtsschriften und Belegen verschiedentlich von
einem Pachtverhältnis die Rede bzw. bezeichnen sich die Parteien als
Verpächter und Pächter.
Die rechtliche Qualifikation eines Vertrages
ist dem Parteiwillen schlechthin entzogen. Der Richter hat stets von
Amtes wegen zu prüfen, ob die von den Parteien verwendete Qualifikation
mit dem Inhalt des abgeschlossenen Vertrages übereinstimmt. Er hat – wie
erwähnt – das Recht von Amtes wegen anzuwenden
(Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner
Teil, 7. Aufl. 1998, Bd. 1, N 1038; Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner
Zivilprozess, 1994, N 1 zu § 99 ZPO).
Bei der Miete ist nur der
Gebrauch der Mietsache Vertragsgegenstand. Bei der Pacht tritt neben den
Gebrauch die Nutzung, d.h. der Bezug der Früchte oder Erträgnisse.
Gegenstand der Miete ist stets nur eine Sache, Gegenstand der Pacht eine
nutzbare Sache oder ein nutzbares Recht. Vertragsverhältnisse, die die
Überlassung von Räumlichkeiten zu geschäftlichen Zwecken gegen Entgelt
betreffen, stehen vielfach auf der Grenze zwischen Miete und Pacht. Dass
der Unternehmer mit und in diesen Räumen zu Erträgnissen gelangen will,
führt indes so lange nicht zur Annahme eines Pachtverhältnisses, als
diese Erträgnisse vor allem auf seine Tätigkeit und nicht auf den
blossen Gebrauch der Sache zurückzuführen sind. Büroräume, Ladenlokale,
Werkstätten und dergleichen bilden deshalb in aller Regel nur Gegenstand
von Mietverträgen, und zwar selbst dann, wenn auch die Einrichtungen
der fraglichen Räumlichkeiten mitvermietet werden; Gleiches gilt für den
Betrieb eines Restaurants, Hotels oder Motels. Wird hingegen mit den
Räumen das darin betriebene Geschäft samt seinen Geschäftsbeziehungen
überlassen, so handelt es sich um Pacht, da sich in diesem Fall der
Vertrag auf eine Gesamtheit nutzbarer Rechte bezieht. Der Betrieb eines
Restaurants hat häufig nur Laufkundschaft und besteht im Grunde aus
nichts anderem als den Räumen und dem Inventar (BGE 103 II 252 f. E. 2b,
97 II 61 E. 1a und 93 II 453 ff.; Higi, Zürcher Komm., 3. Aufl. 2000, N
147 ff. zu Vorbemerkungen zum 8. Titelbis (Art. 275-304 OR); Higi,
Zürcher Komm., 3. Aufl. 1994, N 146 ff. zu Vorbemerkungen zu Art.
253-274g OR; Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht Besonderer Teil,
2. Aufl. 1992, S. 192; Straub, Der gastgewerbliche Mietvertrag, Diss.
Zürich 1988, Rz 77 ff.; vgl. zur Abgrenzung Mietvertrag – Pachtvertrag
auch: LGVE 2000 I Nr. 21).
Gegenstand des Vertrages der Parteien
bildeten die ganze Liegenschaft, d.h. Hotel, Restaurant, Wirtewohnung,
Garten etc., sowie diverse Einrichtungsgegenstände. Aus dem Vertrag geht
nicht hervor, dass den Beklagten nebstdem noch Geschäftsbeziehungen
überlassen wurden. Die Beklagten haben einzig den
Brauereilieferungsvertrag übernommen, waren ansonsten aber frei in der
Wahl der Lieferanten. Dass sich die Beklagten verpflichtet haben, im
ihnen zum Gebrauch überlassenen Objekt während der ganzen Vertragsdauer
ein Restaurant mit Hotelzimmern zu betreiben (Bewirtschaftungspflicht),
spricht für sich allein noch nicht für Pacht (BGE 103 II 253 f.). Das
Vertragsverhältnis ist demzufolge als Miete im Sinne von Art. 253 ff. OR
zu qualifizieren.
Décision
36/1 - Abgrenzung Mietvertrag - Pachtvertrag